Wie man die Therapie verkürzen kann III

Wenn wir auf die auslösenden Probleme gestoßen sind, können wir daran arbeiten, den Umgang mit den Erinnerungen, den Umgang mit der Zukunftserwartung oder die Relation zwischen beiden neu zu definieren:

Wir können Gründe für ein merkwürdiges Verhalten finden, die in der Vergangenheit einen guten Sinn ergeben haben, können Kriterien dafür finden, wann sie nützen und wann nicht, und können definieren, woran der Klient sich darüber versichern kann, ob er die Symptome mit ihren früher guten Gründen gerade braucht oder nicht.

Wir können üben, „damals“ und „heute“ genau zu unterscheiden, und lernen zu erkennen, wann eine Verwechslung der Zeiten stattfindet.

Wir können die Vergangenheit neu interpunktieren, indem wir die Erinnerungen (die in einem wechselvollen Lebensweg etwas von einer sehr verzerrten Sinuskurve haben mögen) nicht mehr von einem Tiefpunkt zum nächsten Tiefpunkt erzählen, sondern von einem Hochpunkt zum nächsten. Weiterlesen

Wie man die Therapie verkürzen kann II

Jetzt kommt die Fortsetzung von gestern. So habe ich also mit den Klienten Sätze und Themen gefunden, die er stockend, gedämpft, brüchig, tränenhaltig ausspricht. Ich thematisiere das nicht unbedingt, ich frage aber nach diesen Inhalten.

Dann kann ich die Klienten bitten, diese Sätze noch einmal zu sagen und dabei entspannt zu atmen, ihren Körper zu fühlen und fließend zu sprechen – so dass ein entspannter, symptomfreier Zustand mit den Erinnerungen geankert wird. Die Methode ähnelt der „Systematischen Desensibilisierung“ bei Phobien, aus der Verhaltenstherapie. Wenn die Klienten den Satz immer gelöster aussprechen, gebe ich ihnen den Rest der Arbeit als Hausaufgabe vor dem Spiegel oder unterwegs mit auf den Weg.

Wir können Gegensätze formulieren, Affirmationen, die sie sich als „Medikament“ für die Seele Weiterlesen

Wie man die Therapie verkürzen kann I

Heute, morgen und übermorgen möchte ich in einem kleinen Dreiteiler Impulse dazu geben, wie eine hypno-systemische Ultrakurzzeit- Therapie aussehen kann. Metaphern und Geschichten lasse ich momentan außen vor, obwohl sie ebenfalls zu einer Verkürzung der Therapiezeit auf wenige Stunden beitragen. Also…

Wenn ein Klient oder eine Klientin in der ersten Stunde ihr Problem erklärt, dann wundere ich mich manchmal über die Probleme und Verhaltensweisen und darüber, woher das alles kommen mag. Ist es mehr die aktuelle Beziehung oder eine alte Traumatisierung, ist es die Familiengeschichte oder brauche ich überhaupt nicht zu wissen, was hintergründig das Problem verursacht?

Wie die meisten Therapeuten lasse ich den Klienten üblicherweise erst einmal erzählen, was ihn hergeführt hat. Manchmal gehe ich dann im Weiteren so vor:

Sobald seine Stimme bei einem markanten Wort brüchig klingt…
sobald er an einer interessanten Stelle hustet oder sich räuspert…
sobald er sich unterm Auge reibt, als trockne er eine Träne ab…
sobald sein Satz stockt, seine Stimme lahm oder leise wird…
sobald sein Atem gepresst, gelähmt, gestresst wirkt…
sobald die Mimik ein wenig schmerzvoll, angespannt, belastet ist…
sobald ich etwas sehe oder höre, das emotional belangvoll scheint… Weiterlesen

Bei sexueller Belästigung…

Eben rief mich eine frühere Kollegin an und bat mich um Rat. Die Haushaltshilfe einer Bekannten werde regelmäßig von einem Nachbarn sexuell belästigt, indem er sich ihr auf der Terrasse in exhibitionistischer Weise zeige. Bei anderen Gelegenheiten mache er anzügliche Bemerkungen zu ihrer Figur, Wäsche, usw. Natürlich ziehen sie ein polizeiliches Vorgehen in Betracht, versprechen sich davon aber wenig Hilfe. Was man da noch machen könne… Weiterlesen

Schuhbändelgespräche

Schuhe

„Deine Schuhbändel hängen auf den Boden“, sagte mein Vater gestern bei einem Gartenspaziergang zu mir. „Ja“, antwortete ich. „Das sieht saublöd aus“, sagte er. „So ist das eben“, erwiderte ich. „Du könntest drüber stolpern“, sagte er. „Was kann man da machen…“ sinnierte ich. Lange, lange arbeitete er an mir. „Wenn man Kindern Ratschläge gibt, tun sie es oft erst recht nicht. Manchmal tun sie das Gegenteil.“ So bilanzierte er schließlich. „Meine Mutter hat mich oft daran erinnert, dass gleich die Tagesschau kommt. Ich wusste, dass die Tagesschau kommt, und ich wollte sie gerne sehen, aber das Erinnert-werden hat mich so gestört, dass ich dann darauf verzichtet habe. Mein Vater hat uns nur wenige Ratschläge gegeben. Er war ein weiser Mann.“ Wir schauten in den Teich. Im Wasser spiegelten sich der Himmel und die Wolken.

Sprachregelung

Zigarette

„Ich könnte jederzeit aufhören, zu rauchen“, sagte sie. „Was du könntest, ist für die Wirklichkeit ja ohne Belang“, gab er zu bedenken. Sie zögerte. „Morgen höre ich auf zu rauchen“, sagte sie dann. „Wenn du mir sagst, womit du anfängst, wenn du aufhörst, glaube ich dir“, erwiderte er. „Ich fange an mit Nicht-Rauchen.“ „Mich interessiert nicht, was du anfängst, nicht zu tun. Mich interessiert, was du anfängst, zu tun.“ „Ich fange an, mich selbst zu lieben für meine weiche Haut, für meine Willenskraft, für meine neu gewonnene Freiheit, für meinen Geruchs- und Geschmackssinn und für die Aussicht auf ein langes und gesundes Leben. Genügt dir das?“ „Ich glaube, es wird dir genügen.“

Was ist Utilisation?

Utilisation nennt man meist die Nutzung der Problemstrukturen durch den Berater als Ressource für eine Lösung.

In der klassischen systemischen Beratung knüpfen Interventionen wie z.B. Rituale oft bei den Problemsymptomen an, fordern vorläufig „mehr desselben“ oder verändern diese und nutzen sie als Ressource. Milton Erickson, der Begründer der modernen Hypnotherapie nutzte die verhasste Zahnlücke einer Klientin, indem er die Frau anwies, sie als Wasserspritze zu nutzen, um am öffentlichen Trinkbrunnen einen Verehrer zu gewinnen. Trotz wird als Selbständigkeit gelobt und verschrieben. Ein wiederkehrender Streit wird mit verfremdenden Elementen – z.B. gelbe und rote Karte – zum Ritual erhoben. Weiterlesen

Realmetaphern: Kühlschränke und Jericho-Rosen

Heute habe ich eine Anfrage zum Thema Sexualtherapie bekommen. Diese Frau hatte es beeindruckt, dass Erickson „einer Frau zum Orgasmus verhalf, indem er sie einen Kühlschrank abtauen ließ“.

Klienten, die in ihrem Leben eine Wende zu vollziehen hatten, schickte Erickson auf einen nahen Berg, den Squaw Peak, sie sollten sich dort den Sonnenaufgang anschauen. Einen chronischen Alkoholiker schickte er in den Botanischen Garten von Phoenix, Arizona, er solle sich dort „Pflanzen anschauen, die 50 Jahre ohne Wasser auskommen“. Zehn Jahre hörte er nichts mehr von dem Mann; dann rief dessen Tochter an, sie wolle gerne einmal denjenigen kennenlernen, der ihren Vater vom Alkohol befreit habe, indem er ihn Kakteen-gucken geschickt habe.

Ich habe diese Methodik ausprobiert; sie braucht natürlich einen Klienten, der tatsächlich trocken werden will und der bereit ist, etwas dafür zu tun. Ich habe dem Klienten zum Abschied eine vertrocknete Pflanze in die Hand gedrückt und ihm gesagt: Weiterlesen

Der Blödmann

„Ist es noch da?“, habe ich vorhin meine 14-jährige Nichte gefragt. „Was?“ wollte sie wissen. „Wenn du nicht weißt was, dann ist es nicht mehr da.“ „Du meinst, mein Kopfweh? Das habe ich dem Blödmann gegeben. Der kann damit was anfangen.“ „Wer ist das?“ fragte ich. „Das weiß ich nicht. Ich kenne ihn erst seit eben.“ „Und jetzt ist es weg?“ „Ja.“ „Du könntest den Blödmann bitten, dir dafür etwas anderes zu geben, was du brauchen kannst“, habe ich vorgeschlagen. „Nein“, sagte sie. „Der Blödmann gibt nicht. Der Blödmann nimmt nur.“

Später sah ich sie einen Mückenstich mit dem Kugelschreiber ausstreichen*. „Warum hast du den nicht dem Blödmann gegeben?“ fragte ich. „Der Blödmann nimmt nur manche Sachen“, erklärte sie. „Mückenstiche sind nicht dabei.“

*Vom Ausstreichen von Stichen handelt der Beitrag vom 27. Mai.

Gespenster verjagen

Eine Kollegin hat mir vor ein paar Tagen eine E-mail geschrieben. „Was liest du da?“, hatte eben ihre achtjährige Tochter gefragt. Die Kollegin las ihr daraufhin aus dem Buch „Der Grashalm in der Wüste“ die Geschichte „Gespenster verjagen“ vor. Nach der Geschichte setzte sich die Tochter aufrecht hin, schaute ihre Mutter mit ernsten und großen Augen an und sagte: „Siehst du, es gibt doch Gespenster. Er weiß es.“ Legte sich wieder hin und schlief zufrieden ein.

Die Geschichte „Gespenster verjagen“ ist entstanden wegen eines anderen Kindes. Sie heißt Lisa. Ehrlich gesagt war mir in ihrem Haus auch ziemlich gruselig zumute; einmal habe ich dort Stimmen gehört, als gar niemand da war. Was ist hier Realität und was Fantasie? Wahrscheinlich sind die Übergänge zwischen Realität und Fantasie in unserem Leben viel ungenauer, als wir es wahr haben wollen. Die Grenzen sind fließend: Unsere Fantasien sind oder werden Realität, und unsere Realitäten bestehen aus Fantasie. Und das nicht nur bei den Kindern, sondern auch bei uns Großen. Als ich von Lisas Ängsten im Dunkeln gehört habe, habe ich ihr also die Geschichte „Gespenster verjagen“ erzählt:

Du hast also Ärger mit den Gespenstern bei euch zuhause? In deinem Zimmer sind sie, hinterm Schrank? Und unter der Kellertreppe auch? Hör zu! Weiterlesen