Die Karre, der Dreck und ich

Als ich die Karre in den Dreck steuerte, sagte ich: „Jetzt ist sowieso nichts mehr zu machen.“ Ich wartete ab, was nun passieren würde. Als ich die Karre in den Dreck gefahren hatte, sagte ich: „Jetzt ist sowieso nichts mehr zu machen.“ Ich wartete ab, was nun passieren würde. Als die Karre mit mir im Dreck versank, sagte ich: „Jetzt ist sowieso nichts mehr zu machen.“ Ich wartete ab, was nun passieren würde. Als die Karre mit mir im Dreck verschwunden war, wusste ich, was ich schon immer gewusst hatte.

Ziele

Ziele bestehen darin, dass wir darum kämpfen, etwas zu erreichen. Wir mögen aber den Kampf oft nicht; wir mögen den Sieg. So möchten wir siegen, ohne zu kämpfen. Wir mögen aber im Rückblick auch nicht einen Sieg, ohne gekämpft zu haben; ein solcher Sieg gilt uns nichts. Manchmal wollen wir für ein Ziel wenig leisten, doch viel geleistet haben.

Ohne Ziele kann kein Mensch leben. Wer kein Ziel hat, verfällt.

Der Karteischrank

Ich hatte früher in meinem Büro einen Karteischrank mit vielen Schubladen. Als ich meinen Karteischrank kennenlernte, dachte ich zuerst, etwas an ihm sei kaputt: Es war nicht möglich, zwei seiner Schubladen gleichzeitig zu öffnen. War eine Lade herausgezogen, so waren alle anderen verschlossen. Sie ließen sich rütteln, aber öffnen ließen sie sich nicht. So lange, bis die Schublade zurückgeschoben hatte; dann konnte ich eine andere Lade herausziehen.

Wenn ich Menschen begegne, die sich mit vielen Problemen gleichzeitig beschäftigen, mit so vielen Problemen, dass sie sich davon überfordert fühlen, dann bitte ich sie manchmal, sich einen Karteischrank vorzustellen. Ich bitte sie, die oberste Schublade zu öffnen, das erste Problem hineinzulegen, sich den Inhalt noch einmal anzuschauen, die Lade mit einem Etikett zu versehen und sie wieder zu verschließen. Ebenso bitte ich sie mit den weiteren Problemen und den übrigen Schubladen umzugehen. Ich sage ihnen: „Sie können den Schrank nun geschlossen halten und werden ihre Probleme, wenn sie sie geordnet angehen wollen darin wiederfinden. Sie werden aber nicht alle Schubladen gleichzeitig öffnen können, sondern nur eine auf einmal. Sollten Sie mehrere Probleme gleichzeitig behandeln wollen, müssen Sie den Inhalt einer Schublade für eine kurze Zeit herausnehmen und ihn später wieder hineinlegen. In den meisten Fällen bewährt es sich aber, die Dinge in den Schubladen zu lassen, in die sie hineingehören. So haben Sie Ordnung und können sich auch den Dingen zuwenden, die Ihnen mehr Spaß machen und Ihnen Kraft geben.“

Schlüssel

Schlüssel und Schloss

Aus aktuellem Anlass eine Geschichte zum Wiedererlernen von Worten und Fähigkeiten nach Ausfällen des Sprachzentrums (Aphasie), zum Beispiel durch einen Schlaganfall. Die Geschichte könnte auch nützlich sein, um einen fortschreitenden Gedächtnisverlust bei Demenz zu bremsen, sowie für ein Gedächtnistraining zu Beginn der Vorbereitung für eine Prüfung.

War es ein Traum? War es Wirklichkeit? Ich schritt durch das Gebäude. Zu meiner Rechten und zu meiner Linken befanden sich viele Türen. Ich drückte die Klinken, doch kaum eine Tür öffnete sich. Die Räume, und all die Dinge in ihnen, waren mir verschlossen. Ich setzte mich hin und weinte. „Warum weinst du?“, fragte mich einer. Ich deutete auf die verschlossenen Türen. „Weißt du denn nicht…“, sagte er, und wies auf die Taschen meines Mantels. „Du hast doch die Schlüssel!“ Ich griff in die Taschen, und zog – tatsächlich – zwei große Ringe mit Schlüsseln hervor, hunderte und nochmals hunderte von verschieden geformten, großen und kleinen Schlüsseln. Woher sollte ich wissen, welcher der vielen Schlüssel zu welchem der vielen Räume passte? „Probiere alle aus!“, sagte mir mein Ermutiger. „Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Du hast alle Zeit der Welt. Probiere alle Türen, und probiere alle Schlüssel. Nach und nach öffnest du immer mehr Türen. Mach immer weiter! Gib niemals auf! Eines Tages öffnen sich vor dir, vor deinen Augen, alle Türen, bis auf die letzte!“

Wie man die Therapie verkürzen kann III

Wenn wir auf die auslösenden Probleme gestoßen sind, können wir daran arbeiten, den Umgang mit den Erinnerungen, den Umgang mit der Zukunftserwartung oder die Relation zwischen beiden neu zu definieren:

Wir können Gründe für ein merkwürdiges Verhalten finden, die in der Vergangenheit einen guten Sinn ergeben haben, können Kriterien dafür finden, wann sie nützen und wann nicht, und können definieren, woran der Klient sich darüber versichern kann, ob er die Symptome mit ihren früher guten Gründen gerade braucht oder nicht.

Wir können üben, „damals“ und „heute“ genau zu unterscheiden, und lernen zu erkennen, wann eine Verwechslung der Zeiten stattfindet.

Wir können die Vergangenheit neu interpunktieren, indem wir die Erinnerungen (die in einem wechselvollen Lebensweg etwas von einer sehr verzerrten Sinuskurve haben mögen) nicht mehr von einem Tiefpunkt zum nächsten Tiefpunkt erzählen, sondern von einem Hochpunkt zum nächsten. Weiterlesen

Wie man die Therapie verkürzen kann II

Jetzt kommt die Fortsetzung von gestern. So habe ich also mit den Klienten Sätze und Themen gefunden, die er stockend, gedämpft, brüchig, tränenhaltig ausspricht. Ich thematisiere das nicht unbedingt, ich frage aber nach diesen Inhalten.

Dann kann ich die Klienten bitten, diese Sätze noch einmal zu sagen und dabei entspannt zu atmen, ihren Körper zu fühlen und fließend zu sprechen – so dass ein entspannter, symptomfreier Zustand mit den Erinnerungen geankert wird. Die Methode ähnelt der „Systematischen Desensibilisierung“ bei Phobien, aus der Verhaltenstherapie. Wenn die Klienten den Satz immer gelöster aussprechen, gebe ich ihnen den Rest der Arbeit als Hausaufgabe vor dem Spiegel oder unterwegs mit auf den Weg.

Wir können Gegensätze formulieren, Affirmationen, die sie sich als „Medikament“ für die Seele Weiterlesen

Wer leben will

In der Klinik, in der ich arbeite, treffe ich Patienten, die hoffen, zu sterben, obwohl sie relativ gesund sind. Oder sie hoffen, von einer Operation nicht mehr aufzuwachen, oder sie bitten mich, sie zu töten.

Ich treffe andere Patienten, die versuchen mit aller Kraft, zu überleben, obwohl dies nach ärztlichem Ermessen ausgeschlossen scheint. Oder sie versuchen, ihr Leben noch ein wenig zu verlängern, obwohl sie unter Schmerzen leiden und keine Aussicht auf Verbesserung haben.

Immer wieder treffe ich todunglückliche Fastgesunde und lebensvolle Baldsterbende. Der Unterschied ist der: Die aus der ersten Gruppe haben niemanden, der sich um sie kümmert. Die aus der zweiten Kategorie haben Partner, Kinder, Enkel und Freunde, die sich liebevoll um sie kümmern.

Wer leben will, will für jemanden leben.

Die Zitterspinne (I)

Hast du ein fettes Problem? Oder kennst du jemanden, der eines hat? Dann hör mir zu:

Am Sonntag habe ich sie gesehen, in meiner Wohnung, unter dem Waschbecken: Eine Zitterspinne. Das sind diese ganz winzigen, langbeinigen Spinnen, die ungefähr so aussehen wie Weberknechte. Diese Zitterspinne wickelte gerade eine Hauswinkelspinne in ihre Fäden einwickelte. Das sind die großen, fetten, haarigen Spinnen, vor denen sich viele Menschen, vor allem Frauen, gruseln. Vorgestern sah ich nun, wie diese kleine Spinne auf der Großen saß und sich von ihr ernährte. Wie schafft es eine solch winzigkleine, schwache Spinne, eine derart große, schnelle Spinne zu töten?

Sie hält sich in sicherer Entfernung und bewirft sie mit ihren Fäden. Immer mehr Fäden wirft sie auf die große Spinne, und während diese versucht, sich zu befreien, verstrickt sie sich immer tiefer darin. Erst wenn die große Spinne sich nicht mehr bewegen kann, geht die kleine Spinne zu ihr hin und macht sich über sie her.

Hast du ein fettes Problem? Mach’s wie die Zitterspinne.