Was macht eigentlich eine therapeutische Geschichte aus?
Die Kunst des beratenden Erzählens besteht nicht darin, Geschichten zu finden, die an sich schon „therapeutisch“ wären, sondern darin, durch eine Art metaphorisches Träumen zu schon vorhandenen Geschichten die passende Situation zu finden und zu schon vorhandenen Situationen die passende Geschichte – und die Geschichten gegebenenfalls noch der Situation anzupassen.
In unseren Träumen tun wir das alltäglich und allnächtlich: Wir kommentieren unser Leben durch Beispiele und Metapherngeschichten aus anderen Erfahrungswelten. Dass wir uns selbst mit symbolischen Träumen jede Nacht therapieren, beweist, dass wir alltägliche Situationen mit Geschichten auf den Punkt bringen können. Und wenn wir es im Schlaf vermögen, ohne bewusst nachzudenken, dann auch im Wachen. Wir müssen nur darauf achten, was da in uns an inneren Filmen emporblubbert. Wir träumen auch tags, nur werden diese Träume oft durch stärkere Alltagsreize überdeckt.
In der Regel werden alle Traumbilder, die sich nach Stärkung und Ermutigung anfühlen, therapeutisch hilfreich sein. Auch alles, was das Suchen und Fragen nach Lösungen vermehrt, wird therapeutisch sein. Therapeutisch ist ebenfalls manches, was uns warnt – wenn es uns auf einen besseren Weg weist. Und selbst Alpträume sind nützlich, wenn sie zu einer gesunden Vermeidung bedrohlicher Situationen beitragen.
Wesentlich für eine beraterische Nutzung ist es, die in Traumbildern unwillkürlich erzeugten Metaphern bewusst zu identifizieren, sie sich zu merken und gegebenenfalls aufzuschreiben. Wer während beratender und alltäglicher Gespräche eine Achtsamkeit für diese Tagträume entwickelt, wird lernen, die sonst unbewussten inneren Bilder auch bewusst wahrzunehmen, die das Besprochene ständig begleitend kommentieren.