Herr und Frau Laplace kommen seit mehreren Sitzungen in die Paarberatung. Frau Laplace ist trockene Alkoholikerin. Anlass für die Beratung sind „Rückfälle“ in der letzten Zeit sowie eheliche Konflikte. Sie berichten, Frau Laplace habe einen schweren grippalen Infekt bekommen. Ihr Mann habe sie gedrängt, ein Krankenhaus zu besuchen und sich Medikamente verschreiben zu lassen. Dies lehnte sie wie alle anderen Hilfsangebote ab und zeigte sich über das Bemühen ihres Mannes verärgert. Dieser fühlte sich abgewiesen und war gekränkt.
Meine Frage, ob sie hinter dem Verhalten ihres Mannes eine positive Absicht sehe, bejaht die Frau. Sie habe aber diese Hilfe nicht gebrauchen können. Sie stimmt zu, dass sie nicht seine Zuwendung als solche, sondern nur die konkret angebotene Hilfe habe ablehnen wollen. Ich äußere die Vermutung, wenn sie alle konkreten Angebote ihres Mannes ablehne, könne er dies nicht von einer Ablehnung seiner Zuwendung, d. h. seiner Person unterscheiden. Herr Laplace bestätigt dies. Ich erkläre, einerseits habe er das Recht, seine Liebe in irgendeiner Form auszudrücken, andererseits habe sie einen Anspruch darauf, Hilfe, die sie nicht wolle, abzulehnen. Ich schlage vor, dass sie in diesem Fall deutlich ausdrückt: „Deine Fürsorge schätze ich, nur das inhaltlich Angebotene lehne ich ab.“ Daneben solle sie ihm andere Möglichkeiten eröffnen, sein Fürsorgebedürfnis auszudrücken – auf eine für sie stimmige Art. Ich erzähle die Geschichte „Die Fürsorglichen“ und verweise darauf, dass das Streben, einen Menschen zu beschenken, oft erst zur Ruhe komme, wenn ihm von Seiten des Umsorgten nachgegeben werde – doch können statt des Angebotenen durchaus auch andere Gaben angenommen werden.
Ähnliches gelte, wenn ihr jemand Alkohol aufdränge. Wenn sie ihr „Nein“ mit der Bitte um etwas anderes verknüpfe, könne sie sich oft weitere Diskussionen ersparen, da sie das Angebot ihrer Gastgeber damit bereits erkennbar wertschätze.
Hier ist die Geschichte von den Fürsorglichen:
„Ich bin satt“, sagte ich. „Aber ein Stück Kuchen geht immer noch“, antworteten sie. „Ich möchte keinen“, sagte ich. „Aber er schmeckt gut“, erklärten sie. „Ich muss abnehmen“, sagte ich. „Aber du hast das doch nicht nötig“, fanden sie. „Mein Arzt hat gesagt, ich habe eine Fettleber“ sagte ich. „Wir kennen einen, der ist über 90 geworden mit einer Fettleber“, erwiderten sie. „Nein danke, aber könnte ich noch eine Tasse Kaffee haben?“, bat ich. „Mit Milch bitte.“ Da gaben sie mir Kaffee mit Milch und ließen mich in Ruhe. Seitdem sage ich nur noch diesen einen Satz.
Danke für diese nette Geschichte! Das werde ich mal bei meinen sehr hartnäckigen Eltern ausprobieren.