Bürgerkrieg und Bürgerfrieden

Diese Geschichte erzähle ich vorwiegend in der Therapie bei Allergien, Entzündungen und Autoimmunerkrankungen.

In Pampelonien gab es einstmals einen Bürgerkrieg. Und das kam so: Eines Abends hörten die Wächter auf der königlichen Burg Schüsse aus der Ferne. Am Horizont im Westen sahen sie eine Rauchsäule aufsteigen. „Revolution!“ riefen sie. „Das Land ist in Gefahr!“ Eine Einheit der königlichen Armee bewaffnete sich, sattelte ihre Pferde und ritt los. Sie folgten der Richtung der Rauchsäule. Der Weg führte sie in einen großen, tiefen Wald. Es war schon dunkel, als sie in der Gegend eintrafen, wo die Schüsse ertönt waren. Schließlich sahen sie auf einer Waldlichtung Weiterlesen

Lautstärkeregler

Sie liebte es, in die Disco zu gehen. Wenn ihre Eltern sie abholten, wunderten sie sich jedes Mal: „Wie kannst du es aushalten bei dem Krach?“ Doch sie wusste: Laut ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Laute nicht mehr laut. Das Ohr stellt die Lautstärke nach.
Sie liebte es, abends im Bett noch leise Radio zu hören. Zwar hatten ihr die Eltern das verboten, wenn sie am nächsten Tag Schule hatte, doch stellte sie das Radio so leise ein, dass sie fast nichts mehr hörte. Sie wusste: Leise ist die Musik nur am Anfang. Schon bald ist das Leise nicht mehr leise. Noch mehrere Male kann sie das Radio noch leiser stellen, und immer noch hört sie alles genau. Denn das Ohr stellt die Lautstärke nach.

Erickson-Geschichten IV

Erickson erzählt: Als meine Tochter Kristi Medizin studierte, las sie einen Aufsatz von Ernest Rossi und mir über Doppelbindung. Sie kam zu uns und sagte: „Also, so mache ich es!“ Rossi fragte: „Was machst du so?“ Sie sagte: „Jeder Patient hat das Recht, Bruchuntersuchungen und vaginale oder rektale Untersuchungen durch einen Medizinstudenten zu verweigern. Keine von den anderen Studentinnen hat solche Untersuchungen gemacht, aber ich habe bei jedem meiner Patienten eine Bruchuntersuchung sowie eine vaginale oder rektale Untersuchung durchgeführt.“ Ich fragte sie, wie sie das mache, da doch alle Patienten das Recht hätten, diese Untersuchungen zu verweigern. Sie sagte: „Wenn ich zu diesem Teil der Untersuchung kamm, lächelte ich freundlich und sagte sehr mitfühlend: ‚Ich weiß, Sie haben es satt, dass ich Ihnen in die Augen sehe und in die Ohren und in die Nase und in den Hals, Sie hier betaste und dort abklopfe. Sobald ich jetzt die rektale Untersuchung und die Bruchuntersuchung durchgeführt habe, können Sie mir Auf Wiedersehen sagen.‘ “ Und alle warteten geduldig, bis sie ihr Auf Wiedersehen sagen konnten. (Rosen, 107f.)

Das Worfeln

In Ländern, wo ein kräftiger Wind über das Land fegt und die Felder fruchtbar macht, gibt es unter den Bauern einen Brauch, den man das Worfeln nennt. Jedes Jahr nach der Ernte, wenn sie das Korn gedroschen haben, bringen sie es nach draußen vor die Scheune. Sie werfen das Getreide gemeinsam in die Luft. Die guten, schweren Kerne fallen dann nach unten, während die leichte Spreu vom Wind davon getragen wird. Die schwerste Arbeit dabei macht der Wind. Wer weiß, ob man nicht auch Gedanken worfeln kann?

Die Geschichte aus dem Buch „Der Grashalm in der Wüste“ verwende ich, wenn jemand seine Gedanken ordnen möchte, seine Konzentration oder Gedächtnisleistung optimieren will oder wenn sich jemand mit einer gedanklichen bzw. emotionalen Aufgabe schwer tut.

Erickson-Geschichten III

Erickson erzählt: In dem Dorf Lowell, in Wisconsin, schneite es in jenem Winter zum ersten Mal am 12. November, kurz vor 4 Uhr nachmittags. Und das Kind auf dem dritten Platz in der dritten Reihe, direkt neben dem Fenster, fragte sich: „Wie lange werde ich mich hieran erinnern?“ Ich grübelte einfach… Ich wusste genau… Ich wusste, es war der 12. November im Jahre 1912. Es war sehr leichter Schnee. (Rosen, S. 68)

Seminar Metaphernschmiede

Inzwischen stehen die Details für das zweitägige hypno-systemische Geschichten-Seminar „Metaphernschmiede“ fest, das ich vom 25.7. – 26.7.2008 beim Milton-Erickson-Institut Heidelberg (Gunther Schmidt) halte. Den Ausschreibungstext und eine Anmeldemöglichkeit für das Seminar finden Sie hier.

Ziel des Seminars ist es, zu lernen, wie man…

* therapeutische Geschichten für Klientinnen und Klienten findet
* jederzeit Beispielgeschichten für einzigartige Situationen erfindet
* Erzählungen therapeutisch wirksam formuliert und einbettet
* Problemmetaphern in Lösungsmetaphern transformiert
* wegweisende, warnende und aktivierende Geschichten aufbaut.

Neue Hypno-Audiodateien zum Downloaden

Drei neue hypnotische Geschichten habe ich als Audiodateien auf der Seite www.stefanhammel.de eingestellt. Die gestrige Geschichte „Adlerflug“ findet sich unter dem Stichwort „Selbstsicherheit“ im Downloadbereich, handelt aber noch viel mehr von Weltvertrauen bzw. Gottvertrauen – also von der Zuversicht, dass das Leben oder jemand dahinter mich trägt. Die Geschichte vom Mistkäfer habe ich ja früher schon einmal hier veröffentlicht. Sie habe ich zusammen mit der vorgestern vorgestellten Erzählung vom „Grashalm in der Fuge“ zu einer hypnotischen MP3 komponiert. Die beiden Geschichten finden sich unter dem Stichwort „Befreiung“ im Downloadbereich der genannten Seite.

Ich wünsche euch allen viel Spaß beim Anhören…

Adlerflug

Ich weiß nicht, ob du schon einmal einen Adler gesehen hast. Im Zoo natürlich, aber das meine ich nicht. Wenn man im Zoo einen Adler sieht, wirkt er meistens lustlos, müde und verschlafen. Was soll er auch tun? Ein Adler ist zum Fliegen geschaffen, und das kann er in einem Käfig nicht, jedenfalls nicht richtig. Was mich an den Adlern beeindruckt, ist ihre Kraft – und wie sie mit ihrer Kraft umgehen. Man könnte meinen, dass so ein großer Vogel auch kräftig mit den Flügeln schlägt, wenn er fliegt. Aber der Adler hat das nicht nötig. Er zieht seine Kreise am Himmel, und obwohl er die Flügel nur selten bewegt, kann er aufsteigen, bis man ihn aus den Augen verliert. Woher weiß denn ein Adler, dass er fliegen kann? Wenn die Adler sprechen könnten – ich glaube, sie würden nicht erst diskutieren, ob es die Luft gibt, bevor sie fliegen. Sie suchen keine Beweise. Ihnen genügt, dass sie getragen werden. Sie werden getragen, und sie wissen das. Welche andere Sicherheit brauchen sie? Das Ergebnis ist ihr Beweis.

Nach: Stefan Hammel, der Grashalm in der Wüste, impress (Nierstein) 2006 und Hörbuch-CD „Der Grashalm in der Wüste – Die Taggeschichten, impress (Nierstein) 2007. Die Geschichte vom Adlerflug ist auch als Hypno-MP3 downloadbar.

Der Grashalm in der Fuge

„Mir träumte letzte Nacht von einem Grashalm“, sagte der Gefangene, „von einem Halm, der in einer Fuge wuchs in unserem Verlies, gerade da, wo das Licht, das durch das Sprechloch in der Türe fällt, auf unsere Mauer trifft. Das Wasser, das von unserer Kerkerdecke und den Wänden tropft, das tränkte ihn. Die Wurzeln wurden stark und drückten die Fuge kaum merklich auseinander. Da wuchs aus diesen Wurzeln dicht daneben ein zweiter Halm. Nun hängten wir den Gürtel an die Tür, so dass seine silberne Spange das Licht ein wenig ablenkte auf jenen zweiten Halm. Auch dieser wuchs und bildete kräftige Wurzeln, die die Fuge ein wenig verbreiterten. So verfuhren wir wieder und wieder, bis das Gras diesen Stein von allen Seiten umwucherte. Am Ende eines Jahres jäteten wir das Unkraut. Durch die Ritzen schien das Licht. Wir stemmten uns gegen den Stein und drückten ihn mit vereinten Kräften im Verlaufe eines Tages Zoll um Zoll nach draußen. Durch das Loch gelangten wir hinaus und waren frei.“ „Schade nur, dass in unserem Verlies keine Grashalme wachsen“, seufzte sein Mitgefangener. Der den Traum erzählt hatte, starrte für eine lange Zeit an die Wand. Dann fragte er: „Und was ist das?“

Die Geschichte vom Grashalm in der Fuge ist auch als Hypno-mp3 downloadbar, zusammen mit der Geschichte vom Mistkäfer, die bereits früher in diesem Blog veröffentlicht wurde.

Zwang

Die Bilder verfolgten ihn. Sie waren wie aus einem schlechten Film, den er sich nicht bewusst ausgesucht hatte, sondern in den er unversehens hineingeraten war. Wenn er an einem Kinderwagen vorbeiging, so sah er sich selbst das Kind aus dem Wagen zerren und auf dem Boden zertrampeln. Wenn er an einer schönen Frau vorbei ging, so sah er sich ihr die Kleider vom Leib reißen und sie vergewaltigen. War er mit seiner Familie zusammen, so fürchtete er sich davor, er könne plötzlich ein Messer nehmen und jemanden erstechen. War er allein zuhause, so sah er sich die Gardinen anstecken. War er im Urlaub, so fürchtete er eine Stimme Gottes zu hören, die zu ihm sagte: „Brich heute auf, gehe weg von hier, ohne Hab und Gut und verlasse dich ab heute nur noch auf mich.“ Es war eine Qual. Je mehr er die grausamen Bilder und Gedanken zu unterdrücken versuchte, desto mehr bedrängten sie ihn. Schließlich sagte er zu sich im Zorn: „Du Dummkopf hast es doch nicht anders verdient.“ Und er begann es sich in allen Einzelheiten möglichst ausführlich auszumalen: Wie er ein Kind zertrampelte. Wie er eine Frau vergewaltigte. Wie er seine Familie erstach. Wie er sein Elternhaus anzündete. Wie er sich ohne Besitz auf eine weite Reise machte. An diesem Tag verloren die Bilder ihre Kraft. Sie wurden blasser und blasser und blasser. Die Reste des alten Zwangs zeigten sich nur noch selten und schwach. Wenn sie kamen, wusste er, wie er sie begrüßte. (Nach: Der Grashalm in der Wüste, 75.)

Die authentische Fallgeschichte verwende ich als Beispiel, um Klienten zu illustrieren, wie sie Zwangsgedanken überwinden können.