Vor vielen Jahren fuhr ein Freund von mir durch eine sehr entlegene Gegend im Westen Australiens. Er durchquerte mit seinem Auto ein Aborigine-Reservat, eine Gegend, wo man nur durchfahren, aber keinesfalls anhalten und schon gar keinen Kontakt mit den Ureinwohnern aufnehmen durfte – zu deren Schutz wie auch zur eigenen Sicherheit. Dort, in der sengenden Sonne der australischen Wüste hatte er eine Autopanne. Zuerst versuchte er sein Auto zu reparieren, dann wartete er, ob irgendwann ein Autofahrer vorbeikäme, und als das über viele Stunden hinweg nicht geschah, machte er sich zu Fuß auf den Weg. Wenn er einige Stunden liefe, so war sein Gedanke, könnte er eine Tankstelle erreichen, wo er Hilfe finden würde. Soweit kam er aber nicht, denn eine Gruppe bewaffneter Krieger umstellte ihn und führte ihn zu ihrem Häuptling. Er versuchte, seine Situation zu erklären, scheiterte aber an der Sprachbarriere. Viele Wochen lang wurde er dort als Gefangener gehalten und musste für den Stamm Arbeiten verrichten, die man ihm zeigte. Einmal war er allein bei der Arbeit, als er ein Motorengeräusch hörte. Ein Flugzeug! Er zog sein Hemd aus, band es als Fahne an einen Stecken und winkte und winkte… Das Flugzeug kreiste ein paar Mal um ihn und verschwand wieder. Am nächsten Tag erschien ein Hubschrauber und landete direkt neben dem Lager. Einige Männer sprangen heraus, er lief ihnen entgegen, sie schoben ihn in den Helikopter, schlossen die Tür und hoben ab.
“Ich habe die Schule nicht so gerne gemocht, dass ich sie noch ein Jahr länger besuchen wollte”, sage ich manchmal zu Schülern, die zu mir geschickt werden, weil ihre Versetzung gefährdet ist. “Wenn das für dich auch so ist, dann lass uns sehen, was wir dafür tun können, dass du so kurz wie möglich da bist.” Dann entwickeln wir miteinander eine Reihe von Spielen, mit denen sie aus Spaß und Interesse anstatt für Noten lernen können.
Diese Geschichte habe ich einem 16jährigen Mädchen erzählt, die erzählte, sie habe Schwierigkeiten, zu lernen, wenn der Unterricht kein Dialog ist und ihr nur Fakten zum Auswendiglernen vorgesetzt werden, aber keine Geschichten mit Relevanz für ihr Leben, und wenn alles gleich präsentiert wird und wenn sie nicht kreativ sein kann und etwas Eigenes damit machen… Die Geschichte anerkennt, dass die Situation des Klienten schwierig ist, ohne daraus zu schließen, dass sie unlösbar sei. Sie kann eingesetzt werden, um Mut zu machen, dass es selbst aus der aussichtslosesten Situation Rettung geben kann – vor allem, wenn die Betroffenen den Blick für Chancen, die sich bieten, offenhalten. So schärft sie den Blick für Auswege, ohne eine bestimmte, konkrete Lösung zu verheißen, was sonst in ein „Ja, aber…“ des Klienten oder in eine Enttäuschung münden könnte, wenn sich nicht genau die angekündigten Chancen eröffnen.