Schlafstörungen

Vor einigen Tagen hat mir eine Bekannte aus früheren Jahren die folgende Mail geschickt, die ich mit ihrer Erlaubnis (anonymisiert und leicht gekürzt) hier wiedergebe.

Hallo Stefan!

Ich bin gestern zufällig auf Deine Seite gestoßen und bin sehr beeindruckt. Dies gilt sowohl für Deine wunderschönen Geschichten als auch für Dein großartiges Engagement. – Gratulation. Dies alles brachte mich auch dazu, einfach mal Deinen Rat einzuholen und ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir antwortest. Ich habe seit mehreren Jahren massive Schlafstörungen (v.a. Einschlafstörungen, leichter Schlaf, ständiges Aufwachen; zeitweise schlafe ich nächtelang gar nicht oder höchstens zwei Stunden und bin dann an den Folgetagen völlig fertig und unkonzentriert).
Im Laufe der Jahre habe ich vieles versucht, um damit umzugehen: von unterschiedlichen Entspannungübungen; CDs mit Hypnoseübungen; Yoga; Sport; chenisische Medizin und Akupunktur; Antidepressiva; eine psychosomatische Rehamaßnahme, gar nichts tun und es ignorieren etc… Seit mehreren Jahren (auch jetzt) nehme ich Schlaftabletten, weil dies die einzige Möglichkeit ist, die schnell und dauerhaft wirkt. Alles andere wirkte meist nur für kurze Zeit, auch wenn ich es regelmäßig durchgeführt habe. Ich bin mittlerweile sehr verzweifelt, weil mir nichts mehr einfällt und ích nicht immer auf diese Schlaftabletten angewiesen sein möchte. Ansonsten habe ich ein gutes Feingespür für meinen Körper und kann mit unterschiedlichen Entwicklungen für mich gut umgehen. Hier weiß ich einfach nicht mehr weiter und würde mich unglaublich freuen, wenn Du vielleicht eine Idee hast oder mir Deine Gedanken dazu mitteilst.
Ich hoffe, Dir selber geht es gut?
Jedenfalls wünsche ich Dir das und ebenso viele neue Ideen und Umsetzungen.
Ganz viele Grüße,

S. T.

Ich habe ihr zurückgeschrieben:

Liebe S. T.,

Das Problem mit Schlaftabletten in Bezug auf Therapie / Selbsttherapie ist, dass sie beim Absetzen über die Entzugserscheinungen nochmals Schlafstörungen erzeugen können. Das heißt, ich würde dir vorschlagen, dass du nicht gleichzeitig Tabletten reduzierst und etwas Neues probierst, sondern erst dann reduzierst, wenn du die neuen Ideen erprobt und für gut befunden hast. Außerdem, dass du, wenn du danach Tabletten reduzierst und Schlafstörungen haben solltest (was nicht sein muss, aber eben sein kann) nicht sagst: „Die neue Methode wirkt nicht mehr“, sondern sagst: Die neue Methode wirkt, aber das ist vom Entzugseffefkt überdeckt; ich werde wieder merken, dass sie wirkt, wenn der Entzug vorüber ist.
Also beim Absetzen ggf. geduldig sein, bis die vorher wirksamen Methoden wieder wirken können, und den Entzug in einer Ferienzeit machen, wenn du dir Schlaflosigkeit gut leisten kannst. Art und Geschwindigkeit des Entzugs mit dem Hausarzt absprechen.
Außerdem mit systemischen Fragen an dich selbst herausfinden: Woran genau (wann und wie wahrnehmbar?) werde ich es erkennen, wenn eine Methode hilft? Was ist (vielleicht im ganz Kleinen) anders, wenn es anfängt, besser zu sein? Was konkret sehe, fühle, tue ich dann anders? Was hat sich bisher schon bewährt, was lässt sich ausweiten? Aber diese Dinge weißt du ja sicher selbst.
Natürlich gibt es verschiedenen Gründe für Schlafstörungen. In einer Therapie würde man fragen: Was war, bevor es angefangen hat? Eine meiner Herangehensweisen ist, dass ich die Leute ihr Symptom in einen Korb legen lasse, ihnen sage, dass ihr Unbewusstes sie gut beschützt, so dass sie sicher und gut aufgehoben sind und sie dann mit dem Korb eine Zeitreise zurück durch ihr Leben machen lasse. Überall, wo das Symptom oder ein Teil davon entstanden ist, lasse ich sie das Symptom oder ein Teil davon aus dem Korb nehmen und ablegen. Sie können zum Symptom sagen: „Danke: Du hast in dieser Zeit einen Sinn, darum lege ich dich hier ab. In der Gegenwart brauche ich dich nicht mehr. Darum kannst du in der Vergangenheit bleiben.“ So geben ich ihnen die Anweisung, bis zu ihrer Empfängnis zu gehen und dann genauso allmählich zurückzukommen. Auf dem Rückweg sollen sie alle Ressourcen, die geeignet sind, guten Schlaf zu erzeugen (also alle Erinnerungen, guten Erfahrungen, erfolgreichen Strategien, schlafreichen Zeiten pflücken und mitnehmen und dorthin bringen, wo sie gebrahct werden – sei es in der Gegenwart oder in einere anderen Vergangenheit. Und sich darauf verlassen, dass diese Ressourcen ihnen jederzeit in der Zukunft verfügbar sind. Du kannst dir einmal diese Anweisungen geben (vorlesen oder selbst formulieren) und dich danach mit Musik, einem seichten Fernsehfilm oder einem Computerspiel berieseln lassen, in der gelassenen Erwartung, dass dein Unbewusstes die Anweisungen umsetzt.

Eine andere Methode ist, dir bewusst zu machen, dass du als Kind gelernt hast, nachts aufzuwachen, wenn die Blase voll ist, oder aber, nicht mehr aus dem Bett zu fallen, oder aber, morgens kurz vor dem Wecker aufzuwachen. All das klappt, weil du es dir bewusst oder unbewusst vorgenommen hast. Wir können also unser Schlafverhalten fantastisch konditionieren. du kannst dir in der gleichen Facon den Auftrag geben, immer dann, wenn du im Schlaf bemerkst, dass du gleich aufwachen würdest, in eine tiefere Schlafphase zu gehn. Ich habe diese Intervention bei einer hartnäckig wachliegenden Patientin probiert, es hat gut funktioniert.

In meinem Blog findest du Geschichten und Ideen zum Thema „Schlaf“ übrigens unter der betreffenden Kategorie im Menü rechts.

Viele Grüße, Stefan Hammel

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