Nägel machen Leute

Ein Mädchen, 13 Jahre alt, hat mir gestern erzählt: „Es gibt an meiner Schule eine ganze Menge Leute, die meinen, sie müssten mich jeden Tag absichtlich nerven. Das sind vor allem einige Knirpse aus der fünften Klasse und eine Anzahl Leute aus meiner Klasse. Letzte Woche habe ich mit einer Freundin nachmittags Nagellack ausprobiert. Am Schluss ging sie weg und nahm den Nagellackentferner mit. Ich hatte noch zwei Nägel schwarz lackiert und ging halt so in die Schule. An diesem Tag ärgerte mich keiner von den Fünftklässern, die mir sonst ständig auf die Nerven gehen. Also lackierte ich am folgenden Tag alle Nägel schwarz, zog mich ganz schwarz an und schnallte mir einen Nietengürtel um. An diesem Tag ärgerte mich keiner der Fünftklässler und überhaupt keiner aus meiner Klasse. Das war völlig unglaublich! Nico, der immer nervt, machte nur den Mund verächtlich auf, schaute an mir hoch, klappte den Mund wieder zu, drehte sich um und ging. Heute trug ich nur noch eine schwarze Jacke, die ich auch sonst manchmal anhatte. Keiner hat mich mehr geärgert. Die Wirkung hält an.“

Lautstärkeregler

Sie liebte es, in die Disco zu gehen. Wenn ihre Eltern sie abholten, wunderten sie sich jedes Mal: „Wie kannst du es aushalten bei dem Krach?“ Doch sie wusste: Laut ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Laute nicht mehr laut. Das Ohr stellt die Lautstärke nach.
Sie liebte es, abends im Bett noch leise Radio zu hören. Zwar hatten ihr die Eltern das verboten, wenn sie am nächsten Tag Schule hatte, doch stellte sie das Radio so leise ein, dass sie fast nichts mehr hörte. Sie wusste: Leise ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Leise nicht mehr leise. Noch mehrere Male kann sie das Radio noch leiser stellen, und immer noch hört sie alles genau. Denn das Ohr stellt die Lautstärke nach.

Adlerflug

Ich weiß nicht, ob du schon einmal einen Adler gesehen hast. Im Zoo natürlich, aber das meine ich nicht. Wenn man im Zoo einen Adler sieht, wirkt er meistens lustlos, müde und verschlafen. Was soll er auch tun? Ein Adler ist zum Fliegen geschaffen, und das kann er in einem Käfig nicht, jedenfalls nicht richtig. Was mich an den Adlern beeindruckt, ist ihre Kraft – und wie sie mit ihrer Kraft umgehen. Man könnte meinen, dass so ein großer Vogel auch kräftig mit den Flügeln schlägt, wenn er fliegt. Aber der Adler hat das nicht nötig. Er zieht seine Kreise am Himmel, und obwohl er die Flügel nur selten bewegt, kann er aufsteigen, bis man ihn aus den Augen verliert. Woher weiß denn ein Adler, dass er fliegen kann? Wenn die Adler sprechen könnten – ich glaube, sie würden nicht erst diskutieren, ob es die Luft gibt, bevor sie fliegen. Sie suchen keine Beweise. Ihnen genügt, dass sie getragen werden. Sie werden getragen, und sie wissen das. Welche andere Sicherheit brauchen sie? Das Ergebnis ist ihr Beweis.

Nach: Stefan Hammel, der Grashalm in der Wüste, impress (Nierstein) 2006 und Hörbuch-CD „Der Grashalm in der Wüste – Die Taggeschichten, impress (Nierstein) 2007. Die Geschichte vom Adlerflug ist auch als Hypno-MP3 downloadbar.

Mentale Spiele III

Genervt am Arbeitsplatz?

Stellt euch doch mal vor, euer Job ist eigentlich der Drehort für einen neuen Disneyfilm, und sie sind in Wirklichkeit alle gerade damit beschäftigt, ihre Rolle einzuüben. Einige können sie schon ganz gut, während andere noch viel üben müssen. Und jetzt erst geht euch auf, warum sich manche so seltsam verhalten: Die sind gar nicht wirklich so, das ist nur ihre Rolle, auf die sie sich vorbereiten. Und schaut euch einmal um, vielleicht entdeckt Ihr auch den Produzenten, die Regisseurin, die Maskenbildnerin, und könnt euch auch deren Verhalten, über das ihr euch manchmal verwundert habt, jetzt besser erklären.

Wenn ihr das lange genug gemacht habt und keine Lust mehr darauf habt, dann gebt euch eine neue Arbeitsplatzbeschreibung. Eure Aufgabe ist in Wirklichkeit: Im Rahmen einer psychologischen Studie zu zeigen, dass Menschen, die ihr bei der Arbeit anlächelt, weniger zu unfreundlichem Verhalten neigen als solche, die ihr neutral behandelt (Kontrollgruppe). Oder eure Aufgabe ist, mit netten Leuten zu plaudern und euch an der Schönheit einiger Menschen zu erfreuen, und dabei nebenbei irgendetwas zu tun, was andere – natürlich irrtümlich – für den eigentlichen Zweck eurer Arbeit halten könnten. Oder es könnte eure Aufgabe sein, intensiv so zu tun, als sei das, was ihr arbeitet, intelligent und wichtig und mache obendrein noch Spaß.

Gute Haltungen

Fünf Regeln, so habe ich gehört, lägen der Philosophie des Reiki zugrunde.

* Gerade heute sei nicht ärgerlich.
* Gerade heute sorge dich nicht.
* Sei freundlich zu allen Wesen.
* Verdiene dein Brot ehrlich.
* Sei dankbar für die vielen Segnungen.

Gute Haltungen für Berater, Weise, Menschenfreunde. Haltungen für alle, die das Leben lieben, und die es lieben lernen wollen.

Des Feindes Feind

„Der Büffel ist das gefährlichste Tier im Busch. Er ist noch gefährlicher als der Löwe. Die Begegnung mit einem Löwen kann ein Mensch ohne Waffen vielleicht überleben, aber ein Büffel – sobald er einen Menschen sieht, greift er an!“ So erzählte Mr. Mniyka. „Ich habe nur von einem einzigen Menschen gehört, der eine solche Begegnung überlebt hat“, fuhr er fort. „Dieser Mann sah einen Büffel aus dem Dickicht hervorkommen und im Galopp auf sich zustampfen. Der Mann wurde vor Schreck bewusstlos. Als er zu sich kam, sah er einen Löwen auf dem toten Büffel sitzen und gierig von seinem Fleisch fressen. Der Löwe war der Spur seines Opfers gefolgt. Er hatte die Begegnung von Büffel und Mensch vorausgesehen und den Büffel in dem Moment attackiert, als er durch seinen eigenen Angriff abgelenkt war.“

Die Geschichte erzähle ich, ähnlich wie die vom Reihel, um Menschen auf die Möglichkeit von Auswegen in ausweglosen Situationen aufmerksam zu machen. Ein Möglichkeit positiv zu denken, ist immer die, zu überlegen, was schlecht für das Schlechte ist.

Der Goldmacher

Jetzt erzähle ich mal wieder eine Geschichte. Ich verwende sie, um Menschen anzuregen, in scheinbar aussichtslosen Situationen nach einer Sichtweise zu suchen, die aus der Bedrohung eine Chance und aus der Not eine Tugend macht. Therapeutisch gesprochen hilft die Geschichte, belastende Lebenssituationen zu reframen (neu zu deuten) und Problemstrukturen aktiv zum Gestalten von Lösungen zu utilisieren.

In den alten Zeiten lebte bei uns ein Mann vom Stande derer, die sich Alchimisten nennen, der brüstete sich, er habe eine Weise gefunden, wie er Gold herstelle. Da das der König Weiterlesen