“Meine Frau rastet aus, wenn es mal nicht nach ihrem Willen geht. Sie schmeißt mit Tassen und tritt Türen ein. Sie sagt zu unserem Sohn: ‘Siehst du, was du für ein Arschloch als Vater hast?” Sie geht aus dem Haus und sagt: ‘Ich bring mich jetzt um. Ihr seht mich nie wieder’. Andere Male klagt sie, warum ich so verschlossen bin. Ich traue mich ja gar nicht mehr, etwas zu sagen. Ein Psychiater hat mir mal einen Artikel über Borderline gegeben. Das ist genau, was sie hat. Sie ist krank…”
“Wenn Sie den Stress, den sie mit Ihrer Frau erleben, als Landschaft darstellen könnten, was wäre das?”
“Ein Vulkan, mit glühendem Magma, mit einer Rauchwolle und Dauergrollen. Und ständig fliegt da was raus!”
“Wenn Ihr innerer Regisseur, der Ihnen diesen Vulkan gezeigt hat, die Landschaft so verändert, dass Sie Ihnen gefällt, wie sieht das dann aus?”
“Die Magma hört auf zu glühen, die Rauchwolke verzieht sich, der Donner hört auf, es kehrt Ruhe ein…”
“Ein ruhender Vulkan…”
“Ein erloschener Vulkan!”
“Wie diese Vulkane in der Eifel. Sind sie erloschen? Ruhen sie? Schon zehntausend Jahre kein Ausbruch mehr…”
“Ja, vielleicht ein Krater mit einem runden See in der Mitte…”
“Und Wald drumherum…”
“Kein Wald, da wächst nichts!”
“Kaum vorzustellen! Vulkanasche ist der fruchtbarste Boden, den es überhaupt gibt!”
“Dann eine Blumenwiese…”
“Sehr schön! Ich habe eine Bitte an Sie… auch, wenn Sie mich vielleicht für verrückt erklären, für dreimal verrückt. Können Sie ein Bild von so einem Kratersee finden, es ausdrucken und bei sich aufhängen? Ich bin mir sicher, dass Sie viel weniger Stress haben werden und viel mehr Ruhe mit Ihrer Frau erleben, und dass Sie mir, wenn wir uns wiedersehen, sagen werden: ‘Ja, es war so, aber das lag nicht an dem Vulkanbild, es lag an etwas anderem… Und denjenigen, der skeptisch ist, dass so etwas funktionieren kann, den Zweifler – lassen Sie den einen wissenschaftlichen Beobachter sein, der schaut, ob es stimmt, was Ihr komplett verrückter Berater behauptet. Sie brauchen mir nicht zu glauben. Sie brauchen nur das Bild aufzuhängen und zu beobachten, was passiert. Ist das in Ordnung?”
“In Ordnung!”
“Ein Bock allein stößt nicht”, sagt man in der Pfalz! Natürlich trägt der Mann seinen Teil zu dem Elend bei, in dem das Paar sich befindet – auch, wenn es sein kann, dass die Frau schwerwiegende traumatische Erfahrungen gemacht hat, die den Grad ihres Zornes bedingen. Während das Reden über den Streit den Schmerz und die Bitterkeit reaktiviert, gelingt es, einen Schritt neben dem Problemerleben voranzukommen. Durch die Transformation von Problem- in Lösungsmetaphern (Hammel 2009, S. 251ff.) tritt ein Lösungserleben zunächst als Lebensgefühl in den Vordergrund. Die passenden Lösungsstrategien brauchen nicht am Anfang zu stehen. Sie können sich aus dem veränderten Grunderleben unwillkürlich entwickeln. Eine Symbolhandlung und eine Beobachtungsaufgabe verstärken den begonnenen Perspektivwechsel.
Diese Geschichte stammt von Stefan Hammel und ist in dem Buch „Wie der Tiger lieben lernte. 120 Geschichten bei psychischem Trauma“ zu finden. Die Geschichte gehört zum Kapitel „Beziehungen entlasten“