Immer wieder bestellen Paartherapeuten bei mir eine Landkarte der „Insel der Liebe“. Ich erkläre einmal, worum es sich dabei handelt…
Die Karte der „Insel der Liebe“ ist für paartherapeutische Gesprächen konzipiert. Mit Hilfe direkter oder zirkulärer Fragen („Was meinen Sie, wenn ich Ihren Partner fragen würde…, was würde er antworten?“) werden die Partner gebeten, sich selbst oder einander auf der Insel zu verorten, gemeinsame und getrennte Wege zu überlegen, Wohnorte und Zeltplätze auszuhandeln, etc. Es empfiehlt sich, dazu aus selbst haftenden Notizzetteln verschiedenfarbige Häuser, Zelte, Wohnwagen u. ä. anzufertigen. In gleicher Weise können auf dem kopierten Blatt die Korrekturen und Ergänzungen der Partner eingezeichnet werden. Natürlich können Klientinnen und Klienten auch angeregt werden, ihre eigene „Insel der Liebe“ zu zeichnen – einzeln, gemeinsam oder zuerst einzeln und dann gemeinsam.
Die „Insel der Liebe“ ist geeignet, um aus Konfliktgesprächen mit Paaren das Erbitterte und die Härte herauszunehmen und auf einer anderen Ebene ins Gespräch zu kommen.
Man fragt die beiden Partner jeweils nach Zielen und Wünschen in ihrer Partnerschaft bzw. einer bestimmten Situation und lässt sie ein Hauptziel mittels Post-it-Streifen oder Spielfigur auf der Karte verorten. (Zusätzlich kann man auch die momentane reale Verortung markieren.) Man spricht darüber als den Ort, wo die Partner stehen. Dann schaut man, wie nah oder weit die Ziele auseinander liegen, diskutiert darüber, ob beide Ziele wertvoll und berechtigt sind (natürlich sind sie es) und überlegt, wie beide Ziele bzw. Wünsche erreicht werden können: Einzeln, gemeinsam? Abwechselnd? Welches wann, welches zuerst, welches dafür öfter oder länger (oder sicherer)?
Man kann nach Felsbrocken fragen, die weggeräumt werden müssen, nach sumpfigen Stellen, nach notwendigen Straßenbauprojekten oder Telefonleitungen.
Man kann zirkulär fragen, also den Mann z.B. betreffend einer Streitsituation fragen, wo („wenn ich Ihre Frau fragen würde…“) seine Frau sich verorten würde, und dasselbe auch umgekehrt, und dann auflösen lassen, was die Partner wirklich dazu denken.
Man kann die Stärke von Vulkanausbrüchen, die Windstärke und den Wellengang skalieren lassen und anschließend überlegen, warum ein Vulkanausbruch der Stärke 10 von 12 für den einen Partner nach Meinung des anderen Partners nur die Stärke 2 hatte.
Man kann deutlich machen, wie verschieden „Liebe“ aussieht und dass das Verhalten beider Partner „Liebe“ sein kann, auch wenn es sich völlig verschieden äußert. Und beides kostbar finden.
Man kann diskutieren, warum es nicht gleichzeitig möglich ist, auf dem Gipfel der Erregung bzw. am Strand der Verliebtheit zu sein und an den sanften Hängen des Vertrauten auf dem Hügel der Heimat. Und wieder überlegen, wie man möglichst vielfältige „Liebe“ ins Leben integrieren kann, ohne zu viel anderes zu verlieren.
Man kann Notizblockzettel oder Post-it-Zettel auf die Karte legen, um individuelle Veränderungen vorzunehmen oder die ganze Karte fotokopieren und darauf herummalen, um sie zu individualisieren.
Man kann die Möglichkeit von Rundfahrten, Abreise, Schiffbruch, etc. metaphorisch diskutieren, ohne ständig konkret zu sprechen (und dabei durch massive Drohungen das Gespräch zu lähmen) – der Dialog wird dadurch offener, weil die Chancen und Risiken in Metaphern ausgedrückt werden.
Man kann dem Paar die Hausaufgabe erteilen, zuhause ihre eigene „Insel der Liebe“ zu malen, aber erst einzeln, ohne sich mit dem anderen abzusprechen und die Karten danach (und auch in der nächsten Therapiestunde) zu vergleichen. Evtl. kann danach eine gemeinsame Insel ausgehandelt werden, indem man betont, es handele sich ja um eine innere, geistige Landkarte.
Weitere Informationen sowie eine Bestellmöglichkeit zur Insel der Liebe gibt es hier.
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