Wirklichkeit

„Wo sind denn die Geschichten, wenn ich das Buch zuklappe?“ fragt Georg seinen Vater. „Im Buch.“ „Aber Andreas liest dasselbe Buch. Und bei ihm wohnt der Baron in einer alten Burg und bei mir in einem schönen Schloss. Wenn es aber doch dasselbe Buch ist…“ „Die Bilder in euren Köpfen sind halt verschieden.“ „Und die Bilder entstehen im Kopf?“ „Ja.“ „Und die Geschichten bestehen dann aus den Bildern im Kopf.“ „Ja.“ „Warum meinst du dann, die Geschichten wären in dem zugeklappten Buch?“

Ich erzähle die Geschichte, um zu illustrieren, dass Wirklichkeit nichts Objektives ist. Sie entsteht in unserem Kopf; und so hat jeder seine eigene Wirklichkeit. Sie entsteht (bzw. wird geschaffen im Dialog zwischen uns und unserer Umwelt. Wirklichkeit ist keine weder etwas Vorfindliches noch eine reine Konstruktion. Sie entsteht im dialogischen Kreislauf im Subjekt bzw. zwischen Subjekt und Objekt (das seinerseits ein Subjekt sein und mich als Objekt betrachten könnte – so dass wir in der Verschmelzung der Wirklichkeiten eine gemeinsame Wirklichkeit schaffen). Wirklichkeit ist eine Verschmelzung von Analyse und Konstruktion, das heißt, von wahrnehmender Deutung und deutender Wahrnehmung. Wirklichkeit ist also geschaffen und entstanden aus analysierender Konstruktion und konstruierender Analyse…

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