Sicherheitsvorschrift

„Guten Morgen. Im Namen des Flugkapitäns und der Crew begrüßen wir Sie sehr herzlich an Bord des Fluges 714 von Frankfurt nach Madrid…“ Freundlich und routiniert klang die Stimme der Stewardess. Wie sie es wünschte, stellte ich meinen Sitz aufrecht und schloss den Sicherheitsgurt. Dann schaute ich aus dem Fenster, wo sich langsam die Rollbahn nach hinten zu bewegen schien. Ich hörte, wie die freundliche Stimme sagte: „Sollte es während des Fluges in der Kabine zu einem Druckverlust kommen, fällt aus der Klappe über Ihrem Sitz automatisch eine Sauerstoffmaske. Mit Hilfe des daran befestigten Gummibandes können Sie die Maske an Ihrem Kopf festziehen. Drücken Sie die Maske fest an Ihr Gesicht und atmen Sie tief und ruhig. Reisende mit kleinen Kindern legen sich bitte zuerst ihre eigene Maske an und kümmern sich danach um die Sicherheit ihres Kindes…“ Ich schaute neben mich, wo meine Zweijährige in ihre Decke gekuschelt saß. Ich fragte mich: Würde ich diese Vorschrift einhalten?

Dem Löwen ins Auge blicken

Das hier hat mir ein Afrikaner erzählt, Mr. Mniyka aus Kenia.

„Wenn du einem Löwen begegnest“, so erzählte er, „dann musst du ihm unverwandt in die Augen blicken. Ein einziger kurzer Blick zur Seite, eine Zehntel Sekunde nur, und der Löwe greift an. Er springt schneller als du dich bewegen oder reden oder auch nur denken kannst. Darum, wenn du einem Löwen begegnest, dann schau ihm unentwegt in die Augen. Schaue ihn an, schaue ihn einfach nur an, unentwegt – so lange, bis er geht!“

(Hammel, Der Grashalm in der Wüste, S. 76)

Handbuch des therapeutischen Erzählens

Gestern habe ich das erste Exemplar in der Hand gehabt: Das „Handbuch des therapeutischen Erzählens“, in dem auch viele der Geschichten aus diesem Blog enthalten sind, ist frisch erschienen. Mit fast 370 Seiten ist es umfangreicher geworden, als ursprünglich geplant. Wie die Lektorin nach getaner Arbeit zu mir sagte: „Der Titel beschreibt das Konzept genau; es ist wirklich ein ‚Handbuch‘.“ Das heißt, es fasst als Grundlagen- und Nachschlagewerk gleichzeitig umfassend und kompakt möglichst alles Wesentliche zum Thema zusammen. Die bibliographischen Angaben des Buches lauten:

Stefan Hammel: Handbuch des therapeutischen Erzählens. Geschichten und Metaphern in Psychotherapie, Kinder- und Familientherapie, Heilkunde, Coaching und Supervision. Klett-Cotta, Stuttgart 2009 (Reihe Leben Lernen).

Stefan Hammel: Handbuch des therapeutischen Erzählens

Das Handbuch enthält:

  • Über 230 kommentierte Geschichten
  • Psychotherapie, Kinder- & Familientherapie, Heilkunde, Coaching
  • Detaillierte Erklärung der Methodik des therapeutischen Erzählens
  • Register zu Symptomen, Problemen, therapeutischen Methoden
  • 367 Seiten

Es kostet in Deutschland 34,90 € (Schweiz 59,00 SFr), und hat die ISBN 978-3-608-89081-5.

Der Verlag selbst beschreibt das Buch so: Weiterlesen

Das depressive Entlein

Von meinem Kollegen Dr. Elmar Hatzelmann aus München stammt die Geschichte vom depressiven Entlein, die mir sehr gut gefällt und die ich daher an dieser Stelle weitergeben möchte…

Es war einmal ein ziemlich hässliches Endlein. So sah sie es und sie war sich ganz sicher, denn sie beobachtete alle anderen Tiere. Und alle waren besser, schöner, toller.
Nichts passte ihr an sich, rein gar nichts. Und das war es auch schon. Sie war ein Nichts. Null, Zero. Luft. Nicht mal Staub. Sie war so abgrundtief hässlich. Die Inkarnation von Hässlichkeit. Und wahrscheinlich wussten es alle anderen auch. Die Farbe der Flügel, die Größe, die Haltung, einfach alles völlig daneben. Es war einfach
nichts – sie war wirklich das Ende. Sie konnte nicht mal mit klugen Gesprächen ihre äußere Nichtigkeit ausgleichen. Denn dort war es genau so. Sie war einfach nicht klug genug, mental tote Hose. Sie konnte sich nur noch mit ihrem Schicksal abfinden. So ist es halt. Gaußsche Verteilungskurve. Dort war sie ganz ganz links am Anfang der Kurve, lebenslang eingebucht auf niedrigste Intelligenz und schlechtestes Aussehen. Das musste so sein. Denn es musste ja auch einen Durchschnitt und die ganz tollen Glücklichen geben.
Vielleicht würde sie im nächsten Leben auch zu den Glücklichen gehören, als Schwan oder so.
Alle hatten es viel besser. Weiterlesen

Liebe

Manchmal denke ich, die Zeiten für „große Liebe“ sind vorbei. Dann wiederum denke ich, Liebe ist keine Frage der „Zeiten“. Und dann schließlich fällt mir wieder diese eine Szene ein…

Das ist jetzt über 20 Jahre her. Aber ich denke immer wieder daran. Eine Zugfahrt irgendwo in Süddeutschland. Ich saß mit ihnen im gleichen Abteil. Ich hatte Termine, sie hatten Zeit. Zwei verliebte Menschen. Sie schaute ihm in die Augen und lächelte. Er lächelte zurück. „Hättest du mich nicht auf der Parkbank angesprochen“, so sagte er, „dann säße ich jetzt immer noch allein in meinem Altenheim.“

Adlerküken

Das hier ist eine Geschichte, die mein Großvater mir erzählt hat, als ich ein Kind war. Ich erzähle sie zum Beispiel Kindern aus Patchwork- und Pflegefamilien und Kindern getrennterziehender Eltern.

Wo genau diese Geschichte sich ereignet hat, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, es muss in einem Dorf auf dem Balkan gewesen sein, im ehemaligen Jugoslawien. Ganz genau weiß ich noch dies: Das Adlerküken war aus seinem Nest gefallen. Es war quicklebendig. Als die Familie es fand, schlug es mit den Flügeln und sperrte den Schnabel weit auf. Verletzt war es anscheinend nicht, außer an einer Stelle, wo es ein wenig blutete. Die Eltern der Familie zögerten eine Zeitlang. Sie sahen sich um. Da war weit und breit keine Adlermutter zu sehen und kein Adlervater. Allein auf sich gestellt, wäre das Adlerjunge gestorben. Was sollten sie tun? Die Kinder baten und drängten ihre Eltern, und so nahmen sie es schließlich mit. Zuhause setzten sie es erst einmal in einen Käfig, in dem früher einmal ein Paar Nymphensittiche gewohnt hatten. Weiterlesen

Die Wüste

Einmal die Wüste zu erleben, die riesige weite Sahara, das war sein Traum. Jetzt hatte er sich diesen Traum erfüllt. Mit Flugzeug, Bus und Jeep war er dorthin gekommen, in irgendein bedeutungsloses Dorf, das er sich auf der Landkarte ausgesucht hatte, irgendwo am Rande der Sahara. Und er wusste: Dahinter kommt nichts mehr. Keine Straße, keine Siedlung, keine Quelle. Nur Sand, Steine, Felsen. Was ihn eigentlich dahin gezogen hatte, wusste er nicht. Eine Sehnsucht, aus der Tiefe seiner Seele. Vielleicht war es das, vielleicht war er zu lange von zu vielen Menschen umgeben gewesen, zuviel Unruhe, zu viele Stimmen, die alle etwas von ihm wollten. Auf der Arbeit, in der Nachbarschaft, die Familie zuhause, alle zerrten sie an einem: Könnten Sie nicht… würdest du bitte. Und nun: Stille, nichts und niemand um ihn herum. Weiterlesen

Seminar „Metaphern & Geschichten“ in Mannheim

In Mannheim halte ich am 14.3.09 und 15.3.09 beim Institute for Clinical Hypnotherapy and Psychotherapy (ICHP Deutschland) zweimal ein eintägiges Seminar: „Metaphern und Geschichten in der Hypnotherapie – Wie man individuell passende Geschichten findet und erfindet und wie man sie therapeutisch wirksam erzählt“. Das Seminar ist Teil eines zweitägigen Seminars, bei dem drei Spezialisten in Themen aus dem Bereich der Hypnotherapie und Systemtherapie einführen. Als weitere Referentin hält Ilse Jaki-Bay ein Seminar über „Zirkuläre Fragen – die etwas andere Art, Lösungen und Trancen herbeizuführen“ und Sven Frank gibt eine „Praktische Fallsupervision für Therapeuten und Berater“. Die Veranstaltung ist überwiegend für Mitglieder der ICHP gedacht, jedoch auch offen für Besucher aus anderen Umfeldern. Für externe Teilnehmer kostet die Teilnahme an beiden Tagen 80 Euro – also entschieden ein Schnäppchen…

Die Abstracts zum Seminar, nähere Infos und eine Anmeldemöglichkeit findet ihr unter dem obigen Link.