Placebo VII

„Was trägst du denn auf der Stirn?“ „Aspirintabletten.“ „Und das funktioniert? „Na ja. Man muss den Streifen anfeuchten, dass er hält.“

Also, natürlich funktioniert das. Die Aufmerksamkeit wird auf das Aspirin fokussiert. Im Gehirn werden die Zentren aktiviert, die „Aspirin“ kennen und etwas darüber wissen. Das Wasser auf dem Streifen kühlt die Stirn und schafft dadurch eine erste leichte Anästhesie, die als verstärkende Suggestion für „mehr desselben“ wirkt. Durch das Anbringen des Aspirin an der schmerzenden Stelle wird ein Anker geschaffen: Es ist nicht möglich, an diese Körperstelle zu denken, ohne an Aspirin und die begonnene Anästhesie zu denken.

Und immer dran denken: Schmerzen sind Signale. Manchmal ist es besser, zum Arzt zu gehen…

Ausgestrichen

Meine Nichte Luise ist dreizehn. Heute hat sie mir ihren Fuß gezeigt, den sie mit einem Kugelschreiber bemalt hat, etwa so, als wäre er ein Wahlzettel: Zwei Kreise, und ein Kreuz durch jeden Kreis. Ich habe sie gefragt: „Funktioniert das noch?“ „Ja“, hat sie gesagt.

Vor einem Jahr hat mir Luise erzählt: „Neulich hatte ich einen Mückenstich. Ich hatte daran gekratzt, und er hat fürchterlich gejuckt. Ich habe mir den Stich angeguckt. Mit einem Kugelschreiber hab ich einen Kreis darum gezogen. Mit einem Kreuz habe ich ihn ausgestrichen. Das Jucken ist verschwunden und nicht wieder gekommen.“

Die Schmerzverkäuferin

Vorhin habe ich auf dem Flur der Röntgenstation eine ältere Frau getroffen. Sie hat in ihrem Bett gelegen, zwischen anderen Patienten, umhereilenden Krankenschwestern, Betten schiebenden Transport- dienstmitarbeitern und anderem Personal. Wir hatten Zeit. Unser Gespräch verlief etwa so.

„Ich habe mir die Hüfte gebrochen. Ich habe solche Schmerzen. Die kann ich keinem verkaufen!“ „Wem würden Sie sie denn gern verkaufen?“ „Ihnen nicht. Sie sind ein Guter.“ „Wem möchten Sie sie denn sonst vielleicht verkaufen?“ „Keinem Guten. Höchstens einem bösen Hund. Aber der Weiterlesen

Piratenanästhesie

Ein paar Kinder aus der Familie und ein Nachbarsmädchen wollten gerne hypnotisiert werden. „Na gut“, habe ich gesagt, habe ist Leere geschaut und wie geistesabwesend angefangen, zu erzählen.

Stell dir nur vor: Du als Pirat! Mit einem Holzbein aus altem, hartem, festen Eichenholz und einer schwarzen Augenklappe – oder vielleicht doch lieber ohne Augenklappe? Wie dem auch sei! So ein Pirat hat viel zu tun auf einem großen, alten Schiff. Viel Arbeit an den Seilen und den Segeln, an den Masten, an der Ladung und mit all den Mitpiraten! Weiterlesen

Wecker mit Schlummertaste

Jemand hat gefragt, was man einem siebenjährigen Mädchen erzählen soll, das Angst vor der Narkose habe, vor dem Zu-früh-erwachen und auch vor dem Nicht-mehr-erwachen.

Mein Vorschlag ist, dem Mädchen folgende Geschichte zu erzählen:

„Mein Körper hat einen inneren Wecker“, erzählte mir ein Mädchen, das ich kenne. „Ich sage mir immer vor dem Einschlafen: Morgen früh wache ich um Zehn vor sieben auf, und dann wache ich genau um Zehn vor sieben. Allerdings, neulich bin ich, um Zehn vor sieben aufgewacht und nicht gleich aufgestanden. Dann bin ich noch einmal eingeschlafen und habe die erste Schulstunde verschlafen. Ich wache zwar dann auf, wenn ich es mir vornehme, aber wenn ich dann wieder einschlafe, verschlafe ich komplett.“ „Das kann mir nicht passieren“, sagte ihre große Schwester, die ihr zuhörte. „Mein innerer Wecker hat eine Schlummertaste. Ich sage mir vor dem Einschlafen: Morgen früh wache ich genau um Zehn nach Sechs auf und danach alle fünf Minuten wieder. Und ich wache genau so auf, wie ich es mir vornehme – und dann weiter so, genau wie ich es mir vor dem Einschlafen vorgenommen habe.“ „Daran sieht man“, sagte ihre Mutter, dass der Kopf sogar im Schlaf weiß, was er zu tun hat, und genau das richtige tut.“