Der König kommt

„Der König kommt! Der König kommt! Der König kommt!“ Bis ihre Mutter von der Arbeit nach Hause kam, musste sie jeden Tag die Wohnung aufgeräumt, die Küche in Ordnung gebracht und etwas zu essen auf den Tisch gestellt sein. Sie nutzte diese Zeit und spielte „Der König kommt!“. Müde gespielt und gut gelaunt empfing sie ihre Mutter in einer blitzblank aufgeräumten, geputzten und gekehrten Wohnung.

Die spanischen Eroberer

Hundert Jahre hatten sie gebraucht. Dann waren sie in Gibraltar angekommen. Die Reconquistada war beendet. Als die Spanier die ganze iberische Halbinsel von den Mauren zurückerobert hatten, fragte einer in die Runde: „Was machen wir jetzt?“ Ehrlich gesagt, hatte sich keiner diese Frage je gestellt. Sie hatten nur immer gekämpft. Und weil niemand eine Antwort wusste, eroberten sie Amerika.

Die Zitterspinne (I)

Hast du ein fettes Problem? Oder kennst du jemanden, der eines hat? Dann hör mir zu:

Am Sonntag habe ich sie gesehen, in meiner Wohnung, unter dem Waschbecken: Eine Zitterspinne. Das sind diese ganz winzigen, langbeinigen Spinnen, die ungefähr so aussehen wie Weberknechte. Diese Zitterspinne wickelte gerade eine Hauswinkelspinne in ihre Fäden einwickelte. Das sind die großen, fetten, haarigen Spinnen, vor denen sich viele Menschen, vor allem Frauen, gruseln. Vorgestern sah ich nun, wie diese kleine Spinne auf der Großen saß und sich von ihr ernährte. Wie schafft es eine solch winzigkleine, schwache Spinne, eine derart große, schnelle Spinne zu töten?

Sie hält sich in sicherer Entfernung und bewirft sie mit ihren Fäden. Immer mehr Fäden wirft sie auf die große Spinne, und während diese versucht, sich zu befreien, verstrickt sie sich immer tiefer darin. Erst wenn die große Spinne sich nicht mehr bewegen kann, geht die kleine Spinne zu ihr hin und macht sich über sie her.

Hast du ein fettes Problem? Mach’s wie die Zitterspinne.

Das Ziel hinterm Ziel

„Wenn ich eine Aufgabe fast zu Ende gebracht habe“, so hat mir am Samstag jemand erzählt, „dann lässt mein Interesse nach, und das letzte bisschen bleibt lange fast-fertig liegen.“

„Ich bin einmal morgens aufgewacht mit einer Magen-Darm-Grippe“, habe ich gesagt. „Mir war schlecht, und wahrscheinlich müsste ich mich irgendwann übergeben. Solange ich im Bett lag, war relative Ruhe. Als ich mich dann entschloss, zur Toilette zu gehen, musste ich laufen, weil es schneller herannahte, und je schneller ich lief, desto schneller kam es. Ich machte einen Wettlauf mit der Übelkeit, und die Übelkeit gewann. Eine Stunde später war es wieder soweit. Um das Debakel vom vorigen Mal zu vermeiden, malte ich mir aus, die Toilette sei zehn Meter hinter ihrem eigentlichen Ort und ging betont langsam. Als ich ankam, hatte ich noch Zeit übrig.

Ein Karatekünstler, der einen Ziegelstein durchschlägt, wird sich vorstellen, der Stein sei hinter dem Ort, wo er ihn sieht; und ein Läufer wird gut daran tun, sein persönliches Ziel hinter der Ziellinie anzusetzen, damit er die Linie mit der größtmöglichen Geschwindigkeit durchläuft.“

Lesenswert: Metaphern für Führungskräfte

Das ist der viertletzte Buchtipp zu Geschichtensammlungen für Beratung und Therapie. Ein paar schöne Sammlungen kommen noch. Die Reihe geht bis Montag. Danach wieder wöchentlich, wie vorher.

Das Buch von Matthias Nöllke heißt mit vollem Titel „Anekdoten, Geschichten, Metaphern für Führungskräfte. Nach einer Einleitung, dier erklärt, warum und wie erzählte Geschichten im Alltag von Organisationen nützlich werden können, wird eine große Sammlung von Ultrakurzgeschichten aus den verschiedensten Hintergründen angeboten. Die 400-seitige Sammlung ist gegliedert nach Zielgruppen („die Führungspersönlichkeit“, „die Mitarbeiter“, „die Organisation“) und Grundthemen („Betriebsklima“ „Mitarbeiter informieren“, „Perfektionismus“). Die Geschichten sind mit Schlagworten und mit einer kurzen Erklärung versehen, aus der deutlich wird, in welchen Zusammenhängen die Geschichte nutzbringend eingesetzt werden kann. Eine CD-ROM mit den Texten und einer Suchfunktion wird mitgeliefert.

Gut geschrieben, konzentriert, anwendungsbezogen, gut zum Auffinden von Geschichten!

Matthias Nöllke, Anekdoten, Metaphern, Geschichten für Führungskräfte.
Freiburg, Berlin, München (Haufe) 2002

Der Geschichtenerzähler (IX)

Nun also die neunte und zweitletzte Folge…

„Sollten wir denn ein Boden sein für diese Saat?“, so fragten ihn die Leute. „Die Saat, wenn sie aufgegangen ist, gleicht der Pflanze, die sie hervorgebracht hat. Wie können wir deinem Meister je gleichen?“ protestierten sie. „Er hat uns viel zu früh verlassen. Wir müssten noch so vieles hören.“ „Hören allein ist wie Sonne ohne Regen“, sagte der Schüler. „Soll das denn heißen, wir sollten jetzt schon in die Nachfolge des Meisters treten?“ rief ihm nun einige zu. „Wir sind ja überhaupt noch nicht so weit. Wir sind noch gar nicht fertig! Wir haben ja erst angefangen.“ Der Schüler erwiderte:

„Fertig!“, rief das Ei, als es gelegt war. „Jetzt bin ich fertig!“ rief die Kaulquappe, als sie geschlüpft war. „Jetzt bin ich ganz fertig!“ rief das Geschöpf, als es zwei Beine hatte. „Jetzt endlich bin ich ganz und gar fertig!“ rief das Wesen, als es vier Beine und einen langen Schwanz hatte. „Wer weiß, was nun noch kommen mag…“, sagte der Frosch, als er fertig war.

„Bedenkt, wie euer Meister angefangen hat…“

Und morgen geht’s weiter.

Ein heiliger Vertrag

Noch eine Geschichte zu Prüfungsdingen…

In der Vorbereitung auf sein Examen sagte ein junger Mann immer wieder zu sich Dinge wie diese: „Wenn du bis heute Abend um 18.00 Uhr diese hundert Seiten durchgearbeitet hast, dann darfst du dir den Abend frei nehmen.“ Wenn er dann schon um 17.00 Uhr sein Pensum geschafft hatte, dann arbeitete er noch eine Stunde weiter und schaffte in dieser Zeit hundertzwanzig Seiten. Und weil es an jenem Tag so ungewöhnlich gut voranging, arbeitete er nochmals eine Stunde bis um 19.00 Uhr und hatte am Ende einhundertdreißig Seiten bearbeitet. Einige Wochen später bemerkte er, Weiterlesen

Sozialgeräusche

Diese Kollegin fragte also, „Gib mir mal eine Geschichte für Leute vom Werksdienst, die genervt sind von Besuchern, die sie beleidigen und beschimpfen, nur weil sie nicht in die gesperrten Bereiche gelassen werden.“ Ich war gerade im Schuhgeschäft, als sie anrief, und ich sagte: „Ich ruf dich gleich zurück…“ Als ich meine Schuhe gekauft hatte, erklärte die Kollegin: „Ich weiß schon, was ich ihnen sage. Ich erzähle ihnen ‚Was man hört‘ (Stefan Hammel, Der Grashalm in der Wüste, S. 29).“ Ich sagte: „Das ist gut. Ich schlage dir noch Folgendes vor. Erzähle den Leuten vom Werksdienst, dass es in der Natur ja vielfältige interessante Geräusche gibt, zum Beispiel das Schnauben von Wasserbüffeln an einem Flussufer, das Grunzen von Warzenschweinen, die an einem Gestrüpp reiben, Weiterlesen

Eine Armee für den Frieden!

Eine Armee für den Frieden!

Finden Sie auch, dass es zu viele unglückliche Menschen gibt in der Welt? Dann möchte ich Ihnen dazu gerne eine Geschichte erzählen.In London lebte im vorletzten Jahrhundert ein Mann, der hatte eine besondere Eigenschaft. Er konnte es nicht ertragen, Menschen im Elend zu sehen. Das wäre vielleicht nicht der Rede wert, denn das behaupten auch heute noch viele Menschen von sich. Aber dieser Mann hatte noch eine zweite Eigenschaft. Er hat alles getan, was er konnte, um das Elend der ärmsten Menschen zu lindern. Er hat zusammen mit seinen Freunden und späteren Mitkämpfern Hunderttausenden geholfen, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Weiterlesen