Mentale Spiele I

Von Kindern kann man einiges lernen. Viele Kinder haben unsichtbare Freunde, die ihnen helfen. Wozu die wohl gut sind?

Haben Sie schon einmal festgestellt, dass Sie schwungvoller aufräumen, wenn Ihre unsichtbaren Begleiter – R2D2, Superman oder die 7 Zwerge – vor und neben Ihnen her Ordnung machen? Das steckt an! Haben Sie auch schon bemerkt, dass die Steuererklärung besser von der Hand geht und außerdem mehr Spaß macht, wenn 5 Klone Ihres Steuerberaters Ihnen die Materialien vorsortieren, Sie mit hilfreichen Tipps versorgen und Ihnen dabei erzählen, dass Sie die Sache im Vergleich zu einigen anderen Kunden durchaus sehr gut angehen? Wenn Sie sich in schwierigen Fragen von Siegmund Freud, Albert Einstein und John Rockefeller beraten lassen, geben Sie den drei Herren doch jeweils eine Stimme und hören Sie deren Worte laut. Voraussetzung ist natürlich, dass niemand in der Wohnung ist, der Sie für verrückt erklärt, wenn Sie mit Einstein & Co. Gespräche führen.

Webtipp: Schneckenrennen

Zum Thema „Schneckenrennen“ gibt es in diesem Blog ja bereits zwei Beiträge und eine Audiodatei. Das fünfminütige Video „a snail’s dream“aus der Reihe „minuscule“ zeigt, wie man von der schnöden Wirklichkeit zu seiner Vision findet, und wie von der unerreichbaren Vision zur schönen neuen Wirklichkeit. Das Video könnte als Impuls in Coaching und Therapie durchaus nützlich sein, wenn es um Themen geht wie: Erfolg, Geschwindigkeit, Entwicklung und Umsetzung von Visionen. Schaut euch das Video doch einmal an, es ist allerliebst! (Ein weiterer minuscule-Film, bei dem eine Schnecke an einem Rennen teilnimmt, ist hier zu finden.) Reale Schneckenrennen werden übrigens in Heckelberg in der Schweiz veranstaltet. Einzelheiten dazu findet ihr hier.

Der Karteischrank

Ich hatte früher in meinem Büro einen Karteischrank mit vielen Schubladen. Als ich meinen Karteischrank kennenlernte, dachte ich zuerst, etwas an ihm sei kaputt: Es war nicht möglich, zwei seiner Schubladen gleichzeitig zu öffnen. War eine Lade herausgezogen, so waren alle anderen verschlossen. Sie ließen sich rütteln, aber öffnen ließen sie sich nicht. So lange, bis die Schublade zurückgeschoben hatte; dann konnte ich eine andere Lade herausziehen.

Wenn ich Menschen begegne, die sich mit vielen Problemen gleichzeitig beschäftigen, mit so vielen Problemen, dass sie sich davon überfordert fühlen, dann bitte ich sie manchmal, sich einen Karteischrank vorzustellen. Ich bitte sie, die oberste Schublade zu öffnen, das erste Problem hineinzulegen, sich den Inhalt noch einmal anzuschauen, die Lade mit einem Etikett zu versehen und sie wieder zu verschließen. Ebenso bitte ich sie mit den weiteren Problemen und den übrigen Schubladen umzugehen. Ich sage ihnen: „Sie können den Schrank nun geschlossen halten und werden ihre Probleme, wenn sie sie geordnet angehen wollen darin wiederfinden. Sie werden aber nicht alle Schubladen gleichzeitig öffnen können, sondern nur eine auf einmal. Sollten Sie mehrere Probleme gleichzeitig behandeln wollen, müssen Sie den Inhalt einer Schublade für eine kurze Zeit herausnehmen und ihn später wieder hineinlegen. In den meisten Fällen bewährt es sich aber, die Dinge in den Schubladen zu lassen, in die sie hineingehören. So haben Sie Ordnung und können sich auch den Dingen zuwenden, die Ihnen mehr Spaß machen und Ihnen Kraft geben.“

Der Geschichtenerklärer

Ein Märchen! Die Augen der Kinder leuchteten. Der Geschichtenerklärer begann: „Es war einmal eine Geißenmutter, die hatte sieben junge Geißlein. Wie diese prototypische Einleitung zeigt, handelt es sich um ein Märchen. Die Zahl sieben ist in dieser Art Literatur die Zahl des Vollständigen. Später wird es wichtig werden, dass die jungen Geißen nicht alle gefressen, daher aber alle gerettet werden. Warum der Geißenvater nicht genannt wird, erfahren wir nicht. Manches spricht dafür, dass er im Wolf versinnbildlicht ist. Das spätere Fressen der Geißenjungen kann als gewalttätiger oder sexueller Akt verstanden werden. Wenn ihr nachher die Geschichte in fünf Hauptabschnitte untergliedert, werdet ihr feststellen, dass das Märchen einem gestuften Schema folgt…“ Und das Leuchten in den Kinderaugen erlosch.

Stille erzeugen

Ein Lehrer kam in eine unruhige Klasse. „Es wird schwierig werden, sie zur Ruhe zu bringen“, dachte er bei sich selbst. Da stellte er sich vor, alle Schüler seien kleine Atome, die von einer unruhigen Schwingung ergriffen seien. Er brachte sich selbst in dieselbe Schwingung, zappelte ein klein wenig mit den Armen, trat von einem Bein aufs andere und murmelte dabei etwas vor sich hin. Als er die gleiche Schwingung erreicht hatte, wie seine Schüler, wurde er allmählich langsamer und leiser. Auch die Klasse wurde ruhiger und leiser. Er musste aufpassen, sich nicht zu schnell zu beruhigen – lieber noch einen Augenblick zappeln und dann wieder ruhig werden. Er brauchte dafür etwa drei Minuten. Dann war die Klasse völlig still. Weiterlesen

Der Goldmacher

Jetzt erzähle ich mal wieder eine Geschichte. Ich verwende sie, um Menschen anzuregen, in scheinbar aussichtslosen Situationen nach einer Sichtweise zu suchen, die aus der Bedrohung eine Chance und aus der Not eine Tugend macht. Therapeutisch gesprochen hilft die Geschichte, belastende Lebenssituationen zu reframen (neu zu deuten) und Problemstrukturen aktiv zum Gestalten von Lösungen zu utilisieren.

In den alten Zeiten lebte bei uns ein Mann vom Stande derer, die sich Alchimisten nennen, der brüstete sich, er habe eine Weise gefunden, wie er Gold herstelle. Da das der König Weiterlesen

Geschichten in der Kindertherapie

Gestern hat mich eine Kollegin in einem Forum mit Blick auf Geschichten in der Therapie mit Kindern gefragt: „Wie gehen Sie vor? Die Geschichten werden einfach erzählt, resp. vorgelesen und nicht kommentiert?“ Ich hab das mal so beantwortet:

Wenn die Geschichte gut zur Situation passt, kann sie einfach unkommentiert erzählt oder vorgelesen werden. Die Geschichte sollte analog zum Problem des Kindes strukturiert sein und metaphorisch oder beispielhaft eine erfolgreiche Lösung (Lösungsart, Lösungsstruktur) anbieten. Die Analogie zum Problem und das bereits bestehende Beratungssetting (das Kind weiß: wir sind hier zur Beratung wegen Problem XY) sorgen dafür, dass die Geschichte vom Unbewussten als Lösung identifiziert wird. Darum ist kein Kommentar nötig, der Kontext ist der Kommentar.

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Der Geschichtenerzähler (III)

Weiter geht’s mit Folge drei…

„In einem Land in deinem Herzen lebte einst ein Volk, das so glücklich oder unglücklich war wie viele Völker und so reich oder arm wie viele, und so satt oder sehnsüchtig wie viele. In diesem Volk aber gab es einen Jungen, der einen Traum hatte, wie ihn viele Jungen haben: Er wollte sich auf die Suche machen nach einem verborgenen Schatz. Nun wäre das an sich nichts Besonderes. Doch hatte dieser Junge das Glück – oder war das etwa keines? – nicht nur einen Traum von einem Schatz zu haben. Sondern er hatte tatsächlich in einem Versteck im Garten Weiterlesen