Mit Dampfmaschinen gegen Ohrenschmerzen

Meine geschätzte Kollegin Katharina Lamprecht hat mir neulich folgende Geschichte erzählt, die sie mit ihrer Tochter erlebt hat… ich bat sie, mir die Geschichte einmal aufzuschreiben, und sie hat mir den Gefallen getan. Eine Version mit einigen zusätzlichen Details findet sich übrigens in ihrem Blog Zeilenglück

„Als meine Tochter sich mit 17 Jahren die Mandeln entfernen lassen musste, haben uns im Vorfeld alle gewarnt: Schmerzhaft, Gefahr von Nachblutungen, harte Zeiten kämen auf sie zu und die Schmerzmittel würden nur bedingt helfen. Am eifrigsten waren die behandelnden Ärzte, die ihr sogar voraussagten, an den Tagen 5 und 9 nach der Operation bekäme sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit heftige Ohrenschmerzen. Feste Nahrung könne sie frühestens nach 10 Tagen wieder zu sich nehmen.
Ich habe mit ihr vor und direkt nach der Operation, sowie an den darauffolgenden Tagen verschiedene Trancen gemacht, das Ohrenschmerzthema haben wir auf ihren Wunsch hin mit einer, der Feuerzangenbowle entlehnten, „Wat is eine Dampfmaschin, da stelle mer uns mal janz domm“ – Dampfmaschinengeschichte bearbeitet. Am Ende hatte sie keine Ohrenschmerzen, konnte die Schmerzmittel bereits am dritten Tag absetzen und noch im Krankenhaus einen Hamburger essen. Ob das nun alles mit meinen therapeutischen Künsten und ihrem ausgezeichneten Vorstellungsvermögen zusammenhängt, mag dahin gestellt sein. Die Ärzte hat es in jedem Fall überrascht und meine Tochter und mich hat es gefreut.“

Hier der Teil der Trance, der sich auf die Dampfmaschine bezieht:

Und ich möchte dir auch gern von einer Dampfmaschine erzählen.. eine Dampfmaschine, wo der Dampf zirkuliert, durch Röhren und Kanäle… durch Rohre… kleinen und große Tunnel… eustachsche und andere Röhren… Röhren, die Verbindungen haben, von der Ohrenseite zur Nasenseite…. von der Nasenseite zur Rachenseite… von der Ohrenseite zur Rachenseite und egal welche Seiten, überall gibt es Verbindungen und Abzweigungen und alle diese Röhrchen und Tunnel und Leitungen werden gut durchlüftet und durchflutet… genau richtig durchlüftet… die haben genau die richtige Weite… eine gute richtige Weite, damit die Luft gut zirkulieren kann.. wie in einer Dampfmaschine, wo der Dampf zirkuliert… und was ist Dampf schon anderes als Luft, nicht wahr… die Luft zirkuliert und hinein und hinausströmen kann, ganz leicht und ohne Hindernisse… einfach so… ganz leicht… der Weg ist frei, ganz frei.. wir machen den Weg frei… der Weg ist frei wie wenn ein Wind durch unseren Garten weht und die Blätter hinwegpustet, bläst…

Das Bergdorf

Es ist schon eine Tradition – mit meinen Autorenkollegen Martin Niedermann, Katharina Lamprecht und Adrian Hürzeler treffe ich mich an Ostern auf einer Hütte im Berner Oberland. Wir erzählen uns Geschichten, besprechen unsere Projekte miteinander und schmieden Pläne miteinander, die dann oft tatsächlich wirklichkeit werden – so wie das Buch vom fliegenden Krokodil im vergangenen Jahr oder wie das Therapeutischen Kartenset, das im Herbst erscheint (ebenfalls beim Reinhardt-Verlag unter dem Titel „Wie das Krokodil das Fliegen lernte). Die in vielen Stunden von Martin Niedermann und seinen Helfern wiederaufgebaute Hütte des Gleiswächters – von der vorher nur eine Ruine erhalten geblieben war – bot uns Unterkunft und mir Anlass, die Geschichte vom Bergdorf zu erzählen…


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Zum Internationalen Festival des Therapeutischen Erzählens im Oktober

Der nächste Frühbucher-Anmeldeschluss zum Festival ist am Donnerstag, 31. März. Bis dahin kosten die Tickets 300,00 Euro, danach 330,00 und später 360,00 Euro.

Hier einige Neuigkeiten zum  Festival des Therapeutischen Erzählens in Otterberg / Kaiserslautern am 14.-16.10.2016. Zwischenzeitlich sind neue Referenten, Workshops und Kulturbeiträge hinzugekommen. Das Wichtigste in wenigen Sätzen:

  • Aus Nantes konnten wir Thierry Servillat, einen sehr profilierten Psychiater und Erickson’schen Therapeuten aus der Provence, (http://www.hypnose-clinique.com/formateurs/thierry_servillat.php) als Referenten gewinnen, mit dem Thema: „Geschichten vom Wachsen. Eine ericksonsche Vorgehensweise“.
  • Aus Bonn wird die Therapeutin und Simultanübersetzerin Gisela Dreyer mit einem Workshop zu „Sprache und Grenzerfahrung“ dabei sein.
  • AlexandraSpitzbarth, Fachärztin für Allgemeinmedizin aus Würzburg, hält einen Workshop „Der innere Heiler – Selbstheilungskräfte aktivieren und nutzen“.
  • Martin Niedermann hält einen Workshop dazu, wie man therapeutische Lieder spontan erfinden und vortragen kann, wie er es zum Beispiel für seine autistischen Jugendlichen tut.
  • Ulrich Freund trägt u.A. einen Workshop „Leben wollen – sterben können“.
  • Ich halte u.A. eine Lesung aus dem neuen Buch „Alles neu gerahmt. Die Galerie der Krankheitsbilder. Psychische Symptome in ungewöhnlicher Perspektive.“ (Reinhardt, Sept. 2016)
  • Am Freitag werden Consuelo Casula aus Italien, Ulrich Freund aus Deutschland, Charlotte Wirl aus Österreich und Christine Guilloux aus Frankreich die Eröffnungsvorträge halten. Marie-Jeanne Bremer (Luxembourg) und ich übernehmen die Moderation.

Auch das Rahmenprogramm steht schon: Am Freitagabend vor dem Abendessen stellen die Referentinnen und Referenten sich und ihre Workshops in 3-Minuten-Statements vor. Im Anschluss an die Workshops am Freitag gibt es ein Kulturprogramm mit drei bzw. vier Beiträgen:

  • Ulrich Freund gestaltet einen Beitrag mit Poesie und Augenzwinkern,
  • Thomas Eberle gibt ein Klangschalenkonzert,
  • Martin Niedermann und Adrian Hürzeler aus der Schweiz präsentieren ein Marionetten-Improtheater,
  • und natürlich gibt es wieder ein schönes Abendessen.

Am Sonntagmittag schließlich gibt es ein Konzert mit Liedern in schweizer Mundart, vorgetragen von Martin Niedermann. Bei einem informellen Treffen konnten wir seine Lieder vom Gestiefelten Kater hören…: https://www.facebook.com/lamprecht.mentalpotential.hp.psychotherapie/videos/1950878565138262/

Das Festival ist ein Gemeinschaftsprojekt des Milton-Erickson-Instituts Luxembourg (IMHEL, Marie-Jeanne Bremer) und des Instituts für Hypno-Systemische Beratung in Kaiserslautern (hsb, Stefan Hammel) und ist von der zuständigen Ärztekammer zertifiziert.

Weitere Infos und Anmeldeunterlagen findet ihr auf www.stefanhammel.de oder über festival@hsb-westpfalz.de. Einen vorläufigen, noch unverbindlichen Ablaufsplan findet ihr unter Punkt 4 auf der Seite: http://eepurl.com/bOsohr

 

Radiointerview zum „Stühlespiel“

Heute abend, am 23. März, um kurz nach 19.00 Uhr gestaltet Wolfgang Grün von Radio Dreyeckland ein Interview mit mir zum Therapeutischen Modellieren, auch bekannt als „Stühlespiel“. Anlass für das Gespräch ist das Erscheinen des Buches „Das Stühlespiel“ beim Klett-Verlag im Vergangenen Jahr. Wer Lust hat, das Interview zu hören, findet es (außer im Radio) als Livestream unter auf der Seite von Radio Dreyeckland. Wer es zu dieser Zeit nicht hören kann, findet es in den nächsten Tagen auf der Webseite des Senders bzw. später in deren Archiv.

Viel Spaß allen Mithörern!

Hypnosystemische Therapie und Therapeutische Hypnose

In wenigen Tagen, genauer gesagt, am Freitag mittag um 14.00 Uhr, beginnt in Kaiserslautern der „Hypnose-Teil“ der Ausbildung in Hypno-Systemischer Therapie, Vermittelt wird Therapeutische Hypnose im Sinne der Arbeit Milton Ericksons. Gezeigt und eingeübt werden Tranceinduktionen, das Erkennen, Aufbauen und Nutzen von Rapport, das Arbeiten mit direkter und indirekter Suggestion, die Utilisation der Muster des Klienten und – neben aller Methodik geht es um Ethik und um ein wissenschaftskompatibles Verständis von Hypnose. Hier sind einige Rückmeldungen früherer Teilnehmer – und ein paar Gedanken von mir selbst zu der Ausbildung. Ich wünsche euch viel Spaß beim Anschauen!


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Neues zum Festival

Ulrich Freund, der dafür bekannt ist, klassische (und manchmal weniger klassische) Märchen in der Therapie einzusetzen, hat seine Teilnahme als Referent am Internationalen Festival des Therapeutischen Erzählens bekanntgegeben. In seinem Vortrag „Wirkfaktor Grimm – wie wirken Märchen?“ wird er die Ergebnisse der Märchenforschung mit denen der Therapieforschung vergleichen, Gemeinsamkeiten herausarbeiten und Impulse dazu geben, was das für menschliche Entwicklungs- und Veränderungsprozesse bedeutet. Außerdem wird er einen Workshop zu „Angst, Furcht und Angstbewältigung“ halten.

Die Ärztekammer hat das Festival inzwischen für Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten zertifiziert.

Hier nochmal der Hinweis: Der Frühbuchertarif von 240 statt 360 Euro gilt noch bis zum 15. Oktober. Danach kostet das Festival für die nächsten 2 1/2 Monate 270 Euro.

Das Stühlespiel

Seit einigen Wochen ist nun „Das Stühlespiel“ auf dem Büchermarkt. Ich mag das Buch gerne. Es ist ein radikales Buch. Es zeigt, wie eine schnelle, sanfte, sichere und nachhaltige Therapie funktionieren kann, die auch dann wirkt, wenn die Lage hoffnungslos und verfahren scheint, wenn die Symptome seit langer Zeit bestehen und wenn zunächst weder der Therapeut verstehen, wie das Problem entstanden ist. Diese Arbeit – oder eben dieses Spiel – kann auch mit Paaren, mit Familien, mit Teams oder in der Selbsttherapie eingesetzt werden. Auf den ersten Blick halten es viele für eine Teile- oder Aufstellungsarbeit, aber es geht nicht um „Teile“, sondern um personifizierte Lebensmöglichkeiten. Ich würde das Verfahren als eine wache Form von Hypnose beschreiben. Das „Stühlebuch“ zeigt, wie wir einschränkende Lebensoption  aus uns hinaussetzen und chancenreiche Lebensoption  in uns hereinholen und mit uns identifizieren können, so dass wir belastendes Leben, das wir für ein Teil von uns hielten, hinter uns lassen und befreites Leben, das wir gar nicht für möglich hielten, zu unserem Ich werden lassen. Das Buch „Das Stühlespiel“ veranschaulicht das therapeutische Vorgehen, seine Hintergründe und Variationsmöglichkeiten anhand von Fallbeispielen, mit lebendigen Dialogen und vielen Illustrationen.

Der Kreuz-Verlag, bei dem das Buch erschienen ist, schreibt: „Stefan Hammel stellt das ‚Stühlespiel‘, eine neue, radikal wirksame psychotherapeutische Methode, vor, die man jedoch ebenso im Selbstcoaching anwenden kann. Mithilfe von Stühlen, die sinnbildlich für unsere verschiedenen Lebensmöglichkeiten stehen, lassen sich Belastungen wie Grübeln, Misstrauen oder Trauer besser erkennen. Eigene Stärken können dadurch gefestigt und neue Ziele wieder in Angriff genommen werden“

Wer Lust hat, das Buch und die darin beschriebene therapeutische Methode kennenzulernen – die bibliographischen Daten sind:

Stefan Hammel (2015): Das Stühlespiel. Eine neue, radikal wirksame psychotherapeutische Methode. Freiburg, Kreuz.

206 Seiten, 24,99 Euro in Deutschland, ISBN 978-3-451-61259-6

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Die Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“ auf 16 DVDs

31489_0Die 12tägige Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“ beim Institut für Hypnosystemische Beratung in Kaiserslautern ist im Frühjahr von Auditorium Netzwerk gefilmt worden. Die Seminare sind dort jetzt einzeln oder als Komplett-Set erhältlich. Die Seminare kosten einzeln (je 4 DVDs) 57 €, alle vier Seminare zusammen (16 DVDs, 50 Stunden Dokumentation) gibt es zum Vorteilspreis für 182 € zuzüglich Porto.

Die DVDs können bei Auditorium Netzwerk oder bei mir erworben werden. Die Videodokumentation der Seminarreihe wird von Auditorium so angekündigt:

„Therapeutisches Erzählen ist ein zentraler Bestandteil von Hypnotherapie, Systemtherapie und vielen anderen Beratungsformen. Der Einsatz von Metaphern- und Beispielgeschichten ist aus dem alten Orient bekannt und ist bis heute eine der effektivsten Weisen, die Beratung und Therapie zu gestalten. Die Geschichten werden vom Berater erzählt oder vom Klienten eingebracht und vom Berater neu gedeutet, oder sie werden von den Gesprächspartnern gemeinsam entwickelt. Nur, wie entdecke ich eine nützliche Geschichte und wie erzähle ich sie? Die Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“ von Stefan Hammel vermittelt Techniken und Haltungen, um individuelle Geschichten für Beratung und Therapie spontan zu entwickeln und sie therapeutisch wirksam zu erzählen.
Die Reihe besteht aus vier dreitägigen Seminaren.

In Seminar 1 lernen Sie, wie man…
• therapeutische Geschichten für Klientinnen und Klienten findet
• jederzeit Beispielgeschichten für einzigartige Lebenssituationen erfindet
• Erzählungen therapeutisch wirksam formuliert und ins Gespräch einbettet
• Problemmetaphern von Klienten in Lösungsmetaphern umwandelt, die sie unwillkürlich in ihre Wirklichkeit reintegrieren
• Mit dem Klienten innere Trickfilme gestaltet, die sein Problemerleben radikal transformieren

In Seminar 2 lernen Sie, wie man…
• motivierende, warnende, Such- und Lernhaltungen aktivierende Geschichten aufbaut
• innere Filme gestaltet, die Ressourcen miteinander, mit dem Ich des Klienten und dem Problem verknüpfen
• innere Filme gestaltet, die Probleme voneinander, vom Ich des Klienten und von unguten Vermischungen mit Ressourcen trennt
• klassische Strukturen von Lösungsgeschichten so präsent haben, dass Sie aus allem eine Geschichte machen können
• die eigenen Lebensgeschichten des Klienten und des Therapeuten nutzt

In Seminar 3 lernen Sie, wie man…
• mit Seilen und Symbolen Landkarten gestaltet, die der Klient vom Problem- zum Lösungserleben verändern kann
• mit Landkarten Coaching, Paar- und Kindertherapie gestaltet
• imaginierte Landschaften zur Anamnese nutzt
• imaginierte Landschaften zur Therapie körperlicher, seelischer und sozialer Probleme nutzt
• Lebensgeschichten des Klienten neu erzählt

In Seminar 4 lernen Sie, wie man…
• Geschichtenerzählen und Hypnose kombiniert
• Landschaften und Landkarten nochmals ganz anders nutzt
• Beim Erzählen mit dem Körpergefühl und den Körperreaktionen des Klienten arbeitet
• Geschichtenerzählen und Therapeutisches Modellieren („Stühlespiel“) verknüpft
• veränderungswirksame Geschichten schreibt und verfeinert

Stefan Hammel, geb. 1967, ist systemischer Familientherapeut, Hypnotherapeut nach Milton Erickson und evangelischer Klinik- und Psychiatrieseelsorger. Er ist Leiter des Instituts für Hypnosystemische Beratung in Kaiserslautern und leitet Seminare zu therapeutischem Erzählen, Utilisation, Arbeit mit Implikationen, Erickson’scher Therapie und Hypnosystemischer Beratung.

Ausbildung im Rahmen einer vier mal dreitägigen Seminarreihe im Frühjahrl 2015 in Kaiserslautern, ca. 50 Std. auf 16 DVDs.“

Ich würde mich freuen, wenn ihr die Filme an interessierte Kollegen weiterempfehlt oder natürlich, wenn ihr sie selbst kauft, anschaut und mir eine Rückmeldung dazu gebt!

Die Depression austreiben.

Gestern hatte ich einen NATO-Soldaten in Therapie, der bei Kämpfen in Afghanistan traumatisiert wurde. Ich merkte, dass er kaum über das reden konnte, was er erlebt hatte. Sein Denken erstarrte jedesmal, wenn er versuchte, davon zu sprechen. Also fragte ihn  nicht, was ihm passiert war. Ich zeigte ihm verschiedene Stühle und gab jedem Stuhl eine unterschiedliche Bedeutung. Ich setzte alle belasteten und traumatisierten Lebenserfahrungen als Personen aus ihm heraus, auf unterschiedliche Sitzplätze. Ich ließ ihn herausfinden, wie es sich anfühlt, wenn sie draußen sitzen, anstatt in ihm zu sein. Dann bat ich gute Lebensmöglichkeiten, auf anderen Stühlen Platz zu nehmen. Ich ließ ihn ausprobieren, auf welchem Stuhl er sich am wohlsten fühlte und bat sein Unbewusstes, diesen Zustand mit nach Hause zu nehmen. Am Ende der Therapie sagte er: „Endlich jemand, der für mich da ist. Die anderen Therapeuten wollen jedesmal zuerst, dass ich alles erzähle, was mir passiert ist…“

„Therapeutisches Modellieren“ nenne ich das. Es erinnert mich an eine Geschichte, die ich von meiner Schwester Birgit erfahren habe. Ein Ruander sprach mit einem westlichen Autor, Andrew Solomon, über seine Erfahrung mit westlicher Psycholotherapie und Depression. Er sagte:

„Wir hatten viele Probleme mit westlichen Psychotherapeuten, die gleich nach dem Genozid zu uns kamen. Wir mussten einige von ihnen bitten, zu gehen. Sie kamen her, und es gehörte nicht zu ihrer Therapie, draußen in der Sonne zu sein, wo man anfängt, sich besser zu fühlen. Sie hatten keine Musik und keine Trommeln, um dein Blut wieder in Bewegung zu bringen.Sie hatten kein Verständnis dafür, dass alle sich einen Tag frei genommen hatten, damit die ganze Gemeinschaft zusammenkommt, um dich aufzurichten und einandedich zur Freude zurückzubringen. Sie haben zur Kenntnis genommen, dass die Depression etwas ist, was von außen eindringt, was darum auch wieder ausgetrieben werden kann.

Stattdessen holten sie die Leute einzeln in diese schäbigen kleinen Zimmer, ließen sie für eine Stunde dort herumsitzen und redeten mit ihnen über schlimme Dinge, die ihnen passiert waren. Wir mussten einige von ihnen bitten, zu gehen.

(Aus: „The Moth“, Podcast: Notes on an Excorcism“) Den Originaltext auf Englisch findet ihr in meinem englischsprachigen Blog. Zum Verhältnis von Therapeutischem Modellieren und Exorzismus merkt Jean-Otto Domanski an:

„In einem hypnotherapeutischen Deutungsrahmen kann man Besessenheit als das Vorherrschen von leidvollen, unwillkürlichen Prozessen verstehen, und es ergeben sich frappierende Parallelen zwischen den Exorzismen Jesu und der Arbeit mit ungeliebten Seinsweisen von Stefan Hammel im therapeutischen Modellieren… Der Hauptunterschied… besteht neben dem Weltbild in der Form der Kommunikation: Jesus befiehlt autoritativ mit göttlicher Vollmacht, während im therapeutischen Modellieren eingeladen wird, die ungeliebten Seinsweisen auf einen anderen Stuhl zu setzen. Stefan Hammel tut dies jedoch so…, [dass die Klienten] sich dem kaum entziehen können. Insofern könnte man bei Hammel von einer milden Form des Exorzismus sprechen. Zugleich erscheinen die Exorzismen Jesu … als eine Form von autoritativer Hypnose…“

(Domanski, J.-O.: Worte, die wirken. Theorie und Praxis der Hypnotherapie nach Milton H. Erickson mit Blick auf Heilungsgeschichten und Gleichnisse des Neuen Testaments und die kirchliche Praxis. Studienarbeit, Berlin, Ev. Kirchengemeinde Tegel-Süd, 2014)

Eier, oder ist das wirklich so?

Am 20. Februar beginnt in Kaiserslautern die Ausbildung „Therapeutisches Erzählen“. Die vier Seminare der Reihe werden von dem Filmverlag Auditorium Netzwerk dokumentiert, so dass diejenigen, die Interesse haben, die Ausbildung zuhause verfolgen können oder Seminare, die sie gesehen haben, noch einmal im Detail auszuwerten. Ein Kollege und Ausbildungsteilnehmer hat die folgende Geschichte verfasst…

Es ist ein paar Jahre her, als wir Verwandte in Wien besuchten. Beim Frühstück beobachten wir, dass die Ehefrau, wie jeden Morgen, pflichtbewusst Eier kochte. Uns sagte sie im Vertrauen, dass sie Eier hasse, aber sie wisse ganz sicher, dass ihr Mann Eier für sein Leben gern esse.

„Ist das so?“ fragte ich. Wenn sie die Eier einmal vergesse, werde er ärgerlich. Sie erkenne es schon an seinem grimmigen Blick morgens, wenn er den Tisch mustere, ob ein Ei da sei.

„Ist das wirklich so?“ fragte ich. Schlimmer, denn er wünsche ein üppiges Frühstück mit Toast, Schinken, Käse, Obst, usw. Sie kenne sich mit den Wienern, wie ihr Mann einer sei, aus. Die seien so und könnten sich auch nicht ändern, das wisse man – außer natürlich die Deutschen, die hätten keine Ahnung. Gut, jetzt hatten wir es auch gelernt, wie es wirklich ist. Aber wir dürften ihm das nicht sagen, sonst gebe es Krach und sicher gehe die Ehe auseinander. Mir fiel auf, dass sie die Eier nicht mit einer Eieruhr kochte. Sie erklärte, sie habe das im Gefühl.

Der Ehemann erklärte uns im Vertrauen, dass er keine Eier möge und diese nur ihr zuliebe esse, denn er sehe, wie sie sich abmühe und wolle sie nicht enttäuschen. Auch das große Frühstück möge er nicht, es liege ihm im Magen, er wolle morgens einfach in Ruhe Kaffee trinken und die Zeitung lesen, so wie man es in Wien mache, nur die Deutschen wüssten nicht das man das so mache. „Auf diese Weise lieben sie ihre Frau?“ fragte ich und er antwortete, anders gehe es ja wohl auch nicht.

„Wirklich?“ sagte ich. Er sei sich sicher, dass es großen Streit gebe, wenn er ihr widerspreche. Man müsse „immer“ ihrer Meinung sein, denn sie könne ihre Wut nicht beherrschen, sie komme aus der Steiermark, da seien die Leute „immer“ unbeherrscht. Wegen der harten Eier und um dem Streit mit ihr aus dem Wege zu gehen, habe er sich einen Hund angeschafft, mit dem er rausgehe.

Irgendwie erinnerte ich mich an Loriots Szenen einer Ehe. Auch uns hatte die Frau harte Eier serviert, und sie wusste, dass wir undankbar seien (so sind die Deutschen eben). Warum mir der Satz aus dem Märchen einfällt „… und wenn sie nicht gestorben sind …“ kochen sie immer noch Eier und essen diese … ?

Peter, Sybille und Carlotta Stimpfle, Eichstätt 2015