Selber atmen

„Einmal hat es bei uns auf der Intensivstation gebrannt“, erzählte mir eine Krankenschwester. „Wir mussten alle Patienten evakuieren. Die meisten beatmungspflichtigen Patienten waren an mobilen Geräten angeschlossen, aber eine Patientin hing an einem Beatmungsgerät, das
in der Wand verankert war. Die Frau war bei Bewusstsein, also sprach ich sie an: ‚Wir gehen jetzt hier raus. Ich mache die Beatmungs-schläuche ab. Sie müssen jetzt selber atmen.‘ Ich zog die Schläuche heraus, und wir schoben das Bett aus der Station. Drei Minuten später waren wir auf einer anderen Station mit Beatmungs-möglichkeit. Wir wollten die Frau wieder anschließen, aber das brauchten wir nicht mehr. Die Frau atmete in vollen Zügen.“

Mit Geschichten durch die Krise – Teil 6: Der Osterhasenengel

Wie lernt man loslassen? Ehrlich gesagt, das Loslassen geht oftmals ganz von selbst. Allerdings damit umzugehen, dass man etwas losgelassen hat oder loslassen musste, darin liegt die Kunst…


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Die Geschichte vom Osterhasenengel findet ihr in dem Buch „Loslassen und leben – Befreiende Geschichten“ (impress, Mainz) von Stefan Hammel, auf S. 41.

Mit Geschichten durch die Krise – Teil 3: Ostereier

Wie findet man Ostereier? Und warum suchen manche Menschen und finden nicht? Hier gibt es Antworten…


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Die Geschichte stammt aus dem Buch von Stefan Hammel „Der Grashalm in der Wüste“ (impress, Mainz). Sie steht dort auf S. 64.

Doktor Dachs

Die folgende Geschichte kann man Kindern mit Spritzen- oder Behandlungsangst erzählen – oder Angst vor der Narkose – oder schüchternen Kindern, denen es schwer fällt, sich einem Therapeuten anzuvertrauen – oder Kindern, die Unruhe, Schmerz und Trauer spüren, wenn sie sich vom Bildschirm wegbewegen – oder Pflegekindern, die Scheu haben, ihren Pflegeeltern erzählen, was sie bei ihren leiblichen Eltern erlebt haben – vielleicht auch einigen Menschen, die schon erwachsen sind?
Der Fuchs hatte sich einen Stachel zugezogen. Tief steckte der in seiner Pfote, und wenn der Fuchs versuchte aufzutreten, dann tat das furchtbar weh. Schon bald lief der Fuchs nur noch auf drei Pfoten. Die vierte hielt er in der Luft, und tatsächlich tat sie so auch nur ganz wenig weh. Praktisch war das natürlich nicht, und Hasen konnte er so auch nicht jagen. Die anderen Tiere schüttelten den Kopf und sagten: „Geh zum Dachs, vielleicht kann der dir helfen.“ Der Dachs war so etwas wie der Arzt der anderen Tiere. Er wusste, was zu tun war, wenn eines krank war oder sich eine Verletzung zugezogen hatte. Der Dachs schaute sich die Pfote des Fuchses genau an und sagte: „Da ist ein Stachel drin. Es hilft nichts, der muss raus.“ Sobald aber der Dachs begann, an dem Stachel zu ziehen, zog der Fuchs die Pfote weg und schrie ganz fürchterlich, denn jetzt begann es erst richtig weh zu tun. „Du tust mir weh!“, sagte der Fuchs. „Ich muss daran ziehen tun, damit der Stachel rauskommt“, sagte der Dachs. „Das kann ganz kurz mal weh tun.“ Die beiden wurden sich nicht einig, und so humpelte der Fuchs noch einige Tage auf drei Beinen durch den Wald und wurde immer hungriger. „Hast du keine andere Idee, wie man das machen kann?“, fragte er den Dachs, als er ihn wiedersah. „Komm mit!“, sagte der, und gemeinsam gingen sie zum Fluss „Halte deine Pfote da hinein. Das Wasser ist so kalt, dass es deine Pfote betäubt. Der Fuchs streckte seine Pfote ins Wasser. „Uuh! Ist das kalt!“ Das war schon sehr unangenehm, aber der Dachs hatte Recht. Nach einer Weile konnte er seine Pfote fast nicht mehr spüren. „Was machst du eigentlich heute abend?“ fragte der Dachs. Der Fuchs überlegte. Währenddessen nahm der Dachs die Pfote, zog an dem Stachel, und: Draußen war er!

Der Tanz der Einhörner oder: Lalias Geschichte

Im Januar war ich sehr krank. Eine Woche lang hatte ich Fieber, bis über 40 ° Celsius. Tagelang lag ich im Bett, träumte seltsame Dinge, nahm mich selbst kaum mehr wahr und hatte kaum genug Kraft um aufzustehen. Aber irgendwann klang das Fieber ab, ich spürte wieder Leben in mir und war des Herumliegens überdrüssig. Es war kurz vor Mitternacht, ich hatte den halben Tag im Bett verbracht und ich wollte nicht wieder dahin. Immerhin, ich konnte mich schon wieder langeweilen. Zurückgekehrt ins Leben wollte ich ich irgendetwas Schönes oder Sinnvolles tun. So stellte ich meine Kamera auf und fing an zu erzählen…

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Übrigens: Die Fassung der Geschichte von „Tanz der Einhörner“, wie Lalia sie euch hätte erzählen können, findet ihr im Buch „Loslassen und Leben“ oder hier im Blog. Die Geschichte vom Schneckenrennen, die Schlemihl nicht erzählt hat, ist hier aufgeschrieben. Die Geschichte von der kleinen Katze, die Minette Marie Antoinette Pomponette nicht erzählen wollte, findet ihr hier.

Die Wurzel

„Da liegt eine schöne große Baumwurzel lose im Wald herum. Das wäre eine schöne Dekoration fürs Wohnzimmer. Ich glaube, die braucht niemand. Meinst du, die kann ich nach Hause nehmen?“ So fragte ein junger Mann seinen Vater. „Nicht einfach so.“ „Was passiert mir schlimmstenfalls, wenn ich sie doch mitnehme?“ „Eine Gerichtsverhandlung, 500 Euro und ein Eintrag ins Führungszeugnis.“ „Nicht so gut.“ „Du kannst aber auch den Förster fragen, ob du sie haben kannst. Wahrscheinlich sagt er: ‚Kein Problem. Wo liegt sie?'“

Die Inselblume (Filmausschnitt)

In diesem Beitrag – ebenfalls von Peter Stimpfle – erzähle ich die Geschichte von der Inselblume. Die Intervention setze ich häufig in der Arbeit mit Trauernden Menschen ein. Sie kann bei jeder Art von Verlust oder Wechsel in eine neue Lebensphase nützlich sein und zuweilen – je nach Situation – auch sterbenden Menschen erzählt werden. Der Film ist auf der Tagung der Milton-Erickson-Gesellschaft 2013 entstanden. Viel Spaß beim Ansc hauen!

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Das Bergdorf

Es ist schon eine Tradition – mit meinen Autorenkollegen Martin Niedermann, Katharina Lamprecht und Adrian Hürzeler treffe ich mich an Ostern auf einer Hütte im Berner Oberland. Wir erzählen uns Geschichten, besprechen unsere Projekte miteinander und schmieden Pläne miteinander, die dann oft tatsächlich wirklichkeit werden – so wie das Buch vom fliegenden Krokodil im vergangenen Jahr oder wie das Therapeutischen Kartenset, das im Herbst erscheint (ebenfalls beim Reinhardt-Verlag unter dem Titel „Wie das Krokodil das Fliegen lernte). Die in vielen Stunden von Martin Niedermann und seinen Helfern wiederaufgebaute Hütte des Gleiswächters – von der vorher nur eine Ruine erhalten geblieben war – bot uns Unterkunft und mir Anlass, die Geschichte vom Bergdorf zu erzählen…

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Psychische Gesundheit

Dieser Tage habe ich in der Psychiatrie ein Zimmer mit zwei älteren Frauen besucht. Die eine hatte zwei Familienangehörige verloren und war danach dem Alkohol verfallen, die andere hatte mit Einsamkeit und depressiven Phasen zu kämpfen. Wir unterhielten uns eine Weile. Dann fragte ich: „Habe ich Ihnen gesagt, dass ich eine ansteckende psychischen Gesundheit habe?“ „Sie haben eine… was?“ „Ich leide unter ansteckender psychischer Gesundheit! Das breitet sich epidemisch aus. Vielleicht sollte ich ein bisschen Abstand halten und auch bald wieder gehen. Leute, die nicht so starke Abwehrkräfte haben, infizieren sich da leicht. Nicht dass Sie sich noch etwas bei mir holen!“ Wir haben noch eine Weile erzählt und uns amüsiert. „Jetzt muss ich los. Nicht, dass ich Sie vielleicht schon angesteckt habe und Sie mir dann die anderen Patienten noch anstecken!“ Sie lachten. Ich fürchte, ich habe nicht genug Abstand gehalten…

Venedig

Auch diese therapeutische Geschichte habe ich von Bettina Betz, danke ganz herzlich und freue mich, dass ich sie mit euch teilen darf!

Venedig ist eine untergehende Stadt, sagt man. Sie ist nicht nah am Wasser sondern im Wasser gebaut. Seit sie existiert glaubt man vorhersagen zu können, wann sie dem Meer zum Opfer fallen wird.

Ich habe gelesen, dass die Gefahr, abzubrennen für Venedig noch größer sei. Die Stadt ist sehr dicht bebaut. Wenn es brennt, ist die Feuerwehr auf die Kanäle angewiesen. Von Zeit zu Zeit werden diese jedoch zu Reinigungszwecken leergepumpt. Wenn das Feuer also an der „falschen Stelle“ ausbricht und der nächstgelegene Kanal gerade trocken liegt, hat die Feuerwehr weder einen direkten Zugang zum brennenden Gebäude noch einen schnellen Zugriff auf Löschwasser.
Wenn man sagt, man liebt Venedig, dann hört man oft: „Ja, das Morbide hat eine starke Anziehungskraft.“ Die Stadt scheint ein Symbol für die Sehnsucht nach dem Tod zu sein. Viele Geschichten und Filme, die den Tod thematisieren, spielen dort. Die Fassaden der Palazzi bröckeln, das Meerwasser schwappt jährlich meterhoch über den Markusplatz, Touristenströme überschwemmen die ganze Stadt, ihre Füße scheinen sie in den Meeresboden stampfen zu wollen.

Für mich ist Venedig ein Symbol der Lebenskunst. Dabei denke ich nicht an seine große Vergangenheit, sondern sehe es, wie es heute ist: In den maroden Fassaden sitzen blankgeputzte Fenster, hinter den Vorhängen blinken Kronleuchter. Die unscheinbaren Häuser um den kleinen zentralen Platz des Ghettos verbergen nach wie vor fünf Synagogen mit prächtiger Ausstattung. Viele Gebäude werden restauriert und gepflegt und zeigen sich in voller Schönheit. Die verschlungenen engen Gassen sind voller Überraschungen. In den Restaurants wird nach allen Regeln der Kunst gekocht. Die „aqua alta“ geht jedes Mal wieder zurück.

Beim letzten Brand des berühmten Theaters „La Fenice“ (es gab unzählige in der Geschichte Venedigs) stand der Wind günstig und Nachbarn riefen rechtzeitig die Feuerwehr. So hatte sie genügend Zeit, zwar nicht das Theater, aber die Stadt vor dem Feuertod zu retten. Der angrenzende Kanal war in dieser Nacht gerade leer.
Vom Himmel her betrachtet sieht die Stadt Venedig aus wie ein Fisch.
Vielleicht ist sie ein Delfin. Wie sonst könnte sie es so lange über Wasser aushalten?