Margarete und Lucia (Die zwei Eidechsen)

Margarete und Lucia (Die zwei Eidechsen)

Letztes Wochenende habe ich auf der Burg Fürsteneck in Hessen ein Seminar über systemische Beratung gehalten. Da ging es um systemische Grundhaltungen und Grundmethoden. Zum Beispiel: Was ist Perspektivwechsel, und was ist ein Reframing? Ich habe ihnen dazu als Beispiel die folgende Geschichte erzählt.

In einer Mauerritze lebten zwei Eidechsen, Margarete und Lucia. Lucia lag den Tag über auf der Mauer und badete in der Sonne. Margarete verbrachte die meiste Zeit damit, Insekten zu suchen für sich und ihre Kinder. Wenn sie Lucia auf der Mauer liegen sah, ärgerte sie sich. „Wie du die Zeit vertust. Wenn du eine anständige Eidechse wärest, würdest du dich mal um das Wohl deiner Kinder kümmern. Was machst du denn den ganzen Tag da oben?“ Lucia blinzelte und sagte: „Ich tanke Energie. Da tue ich doch etwas für meine Kinder.“ „Das sehe ich anders“, knurrte Margarete. „Und eines Tages wird dich noch der Bussard oder Falke holen.“ „Das bleibt abzuwarten“, meinte Lucia und räkelte sich in der Sonne. Margarete zog es vor, im Schatten niedriger Sträucher nach Beute zu suchen. Sie verbrachte viel Zeit damit, den Ameisen nachzujagen. Sie wirkte oft müde. Ihr Leben wurde zunehmend bedroht: Sie hatte der Flinkheit der Katzen und Wiesel nichts mehr entgegenzusetzen. Lucias Kinder wurden stark und schnell, ganz wie sie selbst. Sie fingen bald die dicksten Spinnen, die schnellsten Laufkäfer und selbst große Libellen. Aber am liebsten lagen sie mit ihrer Mutter auf der Mauer und räkelten sich im Sonnenschein.

(Hammel, Der Grashalm in der Wüste, S. 29)

Die Geschichte gibt es auch als Hypno-Audiodatei zum Download.

 

3 Gedanken zu „Margarete und Lucia (Die zwei Eidechsen)

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  2. Was für eine wundervolle Geschichte! Sie erinnert mich an die der faulen Grille…lässt sich aber in Bezug auf Gesundheit und die dafür notwendige Schonung viel besser nutzen. Ich werde sie meiner Freundin erzählen, die sich wegen des Auftretens einer kräftezehrenden chronischen Krankheit dringend zu schonen lernen muss. Und ich bin mir sehr sicher, dass sie ihr besser helfen wird, als all die gutgemeinten „platten“ Ratschläge, die sie sonst so anhören muss und deren Beantwortung zusätzlich Kraft kostet. So kann sie diese schöne Geschichte gleich an alle anderen weitergeben und jeder hat etwas davon !

  3. Stimmt… Ich hatte die Geschichte bisher eher bei Prüfungsvorbereitungen und Burnout eingesetzt. Aber sie ist mindestens so gut geeignet bei chronischen Krankheiten und überhaupt in der Rekonvaleszenz. Dankeschön!

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