Manche Tranceinduktion gleicht dem Versuch, mit einer Stechmücke im Raum einzuschlafen – einer von der Sorte, die nur dann summt, wenn das Licht aus ist und man eindämmert. Gestern habe ich zu einer meiner mp3s von einer Freundin die folgende Rückfrage bekommen. Sie hat im Blog etwas über Tinnitus gelesen und stellte fest:
Irgend sowas ähnliches habe ich wohl auch, und habe dann voller Neugierde die Audio-Datei angehört. Doch gleich am Anfang ging die Sache schief: Du erzähltest von dem Adler… eigentlich ein super Intro, aber ich musste sofort an den Adler denken, den ich vor 10 Tagen im Urlaub auf einer Bergwanderung gesehen hatte. Der wurde nämlich verfolgt und schwer attackiert von zwei Kolkraben. Nun sind Kolkraben wahre Flugkünstler, im Vergleich zu denen erinnerte der Adler eher an eine bleierne Ente, von „königlich“ keine Spur, gewehrt hatte er sich auch kaum, sondern hat einfach schleunigst das Weite gesucht. Somit war der Einstieg schon vermasselt… Dann kam die Klavierlehrerin – sofort wieder Assoziationen der gemischten Gefühle an die eigene Klavierlehrerin früher… Nun habe ich ja erfreulicherweise keine Angst vor Fahrstühlen und nur bedingte Höhenangst, das wurde ja auch ganz gut aufgefangen im Verlauf der Sitzung, aber trotzdem – es war einfach nix. Jetzt stellt sich mir die Frage: Ist noch was zu retten? Oder anders: Was macht der Hypnotherapeut resp. der Patient, wenn gleich am Anfang eine ungute Assoziation sich einschleicht?
Dumm gelaufen. Was hättet ihr gesagt? Ich habe das mal so beantwortet:
Ja, das ist ein Klassiker. Das ist halt bei einer mp3 noch schwieriger zu vermeiden als bei einer Begegnung in echt. Aber auch da kommt so was vor. Da macht man mit einem Klienten einen romantischen Spaziergang bei Sonnenuntergang am strand und er denkt daran, wie seine kleine Schwester beinahe im Meer ersoffen wäre. Machst du den Spaziergang durch die Alpen, erinnert er sich wahrscheinlich an ein Bergunglück mit einem Freund…
Dazu einige Regeln für Therapeuten:
1. Vorher gut erfragen, was den Klienten gefällt und was nicht. Die Biographie, Lieblingsorte und -themen kennen.
2. Orte, Zeiten, Anlässe offen genug formulieren, damit dem Klienten eine Wahl bleibt, was er sich vorstellt.
3. Die Mimik studieren und Inhalte ändern, wenn die Klienten unglücklich aussehen.
4. Früh suggerieren, dass das Erzählte angenehm ist.
5. Nachfragen, wie es war und gegebenenfalls nacharbeiten.
Einige Regeln für Klienten:
1. Wenn’s übel wird, sich selbst sagen: Ich wache jetzt auf.
2. Dem Therapeuten rückmelden wie es war, Wünsche und Vorschläge äußern
3. Wenn du die Tinnitustrance noch mal hören willst, sagst du dir: Das hier ist Kopfkino und ich bin die allmächtige Regisseurin. Dann drehst du den Film: „Adler II: Der König der Lüfte kehrt zurück“. Und dieses Mal hat er eine Verstärkung dabei, mit der die Raben nicht gerechnet haben… Und das Haus der Klavierlehrerin ist inzwischen von ihrer Nachfolgerin bewohnt, eine ganz reizende Frau, die dir sofort sympathisch ist. In deinem Kopfkino bestimmst du.
4. Wenn du hier vorbeikommen magst, kann ich dir die Dinge gerne auch live demonstrieren.
Was hätte ich noch schreiben können? Vielleicht fallen euch ja weitere Vorschläge ein gegen den Knock out ins Erwachen?