Handbuch des therapeutischen Erzählens

Gestern habe ich das erste Exemplar in der Hand gehabt: Das „Handbuch des therapeutischen Erzählens“, in dem auch viele der Geschichten aus diesem Blog enthalten sind, ist frisch erschienen. Mit fast 370 Seiten ist es umfangreicher geworden, als ursprünglich geplant. Wie die Lektorin nach getaner Arbeit zu mir sagte: „Der Titel beschreibt das Konzept genau; es ist wirklich ein ‚Handbuch‘.“ Das heißt, es fasst als Grundlagen- und Nachschlagewerk gleichzeitig umfassend und kompakt möglichst alles Wesentliche zum Thema zusammen. Die bibliographischen Angaben des Buches lauten:

Stefan Hammel: Handbuch des therapeutischen Erzählens. Geschichten und Metaphern in Psychotherapie, Kinder- und Familientherapie, Heilkunde, Coaching und Supervision. Klett-Cotta, Stuttgart 2009 (Reihe Leben Lernen).

Stefan Hammel: Handbuch des therapeutischen Erzählens

Das Handbuch enthält:

  • Über 230 kommentierte Geschichten
  • Psychotherapie, Kinder- & Familientherapie, Heilkunde, Coaching
  • Detaillierte Erklärung der Methodik des therapeutischen Erzählens
  • Register zu Symptomen, Problemen, therapeutischen Methoden
  • 367 Seiten

Es kostet in Deutschland 34,90 € (Schweiz 59,00 SFr), und hat die ISBN 978-3-608-89081-5.

Der Verlag selbst beschreibt das Buch so: Weiterlesen

Workshop: Geschichten in der Hypnotherapie

Für diejenigen, die meine Arbeitsweise in einem Schnuppermodus einmal persönlich kennenlernen möchten… am kommenden Wochenende halte ich für das Institute of Clinical Hypnotherapy and Psychotherapy (ICHP Deutschland) zweimal einen eintägigen Workshop: Metaphern und Geschichten in der Hypnotherapie – Wie man individuell passende Geschichten findet und erfindet und wie man sie therapeutisch wirksam erzählt. Der Workshop findet am kommenden Samstag, dem 14.3. und am Sonntag dem 15.3., jeweils von 10.00 – 18.00 Uhr statt.  Für ICHP-externe Teilnehmer kostet er 80,00 Euro (sofern noch Plätze frei sind). Tagungsort ist das NH-Hotel in Hirschberg bei Heidelberg. Den Ausschreibungstext, weitere Infos und eine Anmeldemöglichkeit findet ihr auf der Seite des ICHP Deutschland.

„Aus Rosen Scheiße machen“

Vorhin habe ich ein Hypnotherapieseminar gehalten. In diesem Rahmen habe ich erklärt, was ein Reframing ist. „Man kann alles wertvoll machen, wenn man es recht betrachtet. Die Familientherapeutin Virginia Satir nannte das ‚Aus Scheiße Rosen machen‘„, sagte ich. „Lasst uns dazu gleich einmal eine Übung dazu machen…“ „Moment“, sagte eine Teilnehmerin, „ich muss auf die Toilette“. „Dass ihr das ausgerechnet nach diesem Satz einfällt“, meinte ich. „Aber wir hören und reden ja immer auf mehreren Ebenen, metaphorisch und wörtlich.“ Erst jetzt bemerkte ich, was die Wahl meiner Worte geleitet hatte: Vor mir auf dem Tisch stand ein großer Strauß Rosen.

Warst du heute schon besonders?

Mit einer Kollegin habe ich mich gerade über einen Arzt unterhalten, den wir beide kennen. Die Kollegin sagte: „Immer wieder, wenn ich ihn treffe, stellt er mir die selbe Frage: ‚Warst du heute schon besonders?‘ Er hat mich das schon so oft gefragt: ‚Warst du heute schon besonders?‘ Und wenn ich ihn inzwischen treffe, dann denke ich schon ganz von selbst, bevor er mich noch fragt: ‚Warst du heute schon besonders?'“

Haushaltsgegenstände erziehen

Heute hatte ich eine Frau in Therapie, die sagte, sie bekomme so leicht Zornausbrüche, sie sei für ihre Familie praktisch unberechenbar. Sie ist Erzieherin, und ich weiß, dass Sie ihren eigenen Sohn recht anspruchsvoll und konsequent erzieht. Ich bat sie um Beispiele für ihr Problem. „Es kommt vor“, sagte sie, „wenn ich den Mülleimerdeckel nicht beim ersten Mal auf den Eimer bekomme, dann schleudere ich ihn vor Wut in die Ecke. Oder ich stelle einen Besen an die Wand, und er fällt um. Das macht mich wütend. Oder wenn mit dem Staubsauger irgendetwas ist, dann raste ich aus.“ „Warum macht denn der Mülleimer das mit Ihnen, dass er Sie den Deckel nicht draufbekommen lässt?“, fragte ich. „Will der, dass Sie dumm aussehen?“ „Ja, unfähig und zu blöde, um einen Deckel auf den Mülleimer zu bekommen.“ „Dann erreicht er ja bei Ihnen genau sein Ziel, wenn Sie den Deckel in die Ecke schleudern. Da kann sich der Mülleimer ja freuen, dann hat er’s wirklich hingekriegt, Sie unfähig aussehen zu lassen. Es gab mal einen Perserkönig, der ließ das Meer auspeitschen, nachdem er ein paar Schiffe in einem Sturm verloren hatte. Er hat das Meer gezüchtigt, damit es so etwas nicht wieder tut. Das finde ich vernünftig. Nicht wegen dem Meer, sondern weil der König damit aus seiner Hilflosigkeit in eine handelnde Haltung zurückgefunden hat. Ich denke, es wird Zeit, dass Sie Ihren Mülleimer erziehen. Sie können ihm den Deckel zum Beispiel ganz langsam und genüsslich aufsetzen, so dass er sich lange mit seiner eigenen Wehrlosigkeit beschäftigen kann, und merkt, dass er es nicht hinkriegt, Sie am Deckel-draufsetzen zu hindern. Sie können ihn aber auch zur Strafe einmal eine Stunde ganz ohne Deckel sein lassen, bis es ihm peinlich wird, dass er riecht und er Sie regelrecht um den Deckel bittet. Genauso maßregeln Sie den Staubsauger. Es geht nicht an, dass er über Sie bestimmt. Lassen Sie ihn merken, dass es sich für ihn nicht lohnt, Sie von der Arbeit abzuhalten. Sie haben das Sagen. Den Besen können Sie in eine Ecke stellen, damit er sich besinnt, was er getan hat. Wenn Sie meinen, dass er sich genug Gedanken gemacht hat und sich wahrscheinlich besser verhalten wird, dann können Sie ihn in den Arm nehmen und sich mit ihm aussöhnen und ihm sagen, dass Sie es jetzt nochmal miteinander probieren…“

Seminar „Metaphern & Geschichten“ in Mannheim

In Mannheim halte ich am 14.3.09 und 15.3.09 beim Institute for Clinical Hypnotherapy and Psychotherapy (ICHP Deutschland) zweimal ein eintägiges Seminar: „Metaphern und Geschichten in der Hypnotherapie – Wie man individuell passende Geschichten findet und erfindet und wie man sie therapeutisch wirksam erzählt“. Das Seminar ist Teil eines zweitägigen Seminars, bei dem drei Spezialisten in Themen aus dem Bereich der Hypnotherapie und Systemtherapie einführen. Als weitere Referentin hält Ilse Jaki-Bay ein Seminar über „Zirkuläre Fragen – die etwas andere Art, Lösungen und Trancen herbeizuführen“ und Sven Frank gibt eine „Praktische Fallsupervision für Therapeuten und Berater“. Die Veranstaltung ist überwiegend für Mitglieder der ICHP gedacht, jedoch auch offen für Besucher aus anderen Umfeldern. Für externe Teilnehmer kostet die Teilnahme an beiden Tagen 80 Euro – also entschieden ein Schnäppchen…

Die Abstracts zum Seminar, nähere Infos und eine Anmeldemöglichkeit findet ihr unter dem obigen Link.

Webtipp: Das Reich der Möglichkeiten

Ich könnte mir vorstellen, dass diejenigen, die den Film „Validation“ gemocht haben, auch das Video vom „Reich der Möglichkeiten“ schätzen werden. Das ist nun ein ganz anderer Film. Es handelt sich um eine Demonstration des Bostoner Philharmonie-Dirigenten und Cellisten Benjamin Zander, der seine lebensfreundliche Weltanschauung erklärt und sie demonstriert, indem er einen jungen Cellisten unterrichtet. Eine Hommage nicht nur an die Musik, sondern an das Leben und an die Liebe zu den Menschen und zu sich selbst…

Zu finden ist das Video im Blog des systemagazin, das mein geschätzter systemischer Kollege Tom Levold herausgibt.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Anschauen!

Patchwork

Annetta Hammel mit Crazy Quilt in Violett und Grün
Diese Woche hatte ich eine russische Klientin in Therapie. Sie war aus Sibirien hierhergezogen, hatte ihr Kind aus erster Ehe mitgebracht und einen Deutschen geheiratet, der bereits zwei Kinder, ebenfalls aus erster Ehe, hatte. Gemeinsam hatten sie ein weiteres Kind, und inzwischen war eines der Kinder ihres Mannes wieder bei seiner Mutter eingezogen. Die Frau hatte in Deutschland trotz jahrelanger Bemühungen keinen rechten Anschluss gefunden. Sie hatte keine Freunde und keinen Ort, der ihr Heimat bot. So hatte sie sich immer mehr zurückgezogen, war verzagt und depressiv geworden. „Wenn mein Mann nicht wäre, würde ich zurück nach Russland gehen. Aber er ist ein sehr guter Mensch. Er liebt mich, und ich verlasse ihn nicht.“ Wir besprachen ihre Situation und überlegten Möglichkeiten der Veränderung. Beim Verabschieden blieb sie an meinen Wandbehängen stehen. „Das sind Quiltdecken“, erklärte ich. „Meine Mutter ist Amerikanerin. Das ist eine amerikanische Tradition. Man sagt auch Patchwork dazu. Wissen Sie, was eine Patchworkfamilie ist?“ Die Frau schwieg und lächelte. „Das hier ist Patchwork. So schön können Flicken sein. Das ist Patchwork. So ist das Leben.“

Der Lüstling

Vor einiger Zeit war ich bei einer Kollegin zu Besuch. „Ich hab jetzt eine Therapiestunde mit so einem komischen Typen“, sagte sie. „Ich weiß gar nicht, was sein Auftrag an mich ist. Er hat kein richtiges Anliegen und redet immer nur von Frauen. Bleib doch einfach mal bei der Therapiestunde dabei.“ Sie stellte mich dem Mann als einen interessierten Kollegen vor und erbat seine Erlaubnis, dass ich bei der Therapie dabei sein dürfe. Ich saß etwas abseits zwischen den beiden und hörte zu. Der Mann setzte sich seiner Therapeutin gegenüber. Er sah sie sich an, öffnete die Beine betont breit und legte die Hände auf seine Oberschenkel. Die Geste wirkte auf mich machistisch, herablassend und vulgär.

Nach einer Weile des Zuschauens wandte ich mich dem Mann zu, öffnete meine Beine ebenso breit mit Zielrichtung auf ihn,  legte meine Hände auf die Oberschenkel, blickte zwischen seine Beine und stellte mir vor, wie wohl jemand schaut, der ein Begehren für diesen Mann entwickelt.

Nach kurzer Zeit verschränkte der Mann seine Beine, und dabei blieb es für den Rest der Stunde. Wenn die Therapeutin den Effekt in kommenden Stunden wiederholen wollte, bräuchte sie nur auf die Stelle zu deuten, wo ich gesessen hatte und sagen: „Herr Hammel würde Ihnen da jetzt voll und ganz zustimmen. Herr Hammel schätzt Menschen wie Sie und ist der Meinung…“

Katzenhaarallergie

Gerade hat mir einer der Teilnehmer der Otterberger Ausbildung für Hypnotherapie in einer E-mail folgende Zeilen geschrieben. Seine Worte drücken für mich viel darüber aus, wie faszinierend die Therapie mit Geschichten wie auch die Arbeit mit Hypnose ist. Er schreibt:

Meine Freundin, die Anne, litt seit ich sie kenne, unter einer Katzenhaar-Allergie. Das machte die Aufenthalte bei Katzenbesitzern immer zur Qual, und ungünstigerweise ist die Freundin meines Vaters eine solche Katzenbesitzerin. Nachdem Anne nun schon am 2. Tag die Medikamente ausgingen, hab ich beschlossen, sie zu hypnotisieren. Ich hab ihr eine Geschichte erzählt, die zusammengebaut war aus „Einsatz„, „Die Quelle des Verstehens“ und „Der Weg zur Wiese“ aus deinem Handbuch. Seither ist sie symptomfrei!!!
Wow, ist das ein Gefühl. Für mich fühlt sich das ähnlich an wie der erste Gleitschirmflug nach ein paar Stunden am Übungshang. Irgendwie weiß man, dass man mit dem Ding fliegen kann, aber wenn man plötzlich 10, 20, 100, 200, 700 Meter Luft unter sich hat und merkt „Das Ding trägt“, das ist ein fantastisches Gefühl! (Johannes Conzelmann, Kommunikationspsychologe und Krankenpfleger, Görlitz)

Herzlichen Glückwunsch, liebe Anne (und natürlich lieber Johannes)!