Der Löwe am Ende der Straße

Quelle: Pixabay (https://pixabay.com/de/photos/l%c3%b6we-tier-s%c3%a4ugetier-raubtier-m%c3%a4hne-3576045/)

Ich gehe eine Straße entlang. Viele Male bin ich diesen Weg schon gegangen. Ich kenne die Straße gut. Doch dieses Mal ist etwas anders. Am Ende der Straße begegnet mir ein Löwe. Warum ist hier ein Löwe? Er muss aus einem Zoo entlaufen sein. Der Löwe greift an. Durch einen glücklichen Zufall kann ich entkommen. Verletzt habe ich überlebt. Nun frage ich mich: Was habe ich falsch gemacht?    

Ich hätte niemals diese Straße entlanggehen dürfen!” Stimmt das? Es wäre zwar besser gewesen, sie nicht zu gehen, aber da ich nicht wusste, dass dort ein Löwe ist, konnte ich mich nicht gegen den Löwen entscheiden. Wer keine Wahl hat, hat keine Schuld.    

Es war ein Fehler, diese Straße entlangzugehen!” Stimmt das? Ein Fehler wäre es, wenn ich wider besseres Wissen die Straße entlanggegangen wäre. Dass ich die Zukunft berücksichtige, weil ich sie nicht kenne, ist kein Fehler, sondern eine Regel ohne Ausnahme.    

Selbst die geringste Wahrscheinlichkeit, einem Löwen zu begegnen, muss mehr bedeuten als die Notwendigkeit, diese Straße entlangzugehen!” Stimmt das? Wenn ich nicht diese, sondern eine andere Straße gegangen wäre – kann es nicht auch sein, dass der Löwe mir dort begegnet? Wenn ich bleibe, wo ich bin, woher weiß ich, dass der Löwe nicht zu mir kommt?    

Diese Geschichte stammt von Stefan Hammel und ist in dem Buch Wie das Nashorn Freiheit fand. 120 Geschichten zu Krise und Entwicklung.“ zu finden. Die Geschichte gehört zum Kapitel “ I Der Einzelne: Bewältigung individueller Krisen und Entwicklung der Persönlichkeit“.

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