Es gibt Berufe, die werden zu einem Teil der Persönlichkeit. Angenommen, jemand ist mit Hingabe Lehrer oder Pfarrer, KFZ-Mechanikerin oder Krankenschwester, dann verschmilzt die berufliche Identität mit der bis vorher innegehabten Identität zu etwas neuem. Auch die Herkunft eines Menschen beschreibt etwas davon, wer er ist. Wir Menschen sind Spanier oder Pfälzer, Kaiserslauterer, Siegerländer, Afrikaner oder Mexikaner. Es gibt auch Überzeugungen und Lebensstile, die eine solche Wirkung haben. Jemand ist vielleicht aus Überzeugung Vegetarier, Bahnfahrer, Puritaner oder Wehrdienstverweigerer.
Und schließlich beschreiben Menschen ihre Krankheiten und Probleme in dieser Weise. Es wird behauptet, ein Mensch sei Diabetiker, Allergiker, Alkoholiker, Epileptiker, Rheumatiker, Psychotiker und so weiter. Das Problem ist: Wenn die Krankheiten in dieser Weise als Teil der Identität beschrieben wird, ist es schwieriger, sich wieder von ihr zu lösen. Denn wer trennt sich schon leicht von etwas, was zu seiner Person gehört; wer glaubt auch nur, dass er es kann?
Sicherer ist es, zu sagen: Ich habe Diabetes, habe ein Alkoholproblem – und noch sicherer, zu sagen: Ich habe in der Vergangenheit, bisher, bis kürzlich dies und das gehabt. Oder: Ich habe zur Zeit oder noch dieses Problem. Und noch besser: Mein Blutzuckerspiegel ist noch nicht auf dem richtigen Wert stabilisiert, meine Arzt hat Rheuma diagnostiziert, ich habe mich mehrmals psychotisch verhalten, und so weiter.
Wer Krankheiten in Handlungen und Erlebnisse übersetzt, hat weitaus bessere Chancen, sie zu überwinden, als der, der sie in Persönlichkeitseigenschaften übersetzt.