„Was für wunderschöne Blumen wir haben“, sagte Frau Hinze. „Es ist schrecklich! Das Unkraut erstickt alles“, sagte ihr Mann. Sie sprachen von demselben Garten.
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Webtipp: Das Reich der Möglichkeiten
Ich könnte mir vorstellen, dass diejenigen, die den Film „Validation“ gemocht haben, auch das Video vom „Reich der Möglichkeiten“ schätzen werden. Das ist nun ein ganz anderer Film. Es handelt sich um eine Demonstration des Bostoner Philharmonie-Dirigenten und Cellisten Benjamin Zander, der seine lebensfreundliche Weltanschauung erklärt und sie demonstriert, indem er einen jungen Cellisten unterrichtet. Eine Hommage nicht nur an die Musik, sondern an das Leben und an die Liebe zu den Menschen und zu sich selbst…
Zu finden ist das Video im Blog des systemagazin, das mein geschätzter systemischer Kollege Tom Levold herausgibt.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Anschauen!
Patchwork
Tinnitus-Hypnose per MP3?
Am 31.12.2008, eine Stunde vor der großen Knallerei, hat eine Frau namens Inga zwei kurze Kommentare zu der Beschreibung unseres Heidelberger Tinnitusexperiments zu Hypnose geschrieben. Ich hatte eine 23minütige Standardversion unserer Tinnitustherapie als MP3 ins Netz gestellt. Das war ein wenig gewagt gewesen, denn mit unseren Probanden hatten wir jeweils anderthalb Stunden und hochgradig individuell gearbeitet. Trotzdem stellte ich die Frage, ob durch diese standardisierte Kurzfassung therapeutische Effekte erzielt werden können.
Inga schrieb: „einmal angehört, schon gebessert, werde weiter berichten… das bringt’s irgendwie, würde gern kontakt aufnehmen“. Auf meine Antwort hin erhielt ich die folgende Antwort, die ich mit Erlaubnis der Verfasserin gerne zitieren möchte:
Ich glaube, dass die Hypnotherapie eine wunderbare Sache ist, gerade bei Tinnitus, denn der ist ja ganz eng mit unserer Seele verbunden, nicht? Sehr gut bei Ihrer Datei fand ich, dass man sich fragt: Wieviel Stille ist jetzt da – nicht: Wieviel T. ist jetzt da. Das war für mich verblüffend und sehr einleuchtend. Hat weitergeholfen, hat gutgetan. Mal morgens nicht in die Küche zu gehen mit dem Gedanken: Na, wie ist der T. jetzt … sondern auf diese 90 % Stille zu gucken (bzw. zu hören). Das Bild mit dem Adler hat bei mir sofort eine sehr tiefe Entspannung ausgelöst, das hätte auch noch etwas länger gehen können. Der gute Wachhund – auch schön, dass man nicht immer denkt, T. ist etwas Schlechtes, sondern prinzipiell etwas Gutes, das sich dann aber auch wieder beruhigen darf. Auch das Musik-Bild ist natürlich sehr hilfreich. Wir hören die Musik, nicht den Fehler. Und der Fahrstuhl – ich habe mir da eher einen Heißluftballon oder eine Seilbahn vorgestellt, denn Fahrstühle erinnern mich an Hochhäuser, die ich eigentlich nicht so mag. Aber die Dachterrasse war wieder sehr angenehm. Und die vollkommene innere Freiheit, das ist es, was wir alle brauchen, oder?
Die Verfasserin schrieb weiter: „Sehr, sehr dankbar wäre ich auch für jede Erfolgsgeschichte, die Sie berichten können. Man braucht einfach Hoffnung. Das Internet ist voller Schrecklichkeiten und Foren voller Jammer und Not, unerträglich… Man holt sich täglich seine Portion Hoffnungslosigkeit ab.“
Vielleicht gibt es ja auch hier Leute, die positive Erfahrungen im Umgang mit den Ohrgeräuschen gemacht haben und ihre „Erfolgsgeschichten“ erzählen möchten?
Der König des Waldes
Die folgende Geschichte erzähle ich gerne Perfektionisten, Leuten mit Zwangsproblemen, mit einem starken Kontrollbedürfnis, Denkern und Grüblern. Auch für einige Menschen mit sexuellen Schwierigkeiten ist sie gut geeignet.
„Wir sind zu viele geworden“, sagten einst die Bäume des Waldes. „Wir brauchen einen, der über uns herrscht. Wir brauchen einen, der uns sagt, wo wir wachsen sollen und wie wir unsere Zweige ausbilden sollen. Wir brauchen einen, der uns sagt, wann wir im Frühjahr Knospen austreiben lassen und wann wir im Herbst das Laub bunt färben.“ Und sie wählten eine alte Eiche zu ihrem König. Obwohl nun Bäume recht langsam wachsen, hatte der König viel zu tun. Er musste jedem Baum sagen, wohin er welchen Ast wachsen lassen und wann welches Blatt entrollen sollte. Er musste entscheiden, wer wie viel Wasser aus dem Boden entziehen durfte, und – was noch schwieriger war – wer wie viele Nährstoffe zu sich nehmen durfte. Nach kürzester Zeit begann der ganze Wald unter Pilzen und Parasiten zu leiden, ein Teil trocknete ein und ein anderer litt an der Wurzelfäule. Die Bäume begannen aufeinander zu schimpfen und zu streiten. Der König beschimpfte sein Volk als ungehorsam, das Volk den König als unfähig und sie alle einander als Dummköpfe und gemeine Schurken.
An einem schönen Julitag – das Laub begann gerade zu fallen – dankte der König ab. Da waren alle Bäume froh. Sie feierten ein großes Fest. Und von Tag zu Tag wurde es besser mit ihnen.
Ausbrüche
Ich bin es gewohnt, bei allem, was mir widerfährt und nicht gefällt, zu fragen: „Wofür kann ich das denn immerhin noch nutzen?“ Nun hatte ich vor einiger Zeit eine Magen-Darmgrippe. Ich wachte morgens auf und wusste: Es war nur eine Frage der Zeit, und ich würde mich übergeben. Mehrmals wahrscheinlich, vielleicht viele Male. Nun also: Wofür kann ich das noch nutzen? Ich widmete jeden Gang zum Bad einer Erfahrung, einer Zeit, einer Person, die mich verletzt hatte. Es waren kraftvolle, befreiende Ausbrüche, die mir in ausgezeichneter Erinnerung geblieben sind.
Das Vermächtnis
Zum Schmerz der Trauer gehört es, dass Vergangenes verloren erscheint, und dass es nicht mehr möglich scheint, dem Verstorbenen etwas an Liebe zurückzuschenken. Der bis dahin stetig sich fortsetzende Kreis von Geben und Nehmen ist unterbrochen; die Hinterbliebenen bleiben gewissermaßen auf ihrer Liebe (und auf ihren Versäumnissen) sitzen und können das empfangene Gute, wie es scheint, nicht mehr erwidern. In diesen Zusammenhang gehört die Vermächtnisintervention. Der Therapeut oder die Therapeutin sagt sinngemäß zu den Trauernden:
Sie haben mir viel Gutes über Ihren verstorbenen Bruder erzählt. Er ist bestimmt ein sehr liebevoller Mensch gewesen. Verstanden habe ich, dass er sehr gut zuhören konnte, dass er geduldig war, dass er sich rührend um seine Angehörigen gekümmert hat, dass er einen besonderen Humor hatte…
Ich habe den Eindruck, dass diese Begabungen auch bei Ihnen vorhanden sind. Vielleicht hat er Sie damit angesteckt. Ganz sicher hat er Ihnen viel gegeben, was Ihnen bleibt. Das ist ein Geschenk, so wie ein Vermächtnis, von dem Sie etwas an einander weiter geben können – jetzt ganz besonders an die anderen, die um ihn trauern. Sie können dieses Gute, was Sie von Ihrem Bruder erhalten haben, an die Menschen weiter geben, die er geliebt hat. Sie können es an Ihre Kinder weitergeben, an Ihre Schüler, an alle Menschen, denen Sie etwas Gutes geben möchten.
Was meinen Sie – ist es in seinem Sinne, wenn Sie das Gute, was er Ihnen geben konnte, so an die anderen weitergeben?
Dann würde er gewissermaßen durch Sie handeln und durch Sie weiter andere beschenken?
Dann handeln sie ja auch in seinem Namen, wenn Sie das Gute tun, was er sonst täte?
Dann geben Sie ihm ja auch etwas zurück, oder nicht?
Denn das, was Sie in seinem Sinne und in seinem Namen tun, das geben Sie auch ihm als Dank zurück. Kann man das so sehen?
Dann hat ihr Bruder noch nicht aufgehört, der Welt etwas zu schenken, und Sie können so noch lange Zeit Ihren Bruder beschenken.
Keine Zeit
„Die Zeit verweilt lange genug für denjenigen, der sie nutzen will“, sagte Leonardo da Vinci.
Wenn wir sagen: „Ich habe keine Zeit“, heißt das meistens, dass wir unsere Prioritäten anders gesetzt haben. Wir haben – meistens mit guten Gründen – lieber Zeit für anderes.
Wenn wir sagen, dass wir „unter Zeitdruck stehen“ kann das bedeuten, dass wir uns selbst unter Druck setzen, um einen bestimmten Grad an Qualität oder Sicherheit zu erreichen, oder dass wir uns unter Druck setzen lassen, Unmögliches zu erreichen, oder, dass wir über den Tag und über die Monate hinweg eine Verteilung von schnellem und langsamem Arbeiten kultiviert haben, die zwischen Trödeln und Hetzen alterniert.
Zu sagen, „Ich habe keine Zeit“, kann auch bedeuten: „Ich habe zu viele Wahlmöglichkeiten, um alles zu tun, was ich tun möchte.“ Zeitarmut offenbart sich dann als Möglichkeitsreichtum.
Und schließlich ist „keine Zeit haben“ auch eine Möglichkeit, um für sich selbst soziale Wichtigkeit zu kreieren oder zu simulieren. Wer „keine Zeit hat“, wird schließlich gebraucht.
Wir haben alle gleich viel Zeit: 365 Tage im Jahr zu 24 Stunden. Unsere Lebensdauer unterscheidet sich. Aber davon reden wir nicht, wenn wir vermeinen, keine Zeit zu haben, wir wissen schließlich nicht, wie lange wir noch leben.
„Ich habe keine Zeit“ bedeutet also: „Ich habe andere Prioritäten“, „Ich bin gerade in der Hetzphase zwischen zwei Trödelphasen“, „Ich versuche, es allen Leuten recht zu machen“, „Nur Vollkommenes ist mir gut genug“, „Ich habe zu viele Möglichkeiten, meine Zeit zu gebrauchen“, „Ich möchte wichtig sein“ oder „Ich muss über den Gebrauch meiner Zeit noch einmal nachdenken“.
Euch allen eine erfüllte und manchmal vertrödelte Zeit!
Das sich selbst auflösende Symptom
„Ich habe eine seltsame Beobachtung gemacht“, so erzählte ich dem Mann am Telefon. „Vor einiger Zeit nämlich sagte ein Kollege zu mir: ‚Wenn ich ein telefonisches Vorgespräch wegen einer Therapie führe, dann sage ich oft zu den Leuten: Ein bekannter Therapeut hat beobachtet, dass die meisten Klienten bereits eine Verbesserung ihrer Probleme in der Zeit zwischen dem telefonischen Vorgespräch und der ersten Therapiestunde erleben. Ich stelle fest, dass bei etwa 70 – 80% der Klienten bereits bis zur ersten Therapiestunde eine Verbesserung eintritt. Ich möchte Sie deshalb bitten, dass Sie bis zu unserem Treffen darauf achten, ob es sich bei Ihnen ebenso verhält.’ Soweit die Worte meines Kollegen. Ich habe mir nun überlegt, ob der Effekt nur bei psychischen Symptomen auftritt oder auch bei körperlichen. Weiterlesen
Das eigentliche Leben
Immer wieder habe ich darauf gewartet, dass das eigentliche Leben losgeht. Ich habe gedacht, es würde dann kommen, wenn die aktuellen Probleme und Unfertigkeiten überstanden wären. Manchmal dauerten die Schwierigkeiten länger als erwartet, und ansonsten wurden sie von neuen Herausforderungen abgelöst. Irgendwann ist mir klar geworden: Noch eigentlicher wird’s nicht.