Placebo III

„Ich habe oft so kalte Füße“, sagte der Mann, als er wiederkam. „Darum bin ich so oft erkältet. Früher habe ich einmal Kneipp-Anwendungen gemacht. Das hat geholfen. Aber ich kann ja nicht überall Kneipp-Anwendungen machen.“ „Ich möchte Ihnen ein Geheimnis verraten“, erwiderte ich. „Wenn Sie sich die Kneipp-Anwendungen intensiv vorstellen, wirken sie auch.“

Lesenswert: Therapie in Trance

Die NLP-Begründer Richard Bandler und John Grinder präsentieren mit dem Buch „Therapie in Trance“ eine ausgezeichnete Sammlung von praktischen Anleitungen zur Induktion von Hypnose für Anfänger und Fortgeschrittene. Sie geben grundlegende Hinweise, wie man in hypnotischer und selbsthypnotischer Trance Sichtweisen und Verhalten verändern kann und welche Risiken man dabei beachten sollte. Sie tragen damit zur Entmythologisierung und Erlernbarkeit von Hypnose bei. Das Buch gibt eine Gebrauchsanweisung. Es macht zugleich deutlich, dass Hypnose Respekt verdient wie ein Medikament, das sachkundig gebraucht werden muss, wenn es helfen und nicht schaden soll.

Über das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) ist viel diskutiert worden. Grinder und Bandler entwickelten die Methodik vor allem, indem sie die Vorgehensweisen des Hypnotherapie-Entwicklers Milton Erickson analysierten. Erickson hat sich kritisch über ihr Ergebnis geäußert: „Sie wollten mich in eine Nussschale packen. Jetzt haben sie die Schale.“ Spätere Kritiker haben betont, Weiterlesen

Ein heiliger Vertrag

Noch eine Geschichte zu Prüfungsdingen…

In der Vorbereitung auf sein Examen sagte ein junger Mann immer wieder zu sich Dinge wie diese: „Wenn du bis heute Abend um 18.00 Uhr diese hundert Seiten durchgearbeitet hast, dann darfst du dir den Abend frei nehmen.“ Wenn er dann schon um 17.00 Uhr sein Pensum geschafft hatte, dann arbeitete er noch eine Stunde weiter und schaffte in dieser Zeit hundertzwanzig Seiten. Und weil es an jenem Tag so ungewöhnlich gut voranging, arbeitete er nochmals eine Stunde bis um 19.00 Uhr und hatte am Ende einhundertdreißig Seiten bearbeitet. Einige Wochen später bemerkte er, Weiterlesen

Prüfungsvorbereitung

Hier ist eine Geschichte für Leute, die eine Prüfung vor sich haben.

Um sich auf eine wichtige Examensprüfung vorzubereiten, hatte ein Mensch fünf Monate Zeit. Er wusste, dass die meisten anderen Studenten sich für die selbe Arbeit ein bis anderthalb Jahre vorbereiteten. Ein großer Teil der Studenten fiel dennoch immer wieder durch und musste die Prüfung wiederholen. Wie sollte er diese Arbeit in so kurzer Zeit bewältigen? Weiterlesen

Wie finde ich eine passende Geschichte II

Noch eine E-mail, die mich beschäftigt hat. Letzte Woche hat mir eine Kollegin geschrieben:

Könnten Sie mir vielleicht mit einer Geschichte persönlich auf die Sprünge helfen, meine Scheu zu überwinden, Geschichten in die Therapie mit einzubauen? Als meine Tochter klein war, hat sie mir drei Dinge genannt, aus denen ich dann ad hoc (im Erzählen) Geschichten erfand: langweilige, interessante, lustige, traurige… Als Therapeutin habe ich da irgendwie eine Blockade.

Woran hängt’s? Ich glaube ja, wir erzählen den ganzen Tag Geschichten, langweilige, interessante, lustige, traurige, und wir merken es gar nicht. Weiterlesen

Placebo II

„Das Einstecken der Blutdrucktabletten hat mir bei meiner Präsentation sehr geholfen“, sagte der Mann, als wir uns wieder sahen. „Ich möchte Ihnen ein Geheimnis verraten“, habe ich geantwortet. „Immer, wenn Sie die Tabletten einstecken, weiß Ihr Körper, dass er den Blutdruck senkt. Er weiß, was er bei einer eingesteckten Tablette zu tun hat. Er weiß es so genau, dass er den Blutdruck auch dann senken wird, wenn Sie die Tabletten gar nicht bei sich haben, sondern auf jeder Seite Ihrer Präsentation nur irgendwo einen farbigen Punkt haben, der Sie an eine Blutdruck senkende Tablette erinnert.“

„Hat funktioniert“, berichtete der Mann beim nächsten Treffen.

 

Lesenswert: Die Lehrgeschichten von Milton H. Erickson

Mit dem heutigen Beitrag möchte ich eine Reihe von Buchtipps beginnen. Fortsetzung folgt!

Als erstes möchte ich ein Buch vorstellen, das sehr unterhaltsam in die Arbeit von Dr. Milton H. Erickson einführt: Die Lehrgeschcihten von Milton H. Erickson, herausgegeben von Sidney Rosen. Milton Erickson gilt als der Begründer der modernen Hypnotherapie. Viele Interventionen aus der Familientherapie, aus dem NLP und anderen Verfahren gehen auf ihn zurück.

In diesem Buch sind Kurzgeschichten aufgeschrieben, die er seinen Studenten und Kollegen erzählte, um sie anzuleiten, bisherige Denk- und Verhaltensmöglichkeiten auszuweiten. Überwiegend sind es Anekdoten, die Erickson irgendwann in seinem Leben erlebt, beobachtet oder inszeniert hat und die er später verwendet hat, um Möglichkeiten des Denkens, Lernens und neuen Verhaltens zu illustrieren. Viele dieser Geschichten sind äußerst originell und witzig. Manche sind rätselhaft, wie so viele Therapiemethoden, die der legendäre Arzt aus Arizona entwickelt hat. Erklärt wird nicht viel in dem kleinen Werk. Es gibt wenige Antworten und wirft viele Fragen auf. Wenn man es als Lehrbuch betrachten möchte, dann ist es eines exklusiv fürs Unbewusste. Vor allem aber ist das Buch kurzweilig und regt das eigene Denken und Suchen nach neuen Möglichkeiten an. Es ist ein Fenster in die Welt des unbewussten Lernens.

Die Lehrgeschichten von Milton H. Erickson
Herausgegeben und Kommentiert von Sidney Rosen
Salzhausen (iskopress) 2000

Kartoniert, 319 Seiten
ISBN 3-89403-424-6

Trance erzeugen mit Geschichten

Geschichten wirken immer Trance erzeugend. Wenn man überlegt, wie viele Eltern ihren Kindern abends am Bett noch eine Geschichte vorlesen, ist das nicht überraschend. Geschichten wirken Trance erzeugend – sie sind ja selbst ein Trancephänomen: Die nächtlichen Träume sind ja wiederum Geschichten. Und unsere Tagträume genauso. Geschichten erzeugen Trance: Erzähler und Zuhörer tauchen ab in eine andere Welt. Die gegenwärtige Welt verliert sich vor ihren Augen, eine innere Welt wird sichtbarer und hörbarer als die äußere. Raum und Zeit werden bedeutungslos. Was zählt, ist was erzählt wird.

Wer die Trance erzeugende Wirkung des Geschichtenerzählens noch vertiefen möchte, hat unter anderem folgende Möglichkeiten:

* Passen Sie Ihren Atemrhythmus an den des Hörers an
* Verändern Sie den Tonfall: Bedeutsam, einförmig, märchenonkelig…
* Reden Sie gleichsam ins Leere, gehen Sie selbst als erstes in Trance
* Beginnen Sie langsamer als normal, werden Sie noch langsamer
* Machen Sie viele Pausen
* Verwenden Sie viele Bindewörter: Und, während, weil, so dass, …
* Erzählen Sie Seltsames und Verwirrendes
* Gebrauchen Sie langsame, stockende, oder gar keine Bewegungen
* Reden Sie über Trance
* Stellen Sie viele rhetorische Fragen
* Reden Sie über die Kindheit, rufen Sie Erinnerungen wach
* Wiederholen Sie Satzteile, die etwas mit Trance zu tun haben.

Apropos etwas wiederholen, um in Trance zu fallen: Wie lautet die suggestive Kernthese dieses Artikels? Und wo sind Sie jetzt? Genau…

Pantomime

Vor einigen Wochen hatte ich bei der Arbeit im Klinikum eine Begegnung, die mich beschäftigt.

„Guten Tag. Mein Name ist…“, so wollte ich mich einer Patientin vorstellen. „Sie ist aphasisch, sie kann nicht sprechen“, erklärte mir die Krankenschwester. „Schlaganfall…“ Die junge Frau wirkte mutlos und depressiv. Ihre ratlosen Gesten ließen mich wissen, dass sie meine Worte nicht verstand, bis auf wenige, die ihr ein Nicken oder Kopfschütteln entlockten. Wie kann man mit einem solchen Menschen kommunizieren? Ihr Sprachzentrum war getroffen. Die Sprache war zerstört – was ist aber mit Bildern? Kann sie die noch verstehen? Weiterlesen

Placebo I

Placebo

„Immer, wenn ich einen Vortrag halte“, hat neulich ein Mann zu mir gesagt, „habe ich solches Lampenfieber. Mein Blutdruck geht in die Höhe, ich bekomme Herzklopfen und atme gepresst und schnell. Meine Frau hat mir dieses Blutdruck senkende Mittel gegeben. Seitdem ist es besser geworden.“ „Ich möchte Ihnen ein Geheimnis verraten“, habe ich geantwortet. „Immer, wenn Sie das Mittel einnehmen, weiß Ihr Körper schon, dass er den Blutdruck senken wird. Er weiß genau, was er auf die Tablette hin zu tun hat. Er weiß es so genau, dass er den Blutdruck auch senken wird, wenn Sie die Tablette einfach nur einstecken.“

„Hat funktioniert“, berichtete der Mann beim nächsten Treffen.