Der Brandmelder

Die Geschichte vom defekten Brandmelder erzähle ich manchmal Menschen, die sagen, sie seien „krankhaft eifersüchtig“, manchmal Menschen, die aufgrund einer früheren Traumatisierung in permanenter Alarmbereitschaft sind, manchmal Menschen mit Allergien oder anderen Störungen des Immunsystems und manchmal Menschen, die nach einer Operation in Narkose eine Schmerzstörung oder Hypersensibilität entwickelt haben. Und manchmal noch anderen Menschen… wem würdet ihr Sie erzählen?

Wenn Sie einen Brandmelder hätten, der jeden Tag zehnmal Alarm gibt,
ohne, dass es brennt, was würden Sie tun? Das wäre ja nicht von
Vorteil: Erstens stört es ungeheuer, und wenn es wirklich brennt,
können Sie den Alarm gar nicht mehr von einem wirklichen Brand
unterscheiden. Man könnte ihn wegwerfen, aber Brandmelder sind ja auch
für etwas gut. Sie sollen vor Feuer geschützt werden. Vielleicht muss
man nur die Batterie austauschen, oder es ist einer dieser
Brandmelder, die man konfigurieren kann. Diese Brandmelder kann man so
einstellen, dass sie bei Rauch, der auf Feuer schließen lässt,
wirklich immer Alarm gibt, aber nicht mehr, wenn es Fettdunst ist oder
wenn Staub oder ein Insekt am Sensor vorbeifliegt. Das sind
Rauchmelder, die sehr genau arbeiten und dann eben auch still sind,
wenn nichts los ist und natürlich auch, wenn die Gefahr vorüber ist.
Grüßen Sie einmal Ihren Körper, dass er schaut, was er da machen kann…

Vom Aussterben der Drachentöter

Es war einmal ein Drachen, der lebte in einer Höhle und passte auf seinen Schatz auf.
Was ihn aber sehr nervte, war, dass alle Naslang Ritter vorbeikamen, die ihn töten und ihm seinen Schatz rauben wollten. Er musste sie alle umbringen Das war ihm lästig und hinderte ihn oftmals am schlafen. Die Leute des Landes wiederum litten darunter, dass er in den warmen Sommermonaten gerne gerne ausgedehnte Spaziergänge unternahm. Manchmal, wenn er einen Insektenschwarm in die Nase bekam, musste er niesen, und immer wieder kam es vor, dass er den Bauern mit seinem Feueratem die Ernte anzündete. Der König des Landes hatte daher demjenigen den Schatz des Drachens versprochen, dem es gelänge, das Untier zu töten. Immer wieder kamen mutige Männer vor den König, die versprachen, dem Drachen den Garaus zu machen. Der eine zog mit einer Lanze los, der andere mit dem Schwert, der dritte mit Feuer. Doch keiner von ihnen kehrte je zurück.
Als schließlich alle Mutigen im Land vom Drachen vernichtet worden waren und nichts sich zum Besseren gewendet hatte, fiel eine Schwermut auf den König. Noch einmal schickte er seine Herolde aus mit der Frage: „Hat denn keiner im Land eine Idee, wie wir dem Übel aus der Drachenhöhle beikommen können?“
Die Hoffnung hatte ihn beinahe gänzlich verlassen, da trat vor den König ein Junge, der sagte: „Ich gehe in die Höhle des Drachen!“
Der König zögerte. Was konnte dieser Junge schon ausrichten? Er war ja, wie es schien, noch nicht einmal bewaffnet. Konnte man es verantworten, ihn ziehen zu lassen, um wie die anderen vom Drachen vertilgt zu werden? Der Junge bat aber sehr darum, gehen zu dürfen, und da der König keinen Rat wusste, was er sonst tun sollte, ließ er ihn ziehen.
An der Höhle angekommen, rief der Junge in die Höhle hinein: „Drache, ich muss dich etwas fragen!“ „Was willst du mich denn fragen?“ donnerte der Drache zurück. „Warum verbrennst du unsere Felder, so dass wir hungern müssen und tötest alle unsere mutigen Ritter?“ „Sind das eure Felder? Das hatte ich gar nicht bemerkt. Das tut mir leid. Aber die Ritter muss ich töten, weil sie mich belästigen und am Schlafen hindern.“ „Wir könnten es so machen: Könntest du vielleicht aufpassen, dass du unsere Ernte nicht anzündest, und ich sorge dafür, dass dich keine Ritter mehr beim Schlafen stören?“ „Kein Problem, ich kann ja auch woanders spazieren gehen. Würdest du mir dafür tatsächlich die Ritter vom Leib halten?“ „Das würde ich für dich tun.“ „Dann könnte ich endlich einmal wieder durchschlafen. Das ist ja traumhaft! Wie kann ich dir das danken?“ „Könnte ich vielleicht von deinem Schatz etwas abhaben?“ „Klar doch, ich hab ja genug. Wir können ihn uns teilen.“

Die Angst auf der Bande

Eine Seminarteilnehmerin, die als Trainerin für Reitsport und im Heiltherapeutischen Reiten ausgebildet ist, erzählte mir von einer Frau, die sich nach jahrzehntelanger Pause sehnlich wünschte, wieder zu reiten und vor allem auch zu galoppieren, die aber zugleich große Angst davor hat. Die Reitschülerin berichtete, dass sie einmal vom Pferd gefallen sei, daran müsse sie nun denken. Als sie im Schritt an der Longe ritt, schlug die Lehrerin ihr vor etwas sehr Ungewöhnliches, ein bisschen Verrücktes zu probieren. Sie fragte: „Wie sieht denn die Angst, die du vor dem Angaloppieren hast, aus?“ „Sie guckt sehr streng, sie ist schon etwas älter und sie schüttelt den Kopf, wenn ich an Galopp denke“. „Da kannst du froh sein, eine so gute Aufpasserin zu haben, die dich davor beschützen will, etwas Dummes zu unternehmen!“. Die Reiterin strahlte: „So habe ich das noch gar nicht gesehen!“ „Die Angst will dich beschützen. Sie wird aber im Moment nicht wirklich gebraucht, weil ich ja da bin und du auch an der Longe bist. Wohin in der Halle kannst du die Angst denn setzen?“ Die Reiterin überlegte eine Weile und sagt: „Da auf die Bande!“ „Wie guckt denn die Angst dich an?“ „Sie sieht nicht froh aus, ist aber auch neugierig und interessiert.“ „Und wie fühlst du selbst dich jetzt, als Reiterin ohne Angst in dir, da die ja jetzt auf der Bande sitzt?“ „Ja, ich kann jetzt angaloppieren“, sagte die Reitschülerin, und ohne dass die Lehrerin etwas unternahm, galoppierte sie das Pferd an, strahlte begeistert und rief: „Das geht ja wirklich!“ Sie reitet das Pferd seitdem frei auch im Galopp und setzt ab und zu noch „eine kleine Angst“, wie sie es nennt, auf die Bande.

(Vielen Dank an Ursel Kübler…)

Die rechte Zeit

Diese Geschichte stammt von meinem Kollegen Martin Niedermann, der als Geschichtenerzähler, Coach und Heilpädagoge in Bern lebt und arbeitet. Ich freue mich sehr, dass ich sie mit euch teilen darf!

„Wenn der Schnee auf dem Berg dort oben geschmolzen ist, kannst du dein Gemüse pflanzen“ meinte der alte Bergler zu seinem neuen Nachbarn. „Blödsinn“ dachte dieser und begann gleich in den ersten warmen Frühlingstagen mit der Gartenarbeit, hakte, jätete, lockerte und pflanzte schlussendlich sein Gemüse. Der alte Bergler aber räumte erst einmal ums Haus herum auf, fegte die alten, welken Blätter weg, las die abgebrochenen Äste aus dem Garten, setzte seine Sitzbank am Schärm nach draussen und schaute in den Sonnentagen seinen Nachbarn beim Gärtnern zu.

Als der Schnee auf dem Berg schmolz, begann auch er mit der Gartenarbeit und arbeitete stetig und gemächlich in seinem Garten. Das  Gemüse pflanzte er mehr als zwei Wochen später als sein Nachbar. Und es wuchs und hielt die kleinen Kälteeinbrüche aus, litt auch in der stechenden Frühlingssonne nicht und wuchs langsam zu einem währschaften Gemüsebeet heran.

Auch das Gemüse beim Nachbar wuchs, doch die zuweilen kalten Nächte setzten ihm zu und die übermässig stechende Sonne raubte ihm Kräfte. Ernten konnten beide an den selben Tagen.

Schärm = Dachvorsprung, geschützte Ecke am Haus
währschaft = solide, gut, recht, ordentlich

 

Vom Spinnen des Garns

Bloggen hat ja etwas damit zu tun, Fäden, die zunächst gar nichts miteinander zu tun haben, zu einem Netz zu verspinnen… Geschichtenerzählen auch… Therapie, wie ich meine, auch… Hier ist ein Beitrag, den meine Cousine in ihrem Blog „Kathy’s food trip“ geschrieben hat… vielleicht kommt euch das eine oder andere dain bekannt vor… schaut doch mal rein!

Der neugierige Maori

Die folgende Geschichte hat meine Kollegin Katharina Lamprecht verfasst. Die Erzählung hat mir gut gefallen, für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ebenso wie als Beitrag im Gespräch mit Eltern, Lehrern und anderen erziehenden Personen. Ich freue mich, dass ich sie hier veröffentlichen darf…

Wie ihr vielleicht wisst, leben in Neuseeland auch heute noch die Maori – die Ureinwohner. Und sie versuchen, ihre alten Traditionen mit dem modernen Leben zu verknüpfen. Darin sind sie recht erfolgreich. Manchmal aber kommt es zu ungewöhnlichen Situationen und von einer solchen möchte ich euch erzählen.

Auf einem Campingplatz auf der Südinsel, der von den Maori verwaltet wird, gibt es einen Hangi, den alle Gäste des Campingplatzes benutzen dürfen. Ein Hangi  ist ein maorischer Herd und sieht in etwa so aus: in die Erde wird ein rechteckiges Loch gegraben und dann nach oben mit einer Mauer umgeben. In dieses gemauerte Rechteck werden Grillroste eingelassen, auf denen dann Fleisch, Gemüse und Kartoffeln in schönster Eintracht gemeinsam in einem Topf liegen und wunderbarer Weise auch alle zusammen gleichzeitig in dem heißen Dampf, der aus der Erde aufsteigt, gar werden. Und zwar immer genau richtig, nie zu weich oder hart. Bevor man also auf eine Wanderung aufbricht, packt man sein Abendessen in den Hangi und egal, wann man wiederkommt, das Essen ist fertig.

Eine Familie auf dem Campingplatz hatte einen 10 jährigen Sohn, der sehr wissbegierig war und schon zu Hause alles, was ihm unter die Finger gekommen war, über Neuseeland gelesen hatte. Besonders die Maoris hatten es ihm angetan.
Und nun hatte er sich mit der Maorifamilie, die den Campingplatz leitete, angefreundet und diese hatte ihm versprochen, ihn einmal wie einen echten kleinen Maori-Jungen zu kleiden und zu bemalen. Und die Körperbemalung ist bei den  Maories besonders eindrucksvoll.

An dem besagten Verkleidungstag nun wollten seine Eltern einen Ausflug auf das Meer machen, auf den sich der Junge schon lange gefreut hatte. Als sie aufbrechen wollten, konnten sie ihren Sohn aber nicht entdecken. Sie suchten ihn überall und waren schon recht besorgt und auch verärgert. In der Campingküche erfuhren sie, dass der Bengel sich – ohne ein Wort zu sagen – zu der Maori Familie gestohlen hatte. Da beschossen sie, den Ausflug alleine zu unternehmen und ihren Sohn, der sehr enttäuscht darüber sein würde, die Wale und Delfine nicht gesehen zu haben, i n der Obhut der Maoris zu lassen. Er würde schon sehen, was er davon habe.

Als sie abends zurückkamen und am Hangi vorbeigingen, um nach ihrem Essen zu sehen, saß da ein kleiner, einsamer Maori Junge vor dem Ofen. Bei genauerem Hinsehen erkannten sie in ihm ihren Sohn und gingen, ihr Ärger war inzwischen verraucht, mit dem Gedanken, ihn wegen des verpassten Ausflugs trösten zu müssen, zu ihm.
Der kleine Maori blickte auf und ein Strahlen ging über sein Gesicht. „Mama“, rief er, „Papa. Wie gut, dass ihr endlich da seid“.
Seine Mutter wollte ihn tröstend in die Arme schließen aber der Junge war viel zu aufgeregt. „Wo wart ihr denn die ganze Zeit?  Ich habe so viele tolle Sachen erlebt und wollt sie euch erzählen, aber ich habe euch nicht gefunden.  Ich habe ein echtes  Maori Gesicht, seht doch mal,  und war bei den Maories in ihrem großen Gemeindehaus und habe mit ihnen getanzt und ganz komische Lieder gesungen.  Und jetzt sitze ich hier schon eine Weile und schaue dem Hangi beim Arbeiten zu. Das ist echt spannend“.
Kurz versank der kleine Maori wieder in seine Ofenbetrachtungen, dann fragt er seine Eltern nebenbei , „wo wart ihr denn?“

„Ach“, sagten diese, „wir sind nur ein bisschen auf dem Wasser herumgepaddelt“. Über die Wale und Delfine, die sie gesehen hatten, erzählten sich nichts, denn sie fühlten, dass ihr Sohn einen ganz eigenen, wunderbaren Tag erlebt hatte.

Good Vibrations

Ich möchte eine weitere Geschichte davon erzählen, wie man scheinbar Nutzloses oder Schädliches in der Therapie „utilisieren“, also für die Ziele der Klienten nutzbar machen kann.

Eine Frau wollte gerne hypnotisiert werden, weil sie sich nur schwer konzentrieren könne, Gedächtnisprobleme habe und sich meistens verwirrt fühle. Es zeigte sich, dass es genügend familiäre Probleme gab, um diese Schwierigkeiten zu erklären. Die Frau wünschte sich jedoch eine Therapie, die die ihre Familiensituation unberücksichtigt lassen sollte. Ich erklärte ihr, ich hielte zwar grundsätzlich ein anderes Vorgehen für angezeigt, ihrem ausdrücklichen Wunsch entsprechend werde ich aber mit ihr daran arbeiten, ihre mentalen Prozesse so weit als möglich zu optimieren, ohne ihre Familienbeziehungen und die sich daraus ergebenden Probleme zu bearbeiten.
Nach einigen Sätzen der Hypnoseinduktion begann, für mich unvorhergesehen, im Keller ein Handwerker mit einer Schlagbohrmaschine eine Wand zu durchbohren. Minutenlang vibrierte das Haus, und der Lärm war so gewaltig, dass ich sehr laut reden musste, um für die Klientin hörbar zu bleiben. Ich sagte:
„Manchmal geschieht es, dass etwas Unvorgesehenes unser Leben erschüttert, und wir merken erst einen Augenblick später, dass es etwas Gutes ist, was mit uns geschieht. Es ist, als ob in uns etwas zurecht gerüttelt wird, so dass in unserem Körper und Geist etwas vibriert und unsere geistigen Fähigkeiten aktiviert. In uns kommt etwas zum Schwingen und eine gute Resonanz bringt in uns alle Gedanken an den richtigen Platz, alle Erinnerungen und all unser Wissen werden dadurch aufgeräumt, werden neu geordnet und dadurch neu auffindbar.“
Einige Tage später sagte eine andere Frau, die mit dieser Klientin befreundet war, zu mir: „Meine Freundin hat gesagt, Sie hatten einen Handwerker im Haus, der mit einer Maschine gearbeitet hat, und das sei so wohltuend gewesen.“

(Stefan Hammel, Handbuch der therapeutischen Utilisation. Vom Nutzen des Unnützen in Psychotherapie, Kinder- und Familientherapie, Heilkunde und Beratung. Klett-Cotta 2011, S. 119f.)

 

Der laute Junge

Es kam einmal ein Junge und erzählte mir:

„Meine Eltern hören mir nie zu. Sie bemerken mich nicht einmal.“

„Er redet ständig und ununterbrochen. Er redet oft und viel. Er unterbricht andere im Gespräch und will selbst nie unterbrochen werden“, erzählten die Eltern.

„Je lauter ich war, desto weniger haben sie zugehört“, sagte der Junge später. „Und je weniger sie zuhörten, desto lauter wurde ich.“ Dann wurde er leise und seine Eltern hörten ihm zu.

Die Wirkung der Sichtweisen und V erhaltensweisen innerhalb einer Familie verstärkt und erhält sich oft kreisförmig. In der Familientherapie spricht man von „zirkülärer Kausalität“ und überlegt, wie eine „Musterunterbrechung“ in der Interaktion der Familie aussehen kann. Was könnte ein Therapeut dazu beitragen, dass entweder der Junge oder seine Eltern oder beide sich für eine kleine Weile derart anders verhalten, dass die jeweils andere Partei nicht mehr gleich wie bisher reagieren kann… so dass am Ende keiner mehr das Verhalten des anderen wie bisher deuten kann und keiner mehr wie bisher reagiert… weil jeder findet, der andere habe angefangen, mit seinem unguten Verhalten aufzuhören…?

Quelle: Der Grashalm in der Wüste, S.126, Stefan Hammel

Ein Baum ist ein Baum…

Die Reutlinger Paar- und Einzeltherapeutin Ulrike Dauenhauer hat mir eine Geschichte geschickt, die ich mit ihrer Erlaubnis gerne mit euch teilen möchte…

Ich saß auf der Alb vor einem Baum, und dachte über mich nach, über mein Leben und meine Aufgaben. Da begann der Baum mit mir zu sprechen: „Schau“, sagte er, „ich bin ein Baum, einfach ein Baum, und ich versuche, Baum zu sein so gut ich kann. Noch nie in meinem langen Leben kam mir der Gedanke, ob ich wohl Baum genug sei, um eine Berechtigung zu haben, in diesem Wald zu stehen. Ich bin einfach Baum, so gut, wie ich Baum sein kann. Noch nie habe ich mich gefragt, warum ich gerade in diesem Wald stehe. Ich bin einfach Baum, so gut, wie ich Baum sein kann. Auch habe ich mir bisher keine Gedanken darüber gemacht, ob die Bäume neben mir wohl mehr oder weniger Biomasse produzieren als ich. Ich bin einfach Baum, so gut, wie ich Baum sein kann. Ich überlege nicht, ob die anderen Bäume schönere Blätter haben oder besser gewachsen sind als ich. Ich bin einfach Baum, so gut, wie ich Baum sein kann. Die Zeiten sind sehr verschieden und damit auch die Bedingungen hier im Wald. Mal hat es viel Regen im Jahr, mal wenig. Mal hat es ganz viele Käfer, die meine Blätter fressen, mal wenig. Immer ändern sich die Bedingungen. Die Forscher können das alles an meinen Jahresringen ablesen. Aber ich mache mir darüber keine Gedanken. Wie immer die Bedingungen auch sind: Ich bin einfach Baum, so gut, wie ich Baum sein kann. Auch habe ich festgestellt, dass ich eine Buche bin und ich hörte von Mammutbäumen. Ich würde nie auf die Idee kommen, ein Mammutbaum sein zu wollen. Ich bin Buche so gut ich eine Buche sein kann. Sei Baum, einfach Baum, und das sei so gut es Dir möglich ist.“ Dies sprach er und ließ dazu sanft seine Äste schwingen.

Der Grashalm in der Wüste

Gestern war ich in der Kinderpsychiatrie und habe den Kindern eine Geschichte erzählt. Wir vergessen so oft, dass Menschen, die sich selbst und anderen Mühe bereiten, nicht nur aus ihren Problemen bestehen, sondern auch aus dem, was heil ist.Und wenn wir das Gesunde, Kraftvolle, Glückspendende im Leben der Kinder oder auch von uns selber pflegen, könnte es sein, dass wir mehr erreichen, als wenn wir immer mehr Zeit auf die Behandlung des Störenden verwenden. Natürlich muss man zuweilen bei dem, was stört, anknüpfen. Wenn man allerdings bei der Behandlung der Störung hängen bleibt, ist man wahrscheinlich schon selbst ein Teil der Störung geworden. Denn wer sagt uns, dass die Reaktionen der Menschen auf das Problem nicht zu dem Problem maßgeblich beitragen? Vielleicht kommen wir schneller zum Ziel, wenn wir das Unauffällige, Gesunde, Normale in den Vordergrund unserer Betrachtung stellen. Ich habe jedenfalls den Kindern die folgende Geschichte erzählt.

Ein Mann durchquerte eine Wüste. Rings um ihn her gab es nur Sand, Steine und Felsen, den leuchtend blauen Himmel und über ihm die glühend heiße Sonne. Auf der Hälfte seines Weges geschah es, dass er Rast machen wollte und sich nach einem geeigneten Platz umsah. Weiterlesen