Das Hörbuch: Der Grashalm in der Wüste

Das Hörbuch: Der Grashalm in der Wüste

Eigentlich wollten wir das Hörbuch vom „Grashalm in der Wüste“ ja schon im Dezember herausbringen. Aber erst kamen Krankheitszeiten, dann Produktionsschwierigkeiten und immer wieder Verzögerungen, weil die alltägliche Arbeit ja auch weiter laufen muss. Im vergangenen Monat war es dann doch soweit: Wir konnten beginnen, die besten „Taggeschichten“ aus dem Grashalm-Buch hörbar unters Volk zu bringen. Wir, das sind zum einen der Gitarrist Jan Masuhr aus Seligenstadt, der die Musik komponiert, eingespielt und abgemischt hat, zum anderen der Sprechkünstler Oscar Mürell, der die Rahmengeschichte vorträgt und schließlich ich als Textschreiber und Leser der vielen Einzelgeschichten, von denen einige ja auch in diesem Blog zu finden sind.

„Für ein Debüt ziemlich gut“, meinte unser Verleger Andreas Schmid, als er das Werk zum ersten Mal hörte. In gewisser Weise geht es uns ähnlich: Bei allem Stolz bleibt der Ehrgeiz, uns für die nächste CD im kommenden Jahr noch zu steigern.

Die CD hat eine Spielzeit von 77 Minuten, kostet 12,00 € und ist auf dem kürzesten Weg beim Autor erhältlich.

Sozialgeräusche

Diese Kollegin fragte also, „Gib mir mal eine Geschichte für Leute vom Werksdienst, die genervt sind von Besuchern, die sie beleidigen und beschimpfen, nur weil sie nicht in die gesperrten Bereiche gelassen werden.“ Ich war gerade im Schuhgeschäft, als sie anrief, und ich sagte: „Ich ruf dich gleich zurück…“ Als ich meine Schuhe gekauft hatte, erklärte die Kollegin: „Ich weiß schon, was ich ihnen sage. Ich erzähle ihnen ‚Was man hört‘ (Stefan Hammel, Der Grashalm in der Wüste, S. 29).“ Ich sagte: „Das ist gut. Ich schlage dir noch Folgendes vor. Erzähle den Leuten vom Werksdienst, dass es in der Natur ja vielfältige interessante Geräusche gibt, zum Beispiel das Schnauben von Wasserbüffeln an einem Flussufer, das Grunzen von Warzenschweinen, die an einem Gestrüpp reiben, Weiterlesen

Das rollende Klavier

Meine Schwester hat mir was erzählt. Über einen Mann, den sie kennt.

Seit vielen Jahren arbeitete er als Pianist. Unzählige Auftritte hatte er erlebt. Und meine Schwester hat ihn gefragt, was denn das unangenehmste Erlebnis auf seinen Konzertreisen gewesen sei? „Einmal“, so erzählte er, „habe ich während eines Konzertes bemerkt, dass das Klavier, auf dem ich spielte, nicht richtig befestigt war. Vielleicht war auch der Boden des Konzertsaals nicht eben. Während ich spielte, begann nun das Instrument, allmählich von mir fortzurollen. Ich rutschte mit meinem Klavierstuhl hinterher, doch es rollte weiter. Ich rutschte, es rollte. Und so ging es immer weiter, während des ganzen Stücks. – Die meisten Instrumente haben eine Bremse, und die muss festgestellt werden. Wenn nicht, dann gnade dir Gott.“

(Hammel, Der Grashalm in der Wüste, S. 65)

Das Mülleimermonster

Das Mülleimermonster

„Das ist ein Mülleimer“, erklärte Luise, als sie mir zum Geburtstag ein Pappmachée-Monster mit dem weit aufgerissenen Maul überreichte. Fred, das Mülleimermonster, saß von da an in meinem Beratungszimmer und wartete auf Nahrung. Anfangs begnügte er sich mit Büroabfällen. Genährt vom geistigen Abfall vieler Gespräche, fand er aber Geschmack an all den Dingen, die die Klienten nicht brauchen und darum im Beratungsraum zurücklassen wollen. Ich gewöhnte mir an, Fred und die Klienten einander vorzustellen. Im Laufe der Zeit fraß das Monster meine manchmal missglückten Worte und viele bedrückte Gedanken von Klienten. Er fraß belastende Erinnerungen und ungeliebte Angewohnheiten. Eine Klientin schickte ihre depressiven Gedanken noch von zuhause aus zu Fred. Am Ende fraß Fred auch auf, was mich belastete. Manchmal saß er nachts an meinem Bett und durfte alle unerwünschten Träume zu sich nehmen.