Was ist Mehrebenenkommunikation?

Alles Mehrdeutige ist suggestiv: Bewusst reagieren kann der Hörer meist nur auf einer Ebene, die andere wird unbewusst mit angenommen (oder ggf. mit abgelehnt). Mehrere Ebenen gibt es immer beim Gebrauch von Symbolen, Metaphern, Geschichten, und ebenso beim Gebrauch kontextabhängiger Sätze. Bewusst wird verstanden und akzeptiert, was in den Kontext passt. Unbewusst wird eine ander Bedeutung mit angenommen, die in den Beratungskontext passt. In ein Mentaltraining für Gewichtheber könnte man zum Beispiel eine kleine Erzählung über Elefanten einfügen:

Elefanten sind nützlich. Sie sind stark und tragen selbst große Gewichte mit Leichtigkeit. Darum werden die Elefanten in Indien seit Jahrtausenden als Arbeitstiere geschätzt.

Analoges Markieren nennt man übrigens die Technik, solche zentrale Botschaften nonverbal hervorzuheben. Dies geschieht meist durch eine leichte Veränderung der Stimme, Tonhöhe, Sprechgeschwindigkeit, Sprechrichtung, durch eine Sprechpause oder ein optisch wahrnehmbares Signal.

Trancephänomene

Vor einigen Monaten habe ich im Wikipedia-Artikel „Hypnose“ die Einleitung zum Absatz „Trancephänomene“ geschrieben, die sich seither unverändert gehalten hat. Für methodisch Interessierte hier noch einmal der Text.

Im Verlauf einer Trance können unterschiedliche Phänomene auftreten. Klassische Trancephänomene sind Weiterlesen

Was ist Utilisation?

Utilisation nennt man meist die Nutzung der Problemstrukturen durch den Berater als Ressource für eine Lösung.

In der klassischen systemischen Beratung knüpfen Interventionen wie z.B. Rituale oft bei den Problemsymptomen an, fordern vorläufig „mehr desselben“ oder verändern diese und nutzen sie als Ressource. Milton Erickson, der Begründer der modernen Hypnotherapie nutzte die verhasste Zahnlücke einer Klientin, indem er die Frau anwies, sie als Wasserspritze zu nutzen, um am öffentlichen Trinkbrunnen einen Verehrer zu gewinnen. Trotz wird als Selbständigkeit gelobt und verschrieben. Ein wiederkehrender Streit wird mit verfremdenden Elementen – z.B. gelbe und rote Karte – zum Ritual erhoben. Weiterlesen

Aus Scheiße Rosen machen (Reframing)

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“, fragte Paul Watzlawick. Und wies damit darauf hin, dass Wirklichkeit von jedem Menschen anders konstruiert wird. Wer von Wirklichkeit spricht, muss hinzufügen, wessen Wirklichkeit er meint, und genauso genommen auch, zu welchem Zeitpunkt. Wirklichkeit wird immer wieder neu konstruiert, auch innerhalb ein und desselben Lebens. Milton Erickson, der Begründer der modernen Hypnotherapie sagte dazu einmal: „Wenn ich Ihnen viele Jahre des Irrtums ersparen könnte, dann würde ich Ihnen gerne sagen, dass jeder einzelne Mensch auf der Welt jede einzelne Sache auf der Welt unterschiedlich sieht.“

Den Umstand, dass es beliebig viele richtige Sichtweisen der Wirklichkeit zu geben scheint, macht sich die systemische und hypnotherapeutische Beratungsarbeit bei der Technik des Reframing zunutze. Reframing ist eine zentrale Technik in der Familientherapie und in der Hypnotherapie: Die gewohnte Wirklichkeit des Beratenen wird unter einem ungewohnten Aspekt betrachtet und dadurch neu gedeutet. „Aus Scheiße Rosen machen“, nannte das Virginia Satir, eine der Begründerinnen der Familientherapie.

Genau genommen werden hier zwei Schritte in einem gebündelt: Wirklichkeitsdekonstruktion und Wirklichkeitsrekonstruktion. Wer die Neudeutung der bisherigen Weltsicht etwas allmählicher in Gang bringen will, kann auch in diesen zwei Schritten vorgehen: Zunächst sät der Berater Ungewissheit darüber, wie zuverlässig die bisherige Deutung der Wirklichkeit ist, danach sucht er gemeinsam mit dem Beratenen alternative Deutungsmöglichkeiten. Diesen Zweischritt wählte Salvador Minuchin, ein anderer Mitbegründer der Familientherapie immer wieder: Erst an der alten Wirklichkeit rütteln, dann neue Wirklichkeiten vorschlagen.

Bei einem solchen zweischrittigen Vorgehen ist es möglich, sehr demokratisch verschiedene neue Wirklichkeitsdeutungen anzubieten und es den Beratenen zu überlassen, welche sie wählen möchten. „Wir sind Realitätenkellner“, meint Gunther Schmidt, der Erfinder des Begriffs der „hypnosystemischen“ Beratung.

Was ist Hypnotherapie nicht?

Über Hypnose und Hypnotherapie gibt es viele Legenden…

  • Hypnotische Trance ist kein abnormer Zustand, sondern vergleichbar der Verfassung, in der wir uns beim Lesen eines interessanten Buchs oder beim Betrachten eines Kinofilms befinden.
  • Hypnose ist auch kein willenloser Zustand, und der Hypnotiseur hat keine unumschränkte Macht über den Hypnotisanden. Der Hypnotiseur verstärkt Tendenzen, die im Hypnotisanden bereits angelegt sind.
  • Das Risiko, aus einer Hypnosesitzung nicht mehr aufzuwachen, besteht nicht. In sehr seltenen Fällen geht die Hypnose in einen Schlaf über, der mit dem normalen Erwachen endet.
  • Hypnotische Zustände werden oft nicht als solche wahrgenommen, da eine leichte Trance mit dem normalen „Tagträumen“ vergleichbar ist. Geistig-seelische Extremerlebnisse lassen sich in Trance zwar erzeugen, sind aber nicht die Regel und für die Therapiearbeit meist nicht relevant.
  • Hypnotische Zustände werden definitiv nicht durch einen hypnotischen Blick oder ein mystisches Persönlichkeitsmerkmal des Hypnotisierenden erzeugt.
  • Das weitgehende oder vollständige Vergessen der in Trance gehörten Inhalte ist eher die Ausnahme als die Regel.

Was ist ein Yes-Set?

Yes-Set ist eine Bezeichnung für eine suggestive Grundtechnik. Auf mehrere Konsensaussagen folgt eine deutende bzw. suggestive Aussage, die dann vom Zuhörer meist angenommen wird. Das heißt: Eine Reihe zunächst unbestreitbarer, dann zunehmend diskutierbarer (evtl. auch indiskutabler) Aussagen wird als Ganze angenommen, wenn der Zuhörer zunächst in eine Haltung von Zustimmung versetzt wird:

Das Wetter ist schön. Für morgen haben sie Gewitter angekündigt. Lass uns schwimmen gehen!

Natürlich gibt es auch ein No-Set:

„Jämmerlich schreit das Robbenbaby in der Kälte Labradors. Es hat Hunger, doch seine Mutter kommt nicht mehr. Sie wurde von skrupellosen Pelztierjägern erlegt. In Deutschland werden dieses Jahr wieder vermehrt Robbenpelze verkauft.“

Verguckt

Letzte Woche Samstagmittag: Ich bin durch die Fußgängerzone gelaufen und hab mich gewundert, dass ich so schlecht sehe. Woran hängt’s? Spätfolgen der Augenlaser-OP vom letzten Herbst? Normalerweise sehe ich 100%ig. Hat das Auge gerade beschlossen, irgendwelches abgestorbene Gewebe in Schlieren über das Gesichtsfeld laufen zu lassen? Ich fand keine Erklärung.

Abends auf der Autobahn: Ich schaute angestrengt nach vorne und probierte günstige Augenwinkel aus. Wo sind die Autos? Was ist hier eigentlich los? Mein freundliches Unbewusstes hat mir dann die Antwort gegeben. Ich war gerade 3 Tage auf einer Traumatagung gewesen, hatte meine Biographie aufgearbeitet, hatte mich danach ordentlich in jemanden „verguckt“, hatte wiederum diesem Ereignis nachgegrübelt und mir dabei eine kleine Konversionsstörung eingefangen. Das sind organisch unbegründete Körpersymptome, die etwas Seelisches ausdrücken – meistens sehr metaphorisch.

Sobald ich mich fragen konnte: „Was ist denn gerade so anstrengend anzugucken?“, war – schwupp! – die Sehstörung verschwunden. Sowas gibt’s. Und ist gar nicht so selten.

Wie finde ich eine passende Geschichte? (VI)

Was macht eigentlich eine therapeutische Geschichte aus?

Die Kunst des beratenden Erzählens besteht nicht darin, Geschichten zu finden, die an sich schon „therapeutisch“ wären, sondern darin, durch eine Art metaphorisches Träumen zu schon vorhandenen Geschichten die passende Situation zu finden und zu schon vorhandenen Situationen die passende Geschichte – und die Geschichten gegebenenfalls noch der Situation anzupassen. Weiterlesen

Der Archivar

Sucht ihr manchmal nach einem Namen, und er fällt euch nicht ein? Und dann tut ihr irgendetwas anderes und denkt gar nicht mehr daran, und plötzlich – Poff! – habt ihr den Namen! Ohne dass ihr gerade daran dachtet… Ist es nicht seltsam, dass man die Lösung beim Suchen nicht findet, nach dem Suchen aber wohl? Wie kann denn das sein? Es gibt nur eine Antwort… Weiterlesen

Was ist Rapport?

Rapport ist einer der Grundbegriffe in der Hypnotherapie. Rapport nennt man eine mentale Verschmelzung mit dem Erleben des Gegenübers. Im Alltag ist ein starker Rapport zwischen Menschen festzustellen anhand von gleichzeitigen Bewegungen, einem gleichzeitigen Atem- oder Gehrhythmus, gleichem Tonfall und Vokabular, regelmäßigem Nicken beim Zuhören und anderen nonverbalen Zeichen. Miteinander in Rapport kommen bedeutet, Weiterlesen