Ich habe Anton beerdigt.
Als Anton zwanzig war, bereiste er die Welt. Am liebsten besuchte er Frankreich. Seine Frau und die Kinder ließ er zuhause. Wenn er in der Heimat war, trieb er sich am liebsten in Gaststätten herum. Bier und Zigaretten waren ihm wichtiger als seine beiden Töchter.
Als Anton zweiundzwanzig war, wurde er geschieden. Seinen Unterhaltsverpflichtungen kam er nicht nach. Er vertrank sein Geld.
Als Anton sechsundzwanzig war, sah er seine Töchter zum letzten Mal. Seine ehemalige Frau verbot ihnen ab da jeden weiteren Kontakt.
Als Anton fünfundfünfzig war, hatte er einen Freund, der das Geld, das er verdiente, für ihn verwaltete und das meiste für sich selbst behielt. Außerhalb der Arbeitszeit war er meistens besoffen. Solange das Geld für Alkohol und Zigaretten reichte, sei er zufrieden, sagte er.
Als Anton einundsechzig war, hörte er auf zu trinken. Das war die Zeit, als er Frieda kennen lernte. Anton verehrte Frieda. Frieda hatte ihr ganzes Leben in einem kleinen Haus auf dem Lande verbracht und sich nie in ihrem Leben für Alkohol interessiert.
Als Anton zweiundsechzig war, zog er zu Frieda in das kleine Haus auf dem Lande.
Als Anton siebzig war, hatte er Frieda Paris gezeigt und London, Brüssel, Berlin und Budapest. Er hatte sie zu ihren Verwandten nach Dessau gefahren und hatte mit ihr und den gemeinsamen Freunden die Umgebung erwandert.
Als Anton einundsiebzig war, wurde Frieda krank. Er fuhr mit ihr zu vielen Ärzten und Krankenhäusern der Umgebung. Anton sagte: „Du bist das Beste, was mir je passiert ist. Solange ich lebe, Frieda, kommst du in kein Pflegeheim.“ Er fuhr zur Sozialstation, zur Krankenkasse und zu allen Behörden.
Als Anton zweiundsiebzig war, heiratete er Frieda. Er führte für sie den Haushalt, staubsaugte für sie, erledigte die Einkäufe und kochte das Essen.
Als Anton fünfundsiebzig war, starb Frieda. Er lebte danach noch anderthalb Jahre. Er trank in dieser Zeit jeden Tag ein Glas Sekt. „Für den Kreislauf“, sagte er. „Weil mir der Arzt das empfohlen hat.“