Der Karteischrank

Ich hatte früher in meinem Büro einen Karteischrank mit vielen Schubladen. Als ich meinen Karteischrank kennenlernte, dachte ich zuerst, etwas an ihm sei kaputt: Es war nicht möglich, zwei seiner Schubladen gleichzeitig zu öffnen. War eine Lade herausgezogen, so waren alle anderen verschlossen. Sie ließen sich rütteln, aber öffnen ließen sie sich nicht. So lange, bis die Schublade zurückgeschoben hatte; dann konnte ich eine andere Lade herausziehen.

Wenn ich Menschen begegne, die sich mit vielen Problemen gleichzeitig beschäftigen, mit so vielen Problemen, dass sie sich davon überfordert fühlen, dann bitte ich sie manchmal, sich einen Karteischrank vorzustellen. Ich bitte sie, die oberste Schublade zu öffnen, das erste Problem hineinzulegen, sich den Inhalt noch einmal anzuschauen, die Lade mit einem Etikett zu versehen und sie wieder zu verschließen. Ebenso bitte ich sie mit den weiteren Problemen und den übrigen Schubladen umzugehen. Ich sage ihnen: „Sie können den Schrank nun geschlossen halten und werden ihre Probleme, wenn sie sie geordnet angehen wollen darin wiederfinden. Sie werden aber nicht alle Schubladen gleichzeitig öffnen können, sondern nur eine auf einmal. Sollten Sie mehrere Probleme gleichzeitig behandeln wollen, müssen Sie den Inhalt einer Schublade für eine kurze Zeit herausnehmen und ihn später wieder hineinlegen. In den meisten Fällen bewährt es sich aber, die Dinge in den Schubladen zu lassen, in die sie hineingehören. So haben Sie Ordnung und können sich auch den Dingen zuwenden, die Ihnen mehr Spaß machen und Ihnen Kraft geben.“

Der Geschichtenerklärer

Ein Märchen! Die Augen der Kinder leuchteten. Der Geschichtenerklärer begann: „Es war einmal eine Geißenmutter, die hatte sieben junge Geißlein. Wie diese prototypische Einleitung zeigt, handelt es sich um ein Märchen. Die Zahl sieben ist in dieser Art Literatur die Zahl des Vollständigen. Später wird es wichtig werden, dass die jungen Geißen nicht alle gefressen, daher aber alle gerettet werden. Warum der Geißenvater nicht genannt wird, erfahren wir nicht. Manches spricht dafür, dass er im Wolf versinnbildlicht ist. Das spätere Fressen der Geißenjungen kann als gewalttätiger oder sexueller Akt verstanden werden. Wenn ihr nachher die Geschichte in fünf Hauptabschnitte untergliedert, werdet ihr feststellen, dass das Märchen einem gestuften Schema folgt…“ Und das Leuchten in den Kinderaugen erlosch.

Die Geschichte von Frau Sing und Frau Fließ

Gestern hat mir eine Frau gemailt, deren Tochter stottert. Was würde ich als Therapeut mit einem stotternden Kind machen? Mir ist Folgendes dazu eingefallen.

Ich würde ermitteln, wann das Stottern nicht oder weniger ausgeprägt auftritt. Soweit ich weiß, ist das üblicherweise beim Singen der Fall, und sicher gibt es Unterschiede zwischen stressigen und entspannten Situationen. Ich würde erfragen, Weiterlesen

Stille erzeugen

Ein Lehrer kam in eine unruhige Klasse. „Es wird schwierig werden, sie zur Ruhe zu bringen“, dachte er bei sich selbst. Da stellte er sich vor, alle Schüler seien kleine Atome, die von einer unruhigen Schwingung ergriffen seien. Er brachte sich selbst in dieselbe Schwingung, zappelte ein klein wenig mit den Armen, trat von einem Bein aufs andere und murmelte dabei etwas vor sich hin. Als er die gleiche Schwingung erreicht hatte, wie seine Schüler, wurde er allmählich langsamer und leiser. Auch die Klasse wurde ruhiger und leiser. Er musste aufpassen, sich nicht zu schnell zu beruhigen – lieber noch einen Augenblick zappeln und dann wieder ruhig werden. Er brauchte dafür etwa drei Minuten. Dann war die Klasse völlig still. Weiterlesen

Ansteckungsgefahr

Vergangenes Wochenende war ich bei der Familie meiner Schwester zu Besuch. Gleich zu Beginn habe ich aus einem Wasserglas getrunken, das vor mir stand. „Hast du daraus getrunken?“, fragte meine Schwester. Das Glas gehört Luise. Sie ist sehr ansteckend.“ Ich habe mich über das Glas gebeugt und habe die Worte hineingeschleudert: „Passt auf, dass ihr euch nicht mit Stefan ansteckt!“ Dann habe ich das Glas ausgetrunken. Mehr ist nicht passiert. Mir zum Mindesten nicht.

Ausbildung Hypnose-Coaching

Eine Ausbildung „Hypnose-Coaching und Grundlagen der Hypnotherapie“ beabsichtigen wir ab dem kommenden Jahr in Liechtenstein anzubieten – und wahrscheinlich auch in Bern. Die Ausbildung erstreckt sich auf acht Seminare in 2 Jahren. Das Konzept und die Inhalte der Ausbildung habe ich jetzt auf der Seite von hsb Westpfalz veröffentlicht. Weitere Informationen, etwa zur Preisgestaltung, folgen in den nächsten Wochen. Wer neugierig ist, kann sich das Konzept hier schon einmal ansehen, und natürlich könnt ihr mir per E-mail jederzeit Fragen zu der Ausbildung schicken!

Versuchsbericht zu Hypnose bei Tinnitus

Ein Mitglied der Deutschen Tinnitus-Liga bat mich letzte Woche, ihm einen zusammenfassenden Bericht zuzusenden zum Stand unseres Pilotversuchs zur hypnotischen Beeinflussbarkeit von Tinnitus. Ich habe das Dokument heute fertiggestellt und habe eine leicht gekürzte Fassung des Berichts auf der Seite von hsb ins Netz gestellt. Viel Spaß beim Nachlesen!

Der Taschenspieler

 

Hypnotherapie – und wahrscheinlich jede Therapie – ist Lenkung der Aufmerksamkeit. Das ist, als ob ich eine Kamera so lenke und einstelle (und den Film nachher so bearbeite und schneide), dass der Zuschauer (respektive Klient) etwas wahrnimmt, was er so noch nicht gesehen hatte und was einen Sinn ergibt. Wobei Sinn nicht immer bedeuten muss, Weiterlesen

Wie baue ich eine Geschichte auf?

Ich habe jemanden getroffen, die meinte, sie könnte keine Geschichten erzählen. Jeder kann Geschichten erzählen! Wir tun es jeden Tag! Es gibt viele Arten, eine Geschichte aufzubauen. Ein Aufbau, der vielen bekannten Geschichten zugrunde liegt, ist zum Beispiel dieser:

1. Den realen oder fiktiven Protagonisten und seine Welt skizzieren

2. Das Problem des Protagonisten darstellen

3. Misslingende Lösungsversuche oder Irrfahrten benennen

4. Frust, Ratlosigkeit, Traurigkeit!

5. Ein äußerer oder innerer Ratgeber hat die Idee zur Lösung

6. Den Erfolg feiern – oder alles offen lassen zum weiter denken

Real erlebte Geschichten lassen sich auf diese Art ebenso aufbauen, wie erfundene. Prägt euch diese Abfolge doch einmal ein, und dann probiert es einmal aus! Viel Spaß dabei!

Das Reihel

Bernhard liebte es, ein ganzes Wochenende lang allein durchs Gebirge zu wandern und in den Schlafsack eingerollt in einer Schutzhütte zu übernachten. Seine Freundin war häuslich und liebte romantische Abende bei Kerzenschein. Sie wollte ihn gerne heiraten. Ihm machte es Angst, sich endgültig festzulegen. Sie wollte möglichst bald Kinder bekommen. Ihn überforderte schon der Gedanke daran. Aber trennen wollten sich beide auf keinen Fall. „Wir sind in der Sackgasse“, stellte er in einem Telefongespräch resigniert fest. Ich wollte das weder so stehen lassen, noch konnte ich hoffen, dass mein bloßes Widersprechen ihm weiterhelfen würde. Was tun? Weiterlesen