Schlüssel

Schlüssel und Schloss

Aus aktuellem Anlass eine Geschichte zum Wiedererlernen von Worten und Fähigkeiten nach Ausfällen des Sprachzentrums (Aphasie), zum Beispiel durch einen Schlaganfall. Die Geschichte könnte auch nützlich sein, um einen fortschreitenden Gedächtnisverlust bei Demenz zu bremsen, sowie für ein Gedächtnistraining zu Beginn der Vorbereitung für eine Prüfung.

War es ein Traum? War es Wirklichkeit? Ich schritt durch das Gebäude. Zu meiner Rechten und zu meiner Linken befanden sich viele Türen. Ich drückte die Klinken, doch kaum eine Tür öffnete sich. Die Räume, und all die Dinge in ihnen, waren mir verschlossen. Ich setzte mich hin und weinte. „Warum weinst du?“, fragte mich einer. Ich deutete auf die verschlossenen Türen. „Weißt du denn nicht…“, sagte er, und wies auf die Taschen meines Mantels. „Du hast doch die Schlüssel!“ Ich griff in die Taschen, und zog – tatsächlich – zwei große Ringe mit Schlüsseln hervor, hunderte und nochmals hunderte von verschieden geformten, großen und kleinen Schlüsseln. Woher sollte ich wissen, welcher der vielen Schlüssel zu welchem der vielen Räume passte? „Probiere alle aus!“, sagte mir mein Ermutiger. „Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Du hast alle Zeit der Welt. Probiere alle Türen, und probiere alle Schlüssel. Nach und nach öffnest du immer mehr Türen. Mach immer weiter! Gib niemals auf! Eines Tages öffnen sich vor dir, vor deinen Augen, alle Türen, bis auf die letzte!“

Webtipp: Heuschnupfentherapie per Radio

Autoradio

Im Mai habe ich einen Spaziergang gemacht mit einem befreundeten Arzt, der mir manchmal Patienten schickt wegen Heuschnupfen, und mit einem Bekannten, dessen Heuschnupfen ich auflösen geholfen habe. Ich habe geschnieft und geschnupft… Gerade ich! Wie sage ich’s den beiden? „Hat jemand von euch beiden ein Taschentuch?“, fragte ich schließlich. „Das Dumme ist nämlich: Anderen hab ich gezeigt, wie sie die Allergie ganz loswerden, und bei mir ist ein Rest geblieben…“ „Dann geh doch zu jemand anderem, der dich hypnotisiert“, meinte der Arzt. „Ich kenne niemanden, der das sonst macht“, erwiderte ich. Was tun?

In Kalifornien gibt es ein Internetradio für Hypnosesendungen. Schräge Sache: Die hypnotisieren die Leute am Computer. Ich habe mir die Radio-Hypnose zum Thema Allergien angehört. Weiterlesen

Wer leben will

In der Klinik, in der ich arbeite, treffe ich Patienten, die hoffen, zu sterben, obwohl sie relativ gesund sind. Oder sie hoffen, von einer Operation nicht mehr aufzuwachen, oder sie bitten mich, sie zu töten.

Ich treffe andere Patienten, die versuchen mit aller Kraft, zu überleben, obwohl dies nach ärztlichem Ermessen ausgeschlossen scheint. Oder sie versuchen, ihr Leben noch ein wenig zu verlängern, obwohl sie unter Schmerzen leiden und keine Aussicht auf Verbesserung haben.

Immer wieder treffe ich todunglückliche Fastgesunde und lebensvolle Baldsterbende. Der Unterschied ist der: Die aus der ersten Gruppe haben niemanden, der sich um sie kümmert. Die aus der zweiten Kategorie haben Partner, Kinder, Enkel und Freunde, die sich liebevoll um sie kümmern.

Wer leben will, will für jemanden leben.

Der beschnittene Baum

Heute habe ich im Krankenhaus einen Mann aus Russland getroffen. Man hat ihm operativ den Kehlkopf entfernt. Sein Sohn hat ihm ein Bild gemalt von einem Apfelbaum mit roten Früchten. Auf dem Bild stand in großen Buchstaben zu lesen: „Der Baum wurde beschnitten. Jetzt trägt er viele gute Früchte. Lieber Vater, Ihre Stimme war uns wichtig. Aber Sie selbst sind uns sehr viel wichtiger!“

Kontinenz und andere Gesundheiten

In der Klinik habe ich vorhin ein Schild gesehen, das für eine Kontinenz-Selbsthilfegruppe warb. Die nennen sich nicht etwa Inkontinenz-Selbsthilfegruppe… Konsequenterweise heißt auch der übergreifende Verband „Deutsche Kontinenz-Gesellschaft“. Warum nicht „Inkontinenz“? Weiterlesen

Morbus Feivel

Habe ich nicht schon mal was zum Thema „Ansteckende Gesundheit“ geschrieben“? Doch, am 4. Mai war das. Hier ist noch was dazu. Eine Hypno-MP3 über ansteckende Gesundheit und Morbus Feivel gibt es übrigens auch, im Download-Bereich meiner Autorenseite. Aber jetzt erstmal die Geschichte von Schlemihl aus Chełm und von Feivel dem Arzt.

Die Stadt Chełm wurde zur Brutstätte einer seltsamen Epidemie. Das kam so. Angesichts der vielen und vielfältigen Erkrankungen in seiner Stadt bedachte Feivel der Arzt einmal, wie viel schneller und leichter es mit Blick auf die wenigen wirklich gesunden Bürger sein dürfte, anstatt zu untersuchen, welcher der Bürger an welcher Krankheit litte, vielmehr nur festzustellen, wer von einer Gesundheit befallen sei und – damit die Arbeit nicht unangemessen einfach würde – mit welcher Art von Gesundheit dieser Bürger befallen sei. Weiterlesen

Verguckt

Letzte Woche Samstagmittag: Ich bin durch die Fußgängerzone gelaufen und hab mich gewundert, dass ich so schlecht sehe. Woran hängt’s? Spätfolgen der Augenlaser-OP vom letzten Herbst? Normalerweise sehe ich 100%ig. Hat das Auge gerade beschlossen, irgendwelches abgestorbene Gewebe in Schlieren über das Gesichtsfeld laufen zu lassen? Ich fand keine Erklärung.

Abends auf der Autobahn: Ich schaute angestrengt nach vorne und probierte günstige Augenwinkel aus. Wo sind die Autos? Was ist hier eigentlich los? Mein freundliches Unbewusstes hat mir dann die Antwort gegeben. Ich war gerade 3 Tage auf einer Traumatagung gewesen, hatte meine Biographie aufgearbeitet, hatte mich danach ordentlich in jemanden „verguckt“, hatte wiederum diesem Ereignis nachgegrübelt und mir dabei eine kleine Konversionsstörung eingefangen. Das sind organisch unbegründete Körpersymptome, die etwas Seelisches ausdrücken – meistens sehr metaphorisch.

Sobald ich mich fragen konnte: „Was ist denn gerade so anstrengend anzugucken?“, war – schwupp! – die Sehstörung verschwunden. Sowas gibt’s. Und ist gar nicht so selten.

Ventile

Es gibt Ingenieure, die konstruieren Ventile. Sie konstruieren nichts als Ventile, den ganzen Tag. Nun könnte einer meinen: Das ist doch langweilig, sich so viel mit Ventilen zu beschäftigen. Aber es ist ein sehr interessantes Feld. Da gibt es Ventile für Luft und Ventile für Weiterlesen

Placebo IV

Dieses Jahr hatte ich eine seltsame Begegnung mit dem Placeboeffekt.

Seit Wochen hatte mir der linke Fuß weh getan. Weder war es schlimmer geworden, so dass ich dann doch mal zum Arzt gegangen wäre, noch war es weg gegangen. „Vielleicht mal neue Einlagen kaufen“, habe ich gedacht. Aber die Frage hat mich doch beschäftigt: „Was ist das? Wo kommt das her?“ Irgendwann – beim Warten während einer Nachmessung zur Tinnitus-Hypnotherapie – dachte ich: Wie kann ich das denn sinnvoll suggestiv beeinflussen, obwohl ich nicht weiß, was es ist?

Mir ist eingefallen, dass sich eine Venenentzündung sich vor zehn Jahren einmal ähnlich angefühlt hat. Damals hatte mir ein homöopathisches Präparat namens Lachesis geholfen. „Lieber Körper“, habe ich jetzt gesagt, „bitte prüfe doch einmal, ob dir Lachesis gut tut. Wenn ja, dann verhalte dich bitte wie bei Lachesis.“ Für eine Weile habe ich einen einen heftigen Schauder auf der Haut gespürt, den ich mir nur als Reaktion des Unbewussten erklären konnte. Über Nacht sind dann die Beschwerden verschwunden und nicht mehr wieder gekommen.

Ich fand’s beeindruckend.