Früher dachten die Menschen, der Mond, die Sonne, die Sterne und Planeten kreisen um die Erde.
Heute wissen wir: Nur der Mond kreist um die Erde, und selbst das stimmt nicht ganz, sondern Mond und Erde kreisen um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Weil der im Erdinneren liegt, merken wir davon nicht viel, außer dem Rhythmus der Gezeiten.
Die Menschen von früher verbanden viele Geschichten mit dem seltsamen Tanz der Planeten um die Erde. Sie wussten nicht, dass die Planeten sich in Wirklichkeit um die Sonne drehen.
Vielleicht denken wir heute noch manchmal, dass das Leben sich um uns dreht. Uns interessieren die Meinungen der anderen über uns, auch wenn die anderen gar nicht oder nur gelegentlich und ganz am Rande mit uns beschäftigt sind.
Die Meinungsumlaufbahnen der anderen ziehen ihre Kreise nicht um uns. Es sind Bahnen um die Sonne, um die uralten Fragen von Zugehörigkeit und Sinn, Gewinn und Verlust, Leben und Tod. Wie Planeten ziehen andere Menschen mit ihren Meinungen an uns vorbei. Wenn sie relativ nahe vorbeiziehen und ihr Gravitationsfeld sich mit unserem trifft, kann man die Wirkung manchmal spüren. Und dann ziehen sie wieder weiter auf ihrer Meinungsumlaufbahn.
Wir können uns Gedanken darüber machen, was andere über uns denken, meistens aber wird man es nicht erfahren, und man braucht es auch gar nicht zu wissen: Stattdessen können wir andere Menschen, die womöglich eine Meinung über uns haben, sehen, wie die Asteroidenbewohner im Buch vom kleinen Prinzen, die ab und zu isoliert an einem vorbeiziehen und sich wieder entfernen.
Diese Geschichte stammt von Stefan Hammel und ist in dem Buch „Wie das Nashorn Freiheit fand. 120 Geschichten zu Krise und Entwicklung.“ zu finden. Die Geschichte gehört zum Kapitel “ II Die Gruppe: Krisenbewältigung und gemeinsame Entwicklung in Partnerschaft und Familie, Schule, Beruf und Freizeit “.
In den Monaten nach dem Balkankrieg saßen auffallend viele Menschen in den Straßencafés von Sarajewo, tranken Kaffee, unterhielten sich mit Freunden oder lasen die Zeitung.
„Es wirkt so friedlich hier, als hätte es nie einen Krieg gegeben“, sprach ein Journalist eine fröhlich plaudernde Gruppe von Caféhausgästen an. „Wissen Sie“, antwortete einer der Angesprochenen, „noch vor Kurzem konnten wir nicht aus dem Haus gehen, ohne befürchten zu müssen, von einem Heckenschützen erschossen zu werden. Wir sitzen hier jeden Tag und feiern, dass wir hier sein können und sicher sind.“
Die Geschichte verwende ich, um mit Klienten den Blick darauf zu richten, dass es eine Zeit nach der Krise geben wird. In anderen Fällen kann die Anekdote nützlich sein, um den Blick (da, wo es möglich ist,) von der Bitterkeit und Verletzung hin zur Erleichterung darüber zu wenden, dass bessere Zeiten gekommen sind.
Online oder in Kaiserslautern (hybrid), mit vielen Übungen und Live-Demos,für Heilpraktiker / HP (Psych.), Seelsorger, Pädagoginnen, Ärzte, Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen, Coaches.
Das Institut für Hypnosystemische Beratung (hsb) in Kaiserslautern startet im Oktober 2023 – Januar 2024, in neuem Format, mit dem nächsten Block der Hypnosystemischen Therapieausbildung inklusive der Erickson’schen Hypnotherapie:
Die Seminarreihe in Stichworten Ort: hsb, Kieferberg 25, 67659 Kaiserslautern (alternativ: Teilnahme per Zoom) Umfang:
► Der nächste beginnende Block im Oktober 2023 – Januar 2024: Therapeutische Hypnose (4 WE), wird erstmals in Form von 2 Intensivtagen/ Wochenende, á 9 Stunden angeboten (Freitag und Samstag, von 9.00 – 13.30 Uhr und 15.00. – 19.30 Uhr). Die Seminartage werden wie 3 Seminartage á 6 Stunden zertifiziert.
Dauer: 12 Seminare in 1-3 Jahren Leitung: Stefan Hammel Kosten: 450 Euro für Seminare ab Okt 2023
► Neu ist ab Oktober 2023 auch, dass Sie eine Kurzvariante buchen können. Diese Kurzvariante wird zum Preis von 340,00 €/ Wochenende (statt 450,00 €/ Wochenende) angeboten, an 1,5 Intensivtagen/ Wochenende (Freitag 15.00. – 19.30 Uhr + Samstag, 9.00 – 13.30 Uhr und 15.00. – 19.30 Uhr).
Rabatte für Vorauszahlung | mehrerer Seminare auf Anfrage Zertifizierung: Institut für Hypno-Systemische Beratung in Kaiserslautern Anmeldung: stefan.hammel@hsb-westpfalz.de Unterkunft: ÜF im Institut für bis zu 5 Personen oder Hotelübernachtung in unmittelbarer Nähe
Diese Geschichte stammt von meiner geschätzten Kollegin Lisa Cappel- Herhammer.
Unsere Mischlingshündin hatte zwei ganz ungleiche Ohren. Eins war ein Schlappohr, das dem Zuhörer stets freundlich zugewandt entgegennickte. Das andere stand zur Seite. Mit dem Kommandos ausführen nahm sie es je nach Situation nicht so genau, denn das eine war ein Hinhör-Ohr und das andere ein Weghör-Ohr.
„Stellen Sie sich vor, jeder Mensch in Ihrer Nachbarschaft hätte eine Laterne im Vorgarten, die er abends anzündet, damit sie schön leuchtet. Nehmen wir einmal an, Ihre Laterne ist besonders groß und leuchtet besonders hell. Die Ihres Nachbarn ist kleiner und leuchtet weniger hell. Sie könnten Ihre Lampe ein bisschen verrußen lassen oder den Docht kürzer schneiden, damit der Nachbar sich nicht grämt und das Gefühl genießt, dass seine Lampe heller scheint. Sie könnten aber auch Ihre Lampe putzen und polieren und sich sagen: „Je mehr Licht, desto besser! Und wenn es den Nachbarn stört, dass seine Lampe kleiner ist, dann ist das sein Problem. Wenn er aber freundlich ist und Ihr Licht so leuchten lässt, wie es leuchten will, dann können Sie ihm helfen, dass auch sein Licht hell leuchtet – vorausgesetzt, dass er das möchte. Was meinen Sie?
Die Metapher erzähle ich Menschen, die Scheu zu haben scheinen, sich mit ihrer Begabung zu zeigen und solchen, die mit Neid und Missgunst anderer Menschen zu kämpfen haben.
Mein Buch, „Therapeutic Interventions in Three Sentences: Reshaping Ericksonian Hypnotherapy by Talking to the Brain and Body“ (deutsch: „Grüßen Sie Ihre Seele! Therapeutische Interventionen in drei Sätzen“), ist jetzt auch als Paperback erhältlich und daher deutlich kostengünstiger.
Therapeutic Interventions in Three Sentences: Reshaping Ericksonian Hypnotherapy by Talking to the Brain and Body
Routledge
31 May 2023, 102 Seiten
22,95 Euro
ISBN 978-1032570815
Bestellen könnt ihr das Buch in meinem Onlineshop.
„Du hast aber eine große Bananenstaude! Hat die schon einmal Früchte getragen?“ So fragte mich ein Freund, der aus einem fernen Land bei mir zu Besuch war. Ich lachte. „Nein! Soweit ich weiß, tragen Bananenpflanzen in unseren Breiten keine Früchte. Ich habe jedenfalls noch nie von so einem Fall gehört“, antwortete ich.
„Die Staude steht schief, weil sie immer zum Licht hinwächst. Ich drehe sie einmal um“, befand ich einige Wochen später. Mit großem Kraftaufwand drehte ich die große Staude in ihrem schweren Topf um 180 Grad. „Geschafft!“ Auf der Rückseite der Pflanze, die nun nach vorne zeigte, wuchsen fünf schöne Bananen.
Die Geschichte erzähle ich, um Menschen einzuladen, das, was sie sich wünschen oder was für sie wünschenswert ist, auch dann für möglich zu halten, wenn sie es bisher noch nicht erlebt haben.Quelle: www.stefanhammel.de/blog/2019/07/19/3480 (Kurzfilm “Bananen aus eigener Ernte”)
Als ich ein Kind war, gab es manchmal Polizisten, die den Verkehr regeln an Stellen, dort, wo heute eine Ampel steht. Manche von ihnen standen auf einem erhöhten Podest. Das sah ein bisschen aus wie der Schemel eines Elefantendompteurs. „Schutzmann“ nannte man so einen Verkehrspolizisten. Dieser Schutzmann stand also auf diesem Schemel mitten im regen Autoverkehr, stoppte die einen Autos und winkte die anderen vorbei, dann stoppte er die anderen und winkte die einen durch. Manchmal gab er Signale, die bedeuteten „Schneller, schneller!“ oder „Laaangsam fahren!“ Er hatte auch eine Trillerpfeife, mit der er kurze oder längere Pfiffe ausstoßen konnte, um Autofahrer und Fußgänger zu warnen und zu ermahnen.
Ich habe hier ein kleines Podest. Darf ich Sie einladen, sich einmal daraufzustellen? Bitteschön! Von hier aus sehen Sie die Welt aus einem anderen Winkel… Stellen Sie sich bitte einmal vor, Sie stehen als Schutzmann bzw. als Schutzfrau auf dieser Insel mitten auf einer viel befahrenen Kreuzung. Der Chef, die Kollegen, die Kunden kommen mit ihren Anliegen vorbei, auch Anfragen von verschiedenen Behörden, und sie regeln den Verkehr: Hier Stop, da fahren! Dann dort Stop, hier fahren! Sie können auch signalisieren: Schneller! Langsamer! Achtung! Vorsicht! Probieren Sie das einmal aus und spüren Sie, was das für eine Wirkung auf Sie hat. Wie ist das für Sie?
Die Metapher gestalte ich gemeinsam mit Menschen, die Mobbing, Burnout, Unter- oder Überforderung oder anderen Belastungen im Bereich der Arbeitswelt erleben. Sie kann in bemerkenswerter Weise dazu beitragen, aus einem Erleben des hilflosen passiven Erleidens in ein Erleben des Gestaltens, der wieder erlangten Kontrolle und Handlungsfähigkeit zu finden.
“Das wird jetzt mal für ein paar Minuten unangenehm”, sagt die medizintechnische Assistentin. Sie drückt auf einen Knopf. “Ich weiß schon, was auf mich zukommt. Es wird grauenhaft”, möchte ich antworten, sage aber nichts. Die Manschette, die den Tiefenvenendruck meines linken Beines messen soll, füllt sich mit Luft. Ein Bar, zwei Bar, drei Bar, ich weiß nicht wieviel Druck sie aufs Bein geben. Es ist jedenfalls scheußlich.
Ein Gedanke schießt mir durch den Kopf: Wenn ich mich auf das konzentriere, was ich höre, statt auf das, was ich fühle, konzentriert mein Gehirn meine Aufmerksamkeit in einem anderen Zentrum. Wo das Hören im Vordergrund steht, kommt das Fühlen in den Hintergrund. Ein bisschen so, als ob jemand aus dem Zimmer mit der Baustelle hinübergeht in ein anderes Zimmer, wo es leiser ist und weniger Staub in der Luft hängt. Könnte das etwas helfen? Ich konzentriere mich auf die leisen Geräusche des Ventilators, der Heizung, auf Wortfetzen, die vom Flur her an mein Ohr dringen. Tatsächlich, so ist es besser. Was kann ich noch hören? Draußen fährt ein Auto vorbei… Mein Atem wird ruhig, ich fange an, mich zu entspannen. Ich werde neugierig: Das ist schon recht gut… kann es noch besser werden?
Ein weiterer Gedanke schießt mir durch den Kopf: Wenn ich eine Leiche wäre, würde mich die Manschette überhaupt nicht stören. Also ist es nicht der Druck auf dem Bein, sondern die Reaktion des Körpers, die die Missempfindungen erzeugt. “Lieber Körper”, sage ich in Gedanken. “wir haben herausgefunden, dass nicht die Manschette, sondern deine Reaktion darauf, die Unannehmlichkeit erzeugt. Wenn du das erzeugen kannst, kannst du das bestimmt auch abstellen… bitte?” Tatsächlich, der Körper stellt die störenden Gefühle ab. “Danke, lieber Körper! Du bist großartig!”, denke ich und lächle ihm zu.
Ein dritter Gedanke schießt mir durch den Kopf. “Lieber Körper, ich traue mich fast nicht, das zu sagen. Ich bin dir wirklich dankbar und möchte nicht reden wie das unzufriedene Eheweib in der Geschichte vom Fischer und seiner Frau. Aber, wenn es nicht zu verwegen ist, dass ich dich frage: Ich habe mich immer gefragt, ob man Schmerzen und Missempfindungen auch in Behagen transformieren kann. Lieber Körper, kannst du das? Und wenn ja, würdest du das für mich tun?”
Wonne und Behagen breiten sich in meinem Bein aus. Ein bisschen Zeit bleibt mir noch, um tief berührt meinem Körper zu danken und das Wohlgefühl in meinem Bein zu genießen.
Ein Piepton signalisiert, dass die Messung zu Ende ist. Ein Zischen – der Druck wird aus der Manschette herausgelassen.
“Sie haben’s geschafft”, sagt die Medizintechnische Assistentin. “Schade, schon?” möchte ich antworten, sage aber nichts. Wie sollte ich ihr erklären, was ich gerade erlebt habe?
Wenn das mit den Schmerzen des Körpers möglich ist – könnte es für die Schmerzen der Seele etwas Ähnliches geben?
Was Systemische Therapie ist, hat sich herumgesprochen: Die Methode der Paar- und Familientherapie, mit der man auch Einzeltherapie, Mediation und einiges anderes machen kann. Hypnotherapie ist auch klar: Eine Therapieform, die Hypnose oder zumindest das Wissen über die Hypnose nutzt. In letzter Zeit ist aber immer öfter von „Hypnosystemischer Therapie“ zu hören. Was ist das denn nun eigentlich?
Den Begriff „Hypnosystemische Therapie“ (oder „Hypno-Systemische Therapie“) gibt es seit etwa 1980. Eingeführt wurde er von dem Heidelberger Arzt und Volkswirt Gunther Schmidt, der auch als inhaltlicher Begründer der hypnosystemischen Konzepte zu nennen ist. Gemeint ist eine Verschmelzung von Systemischer Therapie und Hypnotherapie in der Tradition Milton Ericksons (zu unterscheiden von dem Entwicklungsforscher Erik Erikson).
Die meisten Konzepte folgen der konstruktivistischen Tradition Paul Watzlawicks. Verwendet werden ganz überwiegend wache, dialogische Gesprächsformate. Hypnotische Erfahrungen werden, wenn überhaupt, am ehesten als „konversationale Trance“ ins Gespräch integriert.
Insgesamt handelt es sich mehr um eine Gruppe eng verwandter Therapieansätze als um ein einheitliches Konzept (und sicher nicht um eine „Schule“). …
Neben Erickson’scher Hypnotherapie und Systemtherapie gibt es ein drittes Element, das die hypnosystemischen Konzepte verbindet: Sie greifen Elemente von Teilearbeit, Strukturaufstellungen und psychodramatischen Konzepten auf, externalisieren und visualisieren also imaginativ erlebbare Figuren als Teilpersönlichkeiten, „Seiten von dir“ oder „Leute, die du sein kannst“ und setzen sie z.T. dann als „inneres Team“, „innere Familie“, „inneres Parlament“ o.Ä. zueinander in Beziehung.
Vielleicht sollte man also „Hypno-Systemisch-Psychodramatische“ Therapie sagen – aber zum einen wäre der Begriff doch sehr sperrig, zum anderen verwendet die Hypnosystemische Therapie neben Rollenmodellen öfter auch Raummodelle wie begehbare Landkarten seelischer und sozialer Gegebenheiten oder Funktionsmodelle wie Metaphern aus Biologie, Mechanik, Computertechnik oder der alltäglichen Haushaltsführung. Konflikte, Traumatisierungen und andere Belastungen von Klienten werden mit ihren Lösungsmöglichkeiten also auch auf nicht-personifizierte Weise betrachtet.
Wahrnehmung und Wahrgebung
Was wir als außerhalb von uns wahrnehmen, kann uns nur deswegen beschäftigen, weil es in uns Repräsentiert ist, und tatsächlich sehen wir nicht das, was außerhalb von uns ist, sondern das, was in uns ist, als Angebot des Organismus, etwas Äußeres abzubilden. Ob und wie an unseren Nervenenden objektiv feststehende Außendaten adäquat in biologische Innendaten konvertiert werden, und was eine adäquate Datenkonversion überhaupt bedeuten würde, darüber lässt sich wenig bis gar nichts sagen. Denn alles, was wir darüber sagen könnten führt in selbstreferentielle Kreisläufe zurück, wie ein Wörterbuch, dessen Wörter sich selbst gegenseitig erklären.
Was wir wahrnehmen, wird von unserem Organismus konstruiert. Einfache, wahrnehmungsnahe Konstrukte wie „Baum“ und „Schneeflocke“ sind meist interindividuell und interkulturell konsensfähig, komplexere wie die Begriffe „Gerechtigkeit“, „psychische Gesundheit“ und „Gott“ eher nicht. Allerdings bilden sich Gesellschaften in Gruppen aus, die als „Kosensusrealität“ gemeinsame Deutungsnetzwerke entwickeln und als unbestreitbar verteidigen. Entsprechend schlägt Schmidt vor, lieber von „Wahrgebung“ als von „Wahrnehmung“ zu sprechen…
Nutze alles – das Prinzip der Utilisation
Gemeinsam mit der klassischen Systemischen Therapie nimmt die Hypnosystemische Therapie an, dass sich Beziehungen in selbststabilisierenden Kreisläufen von Verhalten und Erleben ausbilden, dass sie Muster ausbilden, die tendenziell stabil sind, aber auch verändert werden können. Um leidvoll erlebte Muster zu verändern, scheint es günstig, Systeme eher komplex als punktuell zu stimulieren. Systemisch gesehen kann das bedeuten, mehrere Personen in einer Familie gleichzeitig anzusprechen, hypnotherapeutisch gesehen, heißt es, alles zu alles in den Dienst der Ziele von Klientinnen und Klienten zu stellen, was vom Gegenüber intensiv wahrgenommen, als relevant, plausibel, emotional bedeutsam oder unbestreitbar erlebt wird, kurz, alles, was in seinem Gehirn bereits gut gebahnt ist (Prinzip der Utilisation). Über Körpererfahrungen Imaginationen (etwa die Nutzung von Metaphern, Parabeln und Anekdoten) und bildhaftes Erleben (etwa der Einsatz von Symbolhandlungen und von Gegenständen im Raum) wird das unwillkürliche Erleben von Klientinnen und Klienten angesprochen.
Dissoziation, Assoziation, Transformation
Aus der hypnotherapeutischen Tradition stammt die Unterscheidung von Dissoziation und Assoziation, die für die hypnosystemische Arbeit bedeutsam ist. Der Begriff „Dissoziation“ wird hier nicht als psychopathologisches, sondern als wahrnehmungspsychologisches Konzept verwendet. Was man voneinander und von sich selbst unterscheidet oder in sich aufgliedert, wird „dissoziiert“, was man in seiner Stabilität verstärkt, miteinander und mit sich selbst verbindet, wird „assoziiert“. Unterscheidungen gehören also in den Bereich der Dissoziation, Gleichsetzungen in den der Assoziation. Für die Therapie gilt die Faustregel: „Problem trennen, Lösungen verbinden“. Was in der Sicht von Klientinnen und Klienten problembehaftet ist, wird mit vielfältigen Unterscheidungen versehen: Ein Klient wird nicht als „Allergiker“ bezeichnet, sondern sein Körper (unterschieden von ihm selbst) reagiert womöglich bisher (zeitlich dissoziiert) allergisch.
Was mit einem Lösungs-, Kompetenz- oder Ressourcenerleben assoziierbar ist, wird suggestiv (d.h., angebotsweise) miteinander, mit deren Ich-Erleben, mit deren Überzeugungen davon, was relevant, plausibel, sinn- und bedeutungsvoll ist verknüpft, in einer Weise, so dass das Glaubens- und Wertesystem der Klientinnen und Klienten keinen Anlass bekommt, zu protestieren. Milton Erickson nannte das „establishing of a yes-set“, eine Zustimmungshaltung aufbauen.
Neben den Prinzipien, Dissoziation und Assoziation zu nutzen, wird in der Hypnosystemischen Therapie wie auch schon in der klassischen Hypnotherapie mit einem dritten Prinzip gearbeitet, das ich als Transformation bezeichnen würde. Demnach werden nicht nur problemassoziierte Erlebnisinhalte in sich, voneinander, vom Ich- und Ist-Erleben der Klientinnen und Klienten getrennt oder lösungsassoziierte Inhalte in sich, miteinander, mit ihrem Ich- und Ist-Erleben verbunden, es werden auch problemassoziierte Erlebnisinhalte in fließenden Übergängen im Verlaufe eines Zeitabschnitts in lösungsassoziierte umgewandelt. Das kann in Geschichten geschehen, in deren Dramaturgie Probleme sich in Lösungsaspekte verwandeln oder in Körperübungen, bei denen z.B. Schmerzen in weniger unangenehme Körpergefühle oder Körpersymptome in Emotionen umgewandelt werden.
Beispiele therapeutischer Interventionen
Hypnosystemische Therapie viele Formen annehmen. Innere Figuren (Anteile, etc.) werden meist nicht als objektive Gegebenheiten gesehen, sondern als Bilder, die die verändert werden können und dann andere Reaktionen auslösen als zuvor. So kann etwa das Bild eines untreuen Ehemanns wie übereinanderliegende Overhead-Folien betrachtet werden, die man auseinanderzieht: Der verletzende Ehemann wird vom immer noch geliebten Mann unterschieden, der geliebte Ehemann kann weiter unterschieden werden in den, der Verlustschmerz erzeugt und den, der, der mit Ruhe betrachtet werden kann und als einziger im Raum bleibt. Die resultierenden hilfreichen emotionalen Reaktionen werden oft sehr weitgehend in den Alltag übertragen.
Hypnosystemische Therapie kann als „Therapeutisches Erzählen“ Metaphern anbieten, deren Struktur Parallelen zur erzählten Lebensgeschichte der Klientinnen und Klienten aufweist. Wenn die Metapher bei deren Erleben gut anknüpft und, schlüssig erzählt, zu einem guten Ende führt, werden die vom Protagonisten oder der Protagonistin entdeckten neuen Erlebens- und Handlungsmöglichkeiten vom Klienten bzw. der Klientin unwillkürlich auf die eigene Zukunftsperspektive übertragen.
Hypnosystemische Therapie kann auch mit Ultrakurzinterventionen wie „Grüßen an die Seele“ operieren, mit der das Unbewusste gebeten wird, bspw. Im Rahmen einer Traumatherapie „alle Emotionen und Körperreaktionen in bemerkenswerter Ruhe und Gelassenheit gut zu regulieren“, um eine mögliche Retraumatisierung im Gespräch weitestgehend auszuschließen.
Mit Seilen und Figuren können auf dem Boden des Therapieraums veränderbaren „Landkarten“ des seelischen und sozialen Erlebens gelegt werden, um beispielsweise die Dynamik einer Sucht zunächst zu verdeutlichen und dann deren Intensität im gemeinsamen Erproben von Wahl- und Handlungsmöglichkeiten des Unbewussten immer weiter zu reduzieren.
Einsatzbereiche
Zur Anwendung kommt die Hypnosystemische Therapie überall da, wo auch Erickson’sche Hypnotherapie oder Systemische Therapie eingesetzt werden können, also in der Kinder- und Erwachsenenpsychotherapie, in der Paar- und Familientherapie, in der Durchführung oder Unterstützung medizinischer Therapien, mit entsprechenden Anpassungen auch in der Sozialarbeit, Heilpädagogik, Seelsorge, Coaching und in verwandten Arbeitsfeldern.
Einsatzmöglichkeiten liegen etwa in der Therapie von Neurodermitis, Allergien, Tinnitus, in der Reduktion chronischer oder akuter Schmerzen, in der Therapie von Trauma, Depression, Angst- und Zwangsstörungen, in der Therapie mit schüchternen oder aggressiven Kindern, in der Trauerarbeit, in der Mediation mit Paaren und Familien, in Teamcoachings und für Einzelpersonen mit Burnout- oder Mobbingerfahrungen.
Stefan Hammel
Hypnosystemische Therapie. Das Handbuch für die Praxis
Stuttgart, Klett-Cotta 2022
ISBN 978-3-608-89198-0
322 Seiten, 35,00 Euro in Deutschland
Stefan Hammels Praxishandbuch „Hypnosystemische Therapie“ ist das erste zusammenhängende Grundlagenwerk zum Thema – immerhin 40 Jahre, nachdem der Begriff „Hypnosystemische Therapie“ von Gunther Schmidt geprägt wurde. Das Buch umfasst auf 322 Seiten einen Überblick über Ursprünge, Grundannahmen und Grundhaltungen der Hypnosystemischen, einen hypnosystemischen Blick auf die Entstehung und Lösung von Belastungen, eine systematische und praxisbezogene Beschreibung hypnosystemischer Anamnese- und Therapiemöglichkeiten sowie Register zu therapeutischen Interventionen, zu Personen, Sachthemen, Ausbildungsmöglichkeiten und Literatur.
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