Wie der Tiger lieben lernte
120 Geschichten zum Umgang mit psychischem Trauma
1. Auflage 2021. 180 Seiten, 19,90 €
Ernst-Reinhardt-Verlag, von Katharina Lamprecht, Adrian Hürzeler, Martin Niedermann, Stefan Hammel
(978-3-497-03017-0) kt
Kurztext
Traumatisierte Menschen spalten ihre schlimmen Erfahrungen häufig ab, um nicht überwältigt zu werden. Hier können therapeutische Geschichten einen Zugang schaffen und verborgene Blockaden lösen. Mit Metaphern führen sie behutsam an die Erinnerung der traumatisierenden Ereignisse heran und vermitteln einen Moment des Innehaltens und der Fürsorge. Angelehnt an die Erickson’sche Hypnotherapie können mit inneren Bildern Symptome symbolhaft aufgelöst werden: Eiskalte Füße schmerzen beim langsamen Auftauen, bevor sie sich wieder gut anfühlen können. Das Bild des von Steinen befreiten Rucksacks lässt Erleichterung spürbar werden. Jede Geschichte wird umrahmt von Anregungen für den therapeutischen Einsatz. Stichworte aus einem breiten Symptom- und Erlebensspektrum ermöglichen die Suche nach spezifischen Themen.
Zielgruppe
PsychotherapeutInnen, PsychologInnen, HeilpraktikerInnen, SozialpädagogInnen, interessierte Betroffene, ÄrztInnen, SeelsorgerInnen
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Rezensionen aus der Fachwelt:
Im Magazin vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten e.V. ist am 08.06.2021 eine psychotherapeutische Buchempfehlungen von bvvp-Rezensent Peter Stimpfle erschienen.
Peter Stimpfle, Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut (approb.), Eichstätt schrieb:
Lamprecht / Hammel / Hürzeler / Niedermann (2021)
Wie der Tiger lieben lernte. 120 Geschichten zum Umgang mit psychischen Trauma. München: Ernst Reinhardt Verlag.
"Ein Tiger der lieben lernt? Beim Lesen dieses Titels könnte man vermuten, dass es sich um ein Kinderbuch handelt. Jedoch zeigen die Autor*innen, wie Geschichten und Metaphern psychotherapeutisch so eingesetzt werden können, dass abgespaltene traumatische Erfahrungen und dahinter verborgene Blockaden aufgelöst werden können. Der Tiger symbolisiert dabei die durch traumatische Erfahrungen unterdrückte Lebenskraft im Sinne der Somatic Experiencing Traumatherapie, welche bereits 1969 von Levine entwickelt wurde. Ziel ist es dabei, die Lebenskraft durch heilsame Impulse zu reaktivieren. Insgesamt 120 Geschichten werden mit Anregungen für den therapeutischen Einsatz dargestellt.
Das Buch beginnt bei der Traumaprävention, sei es ganz simpel mit der Affirmation „selber atmen“ bis hin zur Illustration, wie das Erlernen eines Selbstbehauptungstrainings einer Betroffenen half rechtzeitig und deutlich Einhalt zu gebieten.
Im Zusammenhang mit traumatischen Erfahrungen kommt es häufig zu Erstarrungen (Freeze-Reflex), für deren Behandlung ebenfalls Geschichten und Metaphern angeboten werden, wie etwa die Geschichte über das Auftauen von Ötzi, die darstellt, wie eingefrorene Gefühle wie Angst, Ekel, Scham und Schmerz auftauchen und abfließen können. Traumabehandlung erfordert „Geduld und Zuversicht im Überwinden“. Das wird anhand von Metaphern wie dem Bau eines Domes und der Suche nach Minen dargestellt.
Im vierten Kapitel wird ein „neuer Blick auf scheinbar schlechte Reaktionen“ im Sinne eines Reframings eröffnet, so dass die Krise zur Chance werden kann. „Zugehörigkeit erleben lassen“ ermöglicht es Sicherheit und Halt durch neue Gemeinschaft zu entwickeln. Dies kann verbunden sein mit Trauer und Flucht, wie die Geschichte „Nektar des Lebens“ zeigt:
Zuversicht nach schweren Verlusten wieder aufzubauen erscheint schwierig und wird anhand des Aufblühens und Verfallens von Blüten sowie der nächstjährlichen Wiederkehr illustriert.
Im Kapitel „Beziehungen entlasten“ wird dargestellt wie „Familienbande“ genutzt werden können, um Traumata zu bewältigen. Weiterhin wird beschrieben, wie die Nachkonditionierung von traumatischen Reaktionen dabei unterstützt, wieder eine aktiv gestaltende Rolle im Leben einzunehmen. Abschließend darf es nicht an „Aussöhnung, Güte, Selbstversöhnung“ fehlen, um zu einem guten Abschluss der Traumatherapie zu kommen. Auch zu dieser Entwicklungsphase geben die Autor*innen viele anregende Geschichten an die Hand.
Das Buch empfiehlt sich gerade auf Grund der vielen konkreten Anregungen und ist sehr hilfreich für den Einsatz in der psychotherapeutischen Praxis."