Diese Geschichte habe ich einem Jungen erzählt, der seine Schwester und Kindergartenfreunde blutig gekratzt und blau geschlagen hat. Bestimmt gibt es noch mehr Kinder, für die die Geschichte geeignet ist. Vielleicht ja auch Erwachsene?
Gregor der Drache schnaubte. Er war traurig und wütend. Den ganzen Tag hatte er Spielkameraden gesucht. Keiner wollte mit ihm spielen. Er hatte den Fuchs gefragt. „Nein, lieber nicht“, hatte der gesagt. „Du verbrennst uns nur wieder Haut und Haare mit deinem feurigen Atem.“ Der Dachs, der Hase, und der Bär hatten ähnliche Antworten gegeben. Dabei hatte er ihnen gar nicht absichtlich das Fell verbrannt. Es war ihm nur so passiert. Allermeistens jedenfalls. Während Gregor nachdachte, rollte eine Träne die Drachenwange herunter und fiel mit einem kleinen Plitsch zu Boden. Hoch oben im Baum saß Eule Laila. Wie jeder weiß, können Eulen sehr genau hören und haben viel Erfahrung und eine sehr große Weisheit. „Was war das für ein Plitsch?“, fragte sie sich. „Das klang ja wie eine Drachenträne.“ Und weil man nicht alle Tage einen Drachen weinen sieht, schaute heraus. „Warum weinst du, Drache?“, fragte sie. „Kein Tier will mit mir spielen. Sie sagen, ich hätte ihnen das Fell verbrannt. Dabei war das gar keine Absicht“, antwortete Gregor. „Was soll ich denn tun?“ Laila kratzte sich am Kopf. „Du willst ihnen also nicht mehr wehtun, sondern gut tun. Du brauchst jetzt viel Zeit, bis die anderen dir das glauben. Du brauchst den ganzen Tag und vielleicht die ganze Nacht und vielleicht noch länger, bevor sie dir wieder vertrauen. Du kannst bei mir anfangen“, sagte die Eule und flog hinunter auf Gregors Schulter. „Erzähle mir Drachengeschichten!“ Gregor begann also der Eule Drachengeschichten zu erzählen. Tatsächlich waren es so viele spannende Geschichten, dass er lange brauchte, um sie alle zu erzählen… Die Tiere des Waldes hörten ihn aus der Ferne, und weil sie neugierig waren, kamen sie ein wenig näher. So spannend waren die Geschichten des Drachens, dass die Tiere noch näher rückten, um jedes Wort zu verstehen. Der Drache wurde nun ein wenig leiser, seine Stimme wurde ruhiger, und die anderen Tiere kamen noch näher. Es wurde Nacht. Kälte breitete sich aus. Die Eule schmiegte sich an den Drachenhals, der von innen, wo das Drachenfeuer glüht, ganz herrlich warm gehalten wurde. Viele Stunden vergingen. Als am Morgen die Sonne den Tag begrüßte, sah sie die Tiere dicht um den Drachen versammelt. Sie genossen die Wärme, die er verstrahlte. Immer noch erzählte Gregor Drachengeschichten.
Pingback: HYPS » Blog Archiv » Geschwistertherapie