Der Geschichtenerzähler (VIII)

Es kommt noch was…

Da standen sie vor ihm, die Leute des Volkes. Zu Hunderten waren sie gekommen. Und er stand vor ihnen. Was sollte er sagen? „Der Meister, dessen Worte ihr vernehmen wollt, ist tot“, sprach er. „In dieser Nacht ist er gestorben. Doch hat er mir zuvor noch aufgetragen, ich solle heute zu euch sprechen.“ „Aber weißt du denn auch“, fragten die Leute ihn noch einmal, „was der Meister uns gerne sagen wollte?“ „Ich höre es“, sagte er, und begann zu erzählen:

Auf einer kleinen Insel mitten im weiten Ozean wuchs eine wunderschöne goldgelbe Blume. Niemand wusste, wie sie dort hingekommen war, denn es gab sonst keine Blumen auf dieser Insel. Die Möwen kamen angeflogen, um dieses Wunder zu bestaunen. „Sie ist schön wie die Sonne“, sagten sie. Die Fische kamen angeschwommen. Sie schauten aus dem Wasser, um sie zu bewundern. „Sie ist schön wie eine Koralle“, sagten sie. Ein Krebs kam an Land, um sie zu betrachten. „Sie ist schön wie eine Perle am Meeresgrund“, sagte er. Und sie kamen fast jeden Tag, um diese Blume zu bewundern.
Eines Tages, als sie wieder kamen, um nach der Blume zu schauen, fanden sie die goldenen Blätter der Blume braun und vertrocknet. „O weh“, sprachen die Möwen, die Fische und der Krebs. „Die Sonne hat unsere Blume versengt. Wer soll jetzt unser Herz erfrischen?“ Und alle waren traurig.
Doch einige Tage später war da an der Stelle der Blüte eine wunderbare zartweiße Kugel. „Was ist das?“, fragten die Tiere. „Es ist so weich wie eine Wolke“, sagten die Möwen. „Es ist so leicht wie die Gischt“, sagten die Fische. „Es ist so fein wie der Schimmer der Sonne im Sand“, sagte der Krebs. Und alle Tiere freuten sich.
Da fegte ein Windstoß über die Insel und wehte dieses weiße Wunder in tausend kleinen Flocken fort über die Insel. „O weh“, sprachen die Möwen, die Fische und der Krebs. „Der Wind hat unsere Kugel verweht. Was soll jetzt unser Gemüt erfreuen?“ Und alle waren traurig.
Eines Morgens, als die Sonne über dem Meer aufging, leuchteten da im goldenen Morgenlicht hunderte und nochmals hunderte von wunderschönen goldgelben Blumen. Da tanzten die Möwen am Himmel und die Fische im Wasser, und der Krebs tanzte mit seinen Freunden einen Reigen zwischen den Blumen, und alle freuten sich.

„Ihr müsst wissen“, sagte der Schüler zum Volk, „dass jeder Mensch, der auf der Erde wandelt, auf ihr seine Spuren hinterlässt. Keine Blume verblüht, ohne zuvor ihre Saat zu verstreuen.“

Und morgen geht’s weiter.

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