Das Problem vor der Karre der Lösung

Vom 1. – 3. Februar halte ich beim Institut für Systemische Arbeiten (isa) in Chemnitz ein hypnosystemisches Seminar zum Thema „Utilisation – Wie spanne ich das Problem vor die Karre der Lösung?“ Ich glaube, es sind dort noch Plätze frei. Wer Interesse hat und gerne Näheres erfahren möchte, wendet sich entweder an das Institut in Chemnitz oder direkt an mich. Die Kosten für das dreitägige Seminar liegen bei 280,00 € incl. MWS. Wir freuen über jede Rück- und Nachfrage! Hier folgt der Ausschreibungstext…

Utilisation ist die Kunst, ein Symptom, ein Körper- oder Charaktermerkmal des Klienten, oder ein anderes markantes Element der Problem- und Beratungssituation zu nutzen, um unwillkürlich und unwiderstehlich eine Lösung herbeizuführen.
Genutzt wird meist ein zentrales oder symbolträchtiges Element der Ausgangssituation, um das Weiter- bzw. Wieder-Auftreten des Problems unwahrscheinlich bis unmöglich zu machen.
Klassische systemische Utilisationstechniken sind Symptomverschreibungen, paradoxe Interventionen sowie manche Rituale und Hausaufgaben. Milton Erickson und andere Hypnotherapeuten haben weitere Techniken entwickelt, um durch Symptomverstärkung, Symptomverschiebung, paradoxe Logik, realistische und absurde Reframings, durch die Provokation von Reaktanz, das Erzeugen von Konfusion und Formen systematischer Desensibilisierung Merkmale des Problemsystems für das Erzeugen eines Lösungssystems nutzbar zu machen.
Das Seminar vermittelt diese Techniken anhand von vielen Beispielen, Demonstrationen und Übungen und macht sie im systemischen Beratungsalltag spontan verfügbar.

Seminarschwerpunkte:
– Psychische und physische Symptome für Lösungen gebrauchen
– Vorlieben und Eigenarten von Klienten für deren Ziele nutzen
– Aspekte der Beratungssituation für die Problemlösung nutzen
– Handlungen und Objekte als Lösungskatalysatoren einsetzen

Wertvolle Beratung: Vergebung

Nach einer Pause, bedingt durch meinen Umzug, melde ich mich wieder zurück. Und mache da weiter, wo ich aufgehört habe., bei Wertbegriffen, die für die Beratung und Therapie wichtig sind, obwohl es auf den ersten Blick gar nicht so scheinen mag. Vergebung ist ein altes Wort, das nicht mehr oft verwendet wird. Auch in der Therapie ist der Begriff eher in Vergessenheit geraten. Ich gebracuche den Begriff auch eher selten, weil er etwas groß und pathetisch klingen mag, und manchmal ist leichter, mit den Klienten viele kleine, vielleicht gar unscheinbare, Schritte aneinander zu reihen, bis man sich unversehens gemeinsam am Ziel findet.

Oftmals, so denke ich, geht es in der Therapie darum, zu lernen, das Recht auf Zorn und Groll, das Recht auf Wiedergutmachung, das Recht auf eine Entschuldigung oder Sühne loszulassen und darauf zu verzichten, Gerechtigkeit (wie jeder selber sie versteht, wieder einzufordern. Vergebung kann auch bedeuten, nicht in der Vergangenheit, die niemand ändern kann, zu kreisen und Forderungen zu stellen, die sich nur durch eine Zeitreise in frühere Tage einlösen ließen. Oftmals geht es gar nicht um die moralische Frage, dass es „gut“ sei, anderen zu vergeben. Oftmals ist das wichtigste an der Vergebung, einen selbstzerstörerischen Prozess zu beenden; denn derjenige, dem vergeben werden soll, hat möglicherweise mit der behaupteten Schuld gar kein Problem – oder ist womöglich selbst gar nicht mehr am Leben. Mit der Vergebung hat es aus therapeutischer Sicht aber die folgende Bewandnis: Weiterlesen

Handbuch des therapeutischen Erzählens

Gestern habe ich das erste Exemplar in der Hand gehabt: Das „Handbuch des therapeutischen Erzählens“, in dem auch viele der Geschichten aus diesem Blog enthalten sind, ist frisch erschienen. Mit fast 370 Seiten ist es umfangreicher geworden, als ursprünglich geplant. Wie die Lektorin nach getaner Arbeit zu mir sagte: „Der Titel beschreibt das Konzept genau; es ist wirklich ein ‚Handbuch‘.“ Das heißt, es fasst als Grundlagen- und Nachschlagewerk gleichzeitig umfassend und kompakt möglichst alles Wesentliche zum Thema zusammen. Die bibliographischen Angaben des Buches lauten:

Stefan Hammel: Handbuch des therapeutischen Erzählens. Geschichten und Metaphern in Psychotherapie, Kinder- und Familientherapie, Heilkunde, Coaching und Supervision. Klett-Cotta, Stuttgart 2009 (Reihe Leben Lernen).

Stefan Hammel: Handbuch des therapeutischen Erzählens

Das Handbuch enthält:

  • Über 230 kommentierte Geschichten
  • Psychotherapie, Kinder- & Familientherapie, Heilkunde, Coaching
  • Detaillierte Erklärung der Methodik des therapeutischen Erzählens
  • Register zu Symptomen, Problemen, therapeutischen Methoden
  • 367 Seiten

Es kostet in Deutschland 34,90 € (Schweiz 59,00 SFr), und hat die ISBN 978-3-608-89081-5.

Der Verlag selbst beschreibt das Buch so: Weiterlesen

Wertvolle Beratung: Liebe

„Liebe kann vieles heißen – von Diakonie bis Puff.“ So hörte ich einen Pfarrer vor einiger Zeit sagen. Recht hat er: Es ist ein arg geschundenes Wort, und äußerst ungenau zudem. Bei der Diskussion der Frage, welche Werte ein guter Therapeut oder eine gute Therapeutin für die Arbeit mit den Klienten benötigt, möchte ich diesen Begriff trotzdem an die erste Stelle setzen. In der Kirche wird von Nächstenliebe gesprochen. Ich nenne es Liebe zu den Menschen, mit denen wir es zu tun haben, und Sorgfalt im Umgang mit ihren Anliegen.

Ich habe den Eindruck, dass für Psychotherapeuten ein fachkundiger, sachkundiger Umgang mit Störungsbildern (Krankheiten, problema-tischen Mustern) von Klienten im Vordergrund steht. Ich denke zwar, dass Sachkompetenz sehr wichtig ist, meine aber auch, dass jeder Mensch ein Individuum ist und es darum einen sachgerechten Umgang mit Menschen und ihren Problemen nicht gibt. Ich denke, dass Liebe zu Menschen die Hälfte von guter Psychotherapie ausmacht. Weiterlesen

„Aus Rosen Scheiße machen“

Vorhin habe ich ein Hypnotherapieseminar gehalten. In diesem Rahmen habe ich erklärt, was ein Reframing ist. „Man kann alles wertvoll machen, wenn man es recht betrachtet. Die Familientherapeutin Virginia Satir nannte das ‚Aus Scheiße Rosen machen‘„, sagte ich. „Lasst uns dazu gleich einmal eine Übung dazu machen…“ „Moment“, sagte eine Teilnehmerin, „ich muss auf die Toilette“. „Dass ihr das ausgerechnet nach diesem Satz einfällt“, meinte ich. „Aber wir hören und reden ja immer auf mehreren Ebenen, metaphorisch und wörtlich.“ Erst jetzt bemerkte ich, was die Wahl meiner Worte geleitet hatte: Vor mir auf dem Tisch stand ein großer Strauß Rosen.

Qué es hipnosis?

Mein Schweizer Kollege Hans Egli hat eine spanische Übersetzung der MP3 unter dem Titel „Was ist Hypnose?“ angefertigt, wofür ich ihm sehr herzlich danke! Hans Egli lebt und arbeitet seit vielen Jahren als Psychologe in Mexiko und verwendet die MP3 zu Demonstrationszwecken für Menschen, die an Hypnose und Hypnotherapie interessiert sind. Er verwendet sie gerne auch für Leute, die skeptisch sind, ob sie „hypnotisierbar“ seien oder die, verunsichert durch die Showhypnose, Aufklärung über den therapeutischen Hypnoseansatz wünschen. Die deutsche Fassung der MP3 findet sich bei den Downloads auf dieser Seite unter dem Titel „Was ist Hypnose?“.

El siguiente audio en mp3 dura aproximadamente 17 minutos y usted puede bajarlo sin costo a su computadora. Para escucharlo póngase cómodo y procure que nada le interrumpa, ni el teléfono ni nadie. Al escuchar el audio ponga atención al efecto que ejerce sobre su cuerpo y su mente. En esa breve presentación hipnótica se trata de llamar su atención a los fenómenos naturales del trance. Lo único que se le sugiere en esa demostración de hipnosis es que sea feliz.

Le deseo que disfrute la experiencia!

Autor: Stefan Hammel 

Traducción y adaptación al español: Hans Egli 

Im Lande Begonien

Als Reisender musste ich einmal das Land Begonien durchqueren.  Sie haben dort einen wirklich seltsamen Brauch. Es gibt dort nämlich an den Straßen und Wegen des Landes keinerlei Hinweisschilder,  die dir helfen könnten, von Dorf zu Dorf oder von einer Stadt zur nächsten zu finden. An jeder Straßenkreuzung aber stehen Blumen, die du fragen kannst, um von ihnen Auskunft zu erhalten.  Nach der Art, wie sie dir Auskunft geben, unterscheidet man Weiser, Wegweiser und Hinweiser.  Die Hinweiser sind besonders angenehm für all jene Reisenden, die nur einfach möglichst schnell und bequem zu ihrem Ziel kommen wollen. Sie sagen dir freundlich, wohin du gehen sollst.  Die Wegweiser sind oft grob und ungehobelt in ihrer Sprache.  Sie können sehr gehässig klingen. Nichtsdestoweniger können auch sie sehr nützlich sein. Sie sagen dir, wohin du keinesfalls gehen sollst, so du Unglück und Verderben von dir fernhalten willst.  Die Weiser schließlich reden zu dir auf seltsame Art.  Sie sprechen in Rätseln.  Sie beginnen, dir einen Weg zu weisen und fahren fort mit dem anderen.  Sie erzählen dir vom Ziel, doch  nicht, wie du dieses erreichst. Sie stellen dir Fragen anstatt dir zu antworten.  Sie erzählen dir Dinge, deren Sinn du erst später verstehst. Manche Reisende halten das, was die Weiser sagen, für lauter unnützes Zeug.  Doch einige finden erst durch die Weiser ihr Ziel.

Drei Arten von Geschichten gibt es, die therapeutisch wirken: Die einen geben dir ein Vorbild, wie du handeln sollst, die zweiten geben dir ein Zerrbild, wie du keineswegs handeln sollst, die dritten geben dir ein Rätselbild, das dich auf die Suche nach dem richtigen Weg sendet. Es können Beispielgeschichten oder Metaphern sein, mit denen Menschen einander leiten, aber immer wieder nehmen sie diese drei Formen an. Wir träumen auch so in der Nacht: Wir träumen in Lösungsträumen, Alpträumen und Rätselträumen.

Wirklichkeit

„Wo sind denn die Geschichten, wenn ich das Buch zuklappe?“ fragt Georg seinen Vater. „Im Buch.“ „Aber Andreas liest dasselbe Buch. Und bei ihm wohnt der Baron in einer alten Burg und bei mir in einem schönen Schloss. Wenn es aber doch dasselbe Buch ist…“ „Die Bilder in euren Köpfen sind halt verschieden.“ „Und die Bilder entstehen im Kopf?“ „Ja.“ „Und die Geschichten bestehen dann aus den Bildern im Kopf.“ „Ja.“ „Warum meinst du dann, die Geschichten wären in dem zugeklappten Buch?“

Ich erzähle die Geschichte, um zu illustrieren, dass Wirklichkeit nichts Objektives ist. Sie entsteht in unserem Kopf; und so hat jeder seine eigene Wirklichkeit. Sie entsteht (bzw. wird geschaffen im Dialog zwischen uns und unserer Umwelt. Wirklichkeit ist keine weder etwas Vorfindliches noch eine reine Konstruktion. Sie entsteht im dialogischen Kreislauf im Subjekt bzw. zwischen Subjekt und Objekt (das seinerseits ein Subjekt sein und mich als Objekt betrachten könnte – so dass wir in der Verschmelzung der Wirklichkeiten eine gemeinsame Wirklichkeit schaffen). Wirklichkeit ist eine Verschmelzung von Analyse und Konstruktion, das heißt, von wahrnehmender Deutung und deutender Wahrnehmung. Wirklichkeit ist also geschaffen und entstanden aus analysierender Konstruktion und konstruierender Analyse…

Was ist Mehrebenenkommunikation?

Alles Mehrdeutige ist suggestiv: Bewusst reagieren kann der Hörer meist nur auf einer Ebene, die andere wird unbewusst mit angenommen (oder ggf. mit abgelehnt). Mehrere Ebenen gibt es immer beim Gebrauch von Symbolen, Metaphern, Geschichten, und ebenso beim Gebrauch kontextabhängiger Sätze. Bewusst wird verstanden und akzeptiert, was in den Kontext passt. Unbewusst wird eine ander Bedeutung mit angenommen, die in den Beratungskontext passt. In ein Mentaltraining für Gewichtheber könnte man zum Beispiel eine kleine Erzählung über Elefanten einfügen:

Elefanten sind nützlich. Sie sind stark und tragen selbst große Gewichte mit Leichtigkeit. Darum werden die Elefanten in Indien seit Jahrtausenden als Arbeitstiere geschätzt.

Analoges Markieren nennt man übrigens die Technik, solche zentrale Botschaften nonverbal hervorzuheben. Dies geschieht meist durch eine leichte Veränderung der Stimme, Tonhöhe, Sprechgeschwindigkeit, Sprechrichtung, durch eine Sprechpause oder ein optisch wahrnehmbares Signal.

Trancephänomene

Vor einigen Monaten habe ich im Wikipedia-Artikel „Hypnose“ die Einleitung zum Absatz „Trancephänomene“ geschrieben, die sich seither unverändert gehalten hat. Für methodisch Interessierte hier noch einmal der Text.

Im Verlauf einer Trance können unterschiedliche Phänomene auftreten. Klassische Trancephänomene sind Weiterlesen